Anmerkung: Fortsetzung des Artikels 'Albanesen'
der Ältesten (Pljekjenia); ihre Mitglieder werden durchs Los gewählt, zu ihnen gehören die
Gjobár (welche die Geldbußen, gjobe, eintreiben) und die Dorzan, die dem Wali für die Ruhe
des Stammes verantwortlich sind. Über Gegenstände des allgemeinen Interesses, wie Krieg und Frieden, Änderung der
Gesetze, beschließt die Volksversammlung (kuvént), zu der jedes Haus einen Vertreter
schickt. Die weitern Streitigkeiten werden durch die Blutrache geschlichtet, die in Mittel- und Nordalbanien noch in voller Kraft ist.
Vergehen wie Mord, Entführung, Notzucht, Ehebruch werden unweigerlich durch dieselbe ausgetragen; ihre Opfer sind jährlich
sehr zahlreich und viele Familien und Geschlechter werden hierdurch verwüstet. – Vgl. Miklosich, Die Blutrache bei den Slawen
(Wien 1886j; Gopčević, Oberalbanien und seine Liga (Lpz. 1881).
Litteratur: Thunmann, Untersuchungen über die Geschichte der östl.-europ. Völker (Tl. 1,
Lpz. 1774); Hobhouse, Journey through Albania (Lond. 1812; 2. Aufl., 2 Bde., 1818);
Pouqueville, Voyage dans la Grèce (5 Bde., Par. 1820–22); Broughton,
Journey through Albania and Turkey (2 Bde., Lond. 1855); von Hahn, Albanes. Studien
(Jena 1854); Walker, Through Macedonia to the Albanian lakes (Lond. 1864); Tozer,
Researches in the Highlands of Turkey, including visits to the Mirdite Albanians (2 Bde.,
ebd. 1869); von Hahn, Reise durch die Gebiete des Drin und Wardar (Wien !870); Wassa Effendi, Albanien und die A.
(Berl. 1879); Chiara, L’Epiro, gli Albanesi e la lega (Palermo 1880): Diefenbach, Völkerkunde
Osteuropas (2 Bde., Darmst. 1880); Knight, Albania, Narrative of a recent travel (Lond. 1880).
Albanesische Sprache und Litteratur. Das Albanesische, die Sprache der Albanesen, wird in einer
Anzahl von Mundarten gesprochen, von denen die nördlichen, die sog. gegischen, im
großen Ganzen die altertümlichern sind. Die südlich vom Flusse Škumbi gesprochenen Mundarten heißen im allgemeinen
toskisch; auch das griech. und ital. Albanesische trägt im wesentlichen diesen Charakter.
Das Albanesische ist ein selbständiger Zweig des indogerman. Sprachstamms, und zwar eine jüngere Phase des alten Illyrischen.
Die Behandlung der alten indogerman. Medialaspiraten, denen im Albanesischen unaspirierte Medien gegenüberstehen
(g, d, b für gh, dh, bh), verbindet es mit dem Slawolettischen, Germanischen und Keltischen, die Verwandlung der einen von den
zwei indogerman. Gutturalreihen in Spiranten mit dem Slawolettischen. Der ursprüngliche Charakter der Sprache ist jedoch stark
verändert. Die röm. Herrschaft in Illyrien hat dort zwar nicht vermocht eine roman. Sprache zu schaffen, hat aber Wortschatz,
Wortbildung und Flexion so stark mit lat. Elementen durchsetzt, daß das Albanesische eine zur Hälfte roman. Mischsprache
geworden ist. Die Zahl der lat. Lehnwörter beträgt gegen 1500. In späterer Zeit sind slaw. und griech. Elemente ins Albanesische
eingedrungen, aber nur in den Wortschatz. Die Buntheit des albanes. Lexikons wird durch eine Menge, besonders im
Nordalbanesischen vorkommender türk. Lehnwörter noch erhöht. Das Albanesische besitzt folgende Laute:
-
1) Vokale: a, e, i, o, u, ü und den unbestimmten Vokal ę (wie im Rumänischen); alle kommen im Nordalbanesischen auch
nasaliert vor:
-
2) Liquidae: ein stark gerolltes r und ein nicht gerolltes r, ein dentales l, ein palatales lj und ein ↔ gutturales, dem
poln. ł ähnliches ł;
-
3) Nasale: gutturales n, palatales ń, alveolares n und labiales m;
-
4) Verschlußlaute: gutturales k und g, palatales kj und gj, alveolares t und d, labiales p und b;
-
5) Spiranten: gutturales und palatales ų, palatales j, cerebrales š und ž, alveolares s und z, interdentales ζ und δ, labiales f und v;
dazu die Affricaten tš und dž, ts und dz.
