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Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

Schlagworte auf dieser Seite: Alterssichtigkeit; Alter Stil; Altersversicherung; Altersversorgung

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Alterssichtigkeit - Altersversorgung

Muskulatur kann den Körper nicht mehr in der frühern Straffheit aufrecht erhalten, die Bewegunqen nicht mehr wie sonst mit voller Kraft und Sicherheit ausführen. Der Brustkasten wird minder ausqiebig bewegt, teils wegen der Schwäche der Muskeln, teils infolge der Verknöcherung der Rippenknorpel, welche die Erweiterung des Brustkastens hemmt. Die Lungen enthalten mehr oder weniger Kohlenstaub, der sich im Laufe der Zeit aus der Atmungsluft niedergeschlagen hat; die Wände der Lungenbläschen werden dünner und schwinden stellenweise samt ihren Gefäßen vollständig (Emphysem der Greise). Durch alle diese Verhältnisse wird die Atmung weniger ausgiebig, der Gaswechsel des Blutes verlangsamt. Die Knochen werden spröder, brüchiger und verlieren an Volumen und Gewicht, platte Knochen werden oft papierdünn. Der Knorpel verliert seine Elasticität, verkalkt an einzelnen Stellen und geht an den Gelenkenden der Knochen durch Abschleifung nicht selten ganz zu Grunde. Ein Teil der feinsten Äderchen, die vom Blute durchströmt werden und die Ernährung der umliegenden Gewebe vermitteln (s. Haargefäße), schließt sich, wodurch die Zufuhr der nötigen Blutflüssigkeit vermindert wird. Die innere und mittlere Haut der größern, namentlich arteriellen Gefäße erkrankt in eigentümlicher Weise (s. Arterienentzündung) und bedingt hierdurch mancherlei Kreislaufsstörungen. Der allgemeine Schwund der Organe durch mangelhafte Ernährung (Atrophie) erstreckt sich auch auf das Gehirn. Dasselbe nimmt an Masse ab, die Wassermenge in seinen Höhlen wird größer, die geistigen Thätigkeiten sinken; daher die Vergeßlichkeit, Blödsinnigkeit und das kindische Wesen im höhern und höchsten Alter als eins der charakteristischen Zeichen des Marasmus, d. h. der durch Altersschwund bedingten Erschöpfung sämtlicher Funktionen. Auch die Sinnesorgane zeigen verschiedene Grade der Atrophie: am Rande der Hornhaut findet sich häufig infolge fettiger Entartung der Hornhautzellen eine ringförmige graugelbliche Trübung (der sog. Altersring, s. Gerontoxon). Die Verdauung wird mannigfach beeinträchtigt, teils durch den Verlust der Zähne, teils durch die abnehmende Funktionierung der Verdauungsdrüsen: die Resorption der Nahrungsstoffe im Darme wird geringer. Durch das Sinken des gesamten Stoffwechsels wird auch die Wärmeerzeugung geringer, die Kälte wird demnach weniger leicht ertragen und führt leichter zu Erkältungen. Mangel an guter Nahrung wirkt nachteiliger, weil der Körper nicht aus eigenen Mitteln zusetzen kann und Schwerverdauliches nicht mehr verdaut wird. Jede Arbeit fordert längere Ruhe, weil der trägere Stoffwechsel das Verbrauchte langsamer ersetzt. Die Krankheiten ändern entsprechend ihren Charakter: schnell und stürmisch verlaufende Leiden sind seltener, schleichende Übel häufiger. Die Genesung ist schwieriger und langsamer. (S. auch Greis.)