Die Schreibung ist bei dem Mangel einer Schriftsprache mannigfaltig; die Tosken schreiben meist griechisch, die Gegen meist
lateinisch.
Grammatische und lexikalische Litteratur des Albanesischen: Für Nordalbanien: Blanchus,
Dictionarium latino-epiroticum (Rom 1635); Lecce,
Osservazioni grammaticali nella lingua albanese (ebd. 1716); Rossi,
Vocabolario italiano-epirotico (ebd. 1866); ders.,
Vocabolario della lingua epirotica-italiana (ebd. 1875); Jungg,
Elementi grammaticali della lingua albanese (Skutari 1881); P. W.,
Grammaire albanaise (Lond. 1887). Für Südalbanien:
von Hahn, Albanes. Studien (Jena 1854); Dozon, Manuel de la langue chkipe ou albanaise
(Par. 1878); Kristoforidhis, [griechischer Text] (Konstantinopel 1882); (Sami Bei in Konstantinopel,)
Skronjętore e gjuhęsę škjip (Bukarest 1886). Für
Griechisch-Albanesisch: Reinhold, Noctes pelasgicae
(Athen 1855). Für Italisch-Albanesisch: de Rada,
Grammatica della lingua albanese (Flor. 1870). In Bezug auf
sprachwissenschaftliche Behandlung vgl. Bopp, Über das Albanesische (Berl. 1855);
Camarda, Saggio di grammatologia comparata sulla lingua albanese (Livorno 1864;
Appendice, Prato 1866); Miklosich, Albanische Forschungen (Bd. 1–3, Wien 1870–71);
Schuchardt, Albanisches und Romanisches (in der «Zeitschrift für vergleichende Sprachforschung», Bd. 20, Berl. 1871);
Gustav Meyer, Die Stellung des Albanesischen im Kreise der indogerman. Sprachen (in den «Beiträgen zur Kunde der
indogerman. Sprachen», Bd. 8, Gött. 1883); ders., Albanes. Studien (Bd. 1–3, Wien 1883–92); ders., Der Einfluß des Latein auf
die albanes. Formenlehre (in den «Miscellanea di filologia e linguistica», Flor. 1886); ders.,
Die lat. Elemente im Albanesischen (in Gröbers «Grundriß der roman. Philologie», Bd. 1, Straßb. 1888); ders., Kurzgefaßte
albanes. Grammatik (Lpz. 1888); ders., Etymolog. Wörterbuch der albanes. Sprache (Straßb. 1891; mit vollständigem
Litteraturverzeichnis).
Die Albanesen besitzen wesentlich nur eine aus Märchen, Volksliedern, Sprichwörtern bestehende
Volkslitteratur. Märchensammlungen finden sich in den Werken von Hahn und Dozon,
sowie in der [griechischer Text] von E. Mitkos (Alexandria 1878); deutsch von Hahn, Griech. und albanes. Märchen (Lpz. 1864),
und von G. Meyer im «Archiv für Litteraturgeschichte», Bd. 12 (1883), französisch von Dozon,
Contes albanais (Par. 1881). Volkslieder sind aus Albanien von Hahn, Dozon und Mitkos, aus
Griechenland von Reinhold, aus Italien von de Rada (Rapsodie di un poema albanese,
Flor. 1866) und Vigo (Canti popolari siciliani, Catania 1870–74) gesammelt. Anfänge einer
eigentlichen Litteratur giebt es nur in Italien. Sehr thätig war der in San Demetrio Corone lebende Gerolamo de Rada, der in
einem Cyklus epischer Gedichte die Heldenzeit des Skanderbeg feierte (Poesie albanesi,
6 Hefte, Corigliano-Calabro 1872–84) und als Herausgeber der eingegangenen