Alterssichtigkeit, Presbyopie, gleichbedeutend mit Weitsichtigkeit oder Fernsichtigkeit, ist eigentlich das Sehen im Alter. Indessen macht sich schon in der Mitte der vierziger Lebensjahre insofern eine Änderung im Sehen bemerkbar, als mit fortschreitender Abnahme des Accommodationsvermögens (s. d.) das Auge allmählich die Fähigkeit einbüßt, in der Nähe so deutlich zu sehen wie früher. Während der Fernpunkt seine Lage behält, rückt der Nahpunkt vom Auge ab, um so weiter, je älter der Mensch wird, und man spricht dann von A., wenn in einem Abstande von 20 bis 30 cm, in dem feine Gegenstände beim Lesen, Schreiben, Nähen, Zeichnen u. s. w. gehalten werden müssen, nicht mehr scharf gesehen oder wenigstens nicht mehr anhaltend deutlich erkannt wird. - Alterssichtig werden alle Augen, sowohl die normalsichtigen als auch die übersichtigen und kurzsichtigen; nur ist bei den verschiedenen Augen der Grad der Sehstörung und der Zeitpunkt, zu dem sie eintritt, verschieden. Menschen mit normalem Sehvermögen werden alterssichtig zwischen dem 40. und 50. Lebensjahre, Frauen in der Regel früher als Männer. Einflüsse, welche die allgemeine Körperkraft beeinträchtigen, bedingen stets ein früheres Eintreten der A. Bei übersichtigen Augen tritt der erwähnte Zeitpunkt früher ein, bei kurzsichtigen später; ja bei stark kurzsichtigen Augen, deren Fernpunkt 20-30 cm vom Auge abliegt, macht sich selbst nach vollständigem Verlust des Accommodationsvermögens niemals ein schlechteres Sehen in der Nähe bemerklich.

Alterssichtige Augen muß man beim Nahesehen mit Konvexbrillen bewaffnen, deren Brechkraft den fehlenden Teil des Accommodationsvermögens ersetzt, den Nahpunkt in die erforderliche Nähe rückt und dadurch die Augen befähigt, ebenso bequem und anhaltend zu arbeiten wie früher. Diese Gläser müssen um so stärker sein, je stärker der Verlust an Accommodationskraft ist, und müssen, da die Accommodationskraft mit fortschreitenden Lebensjahren sich mehr und mehr vermindert, von Zeit zu Zeit mit stärkern vertauscht werden. Die Stärke der in jedem einzelnen Falle nötigen Gläser, die jederzeit durch Probieren kontrolliert werden kann, ergiebt sich aus einer einfachen Formel. Liegt der Nahpunkt 12 Zoll vom Auge und soll bis auf 8 Zoll herangebracht werden, so ist erforderlich ein Konvexglas von 24 Zoll Brennweite, deren optischer Wert 1/24 gleich ist dem Ausfall an Accommodationskraft 1/8 minus 1/12; oder: wenn der Nahpunkt 1/3 m (3 D [Abkürzung von Dioptrie, s. d.] absteht und auf 1/5 m (5 D) genähert werden soll, so muß ein Glas +2D verwendet werden. Bei Lähmungen des Accommodationsapparats zeigt sich auch bei jugendlichen Personen eine ähnliche oder noch stärkere Abnahme des Sehens in der Nähe wie bei A. In solchen Fällen sind gleichfalls Konvexgläser zu verwenden.

Alter Stil heißt die Zeitrechnung nach dem Julianischen oder alten Kalender (s. Kalender). Im Geschäftsleben hat der Unterschied in der Zeitrechnung nach altem oder neuem Stil insofern eine Bedeutung, als nach §. 34 der Allgem. Deutschen Wechselordnung bei einem im Deutschen Reiche zahlbaren Wechsel, der in einem nach A. S. rechnenden Lande (z. B. in Rußland oder Griechenland) "nach Dato" ausgestellt und auf dem nicht bemerkt ist, daß er nach neuem Stil datiert sei, oder der nach beiden Stilen datiert ist, der Verfalltag nach dem Kalendertage des neuen Stils berechnet wird, der dem nach A. S. sich ergebenden Tage der Ausstellung entspricht. So ist für einen am 20. März (nach A. S.) auf "Drei Monate dato" ausgestellten Wechsel nicht der 20. Juni Verfalltag, sondern der 1. Juli (20. März + 12 Differenztage + 3 Monate).

Altersversicherung, s. Altersrente.

Altersversorgung (Altersunterstützung) bezweckt, den Beteiligten, in der Regel gegen fortlaufende, bis zur Erreichung des für den Bezug der Altersunterstützung im voraus bestimmten Lebensjahres, zu leistende Einzahlungen, bisweilen auch