Schnellsuche:

Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

505

Ambrosianischer Gesang - Ameisen

das mehrfach vom röm. oder Gregorianischen Meßritual abweichende, auf Ambrosius (s. d.) zurückgeführte, noch jetzt in Mailand gebräuchliche Ritual.

Ambrosianischer Gesang, s. Ambrosius.

Ambrosianischer Lobgesang, s. Ambrosius und Te Deum laudamus.

Ambrosiaster, s. Ambrosius.

Ambrosisch (vom grch. Ambrosia, s. d.), den Unsterblichen angehörig, göttlich, göttlicher Art.

Ambrosĭus, der Heilige, Kirchenvater, wahrscheinlich als Sohn des röm. Präfekten von Gallien um 340 zu Trier geboren, ward in Rom erzogen, daselbst Sachwalter und 369 von Valentinian zum Statthalter von Oberitalien in Mailand ernannt. In dieser Stellung wurde er so beliebt, daß er bei der streitigen Bischofswahl 374, obgleich noch ungetauft, zum Bischof erwählt und 7. Dez. geweiht wurde. Als Bischof hat er sich nicht nur durch seine werkthätige Nächstenliebe, indem er alle seine Güter verkaufte und den Armen gab, ausgezeichnet, sondern auch mit Energie und Erfolg daran gearbeitet, der Kirche eine feste Organisation zu geben, damit sie den beginnenden Zusammensturz des röm. Staates überdauern könne. Zu diesem Zweck erstrebte er nach innen Reinheit von Irrlehren, daher sein entschiedenes Auftreten gegen die Arianer (s. d.), nach außen Unabhängigkeit vom Staate, daher die Unerschrockenheit, mit der er jedem Übergriff der Staatsgewalt entgegentrat; so zwang er den Kaiser Theodosius, der die empörten Thessalonier hatte niedermetzeln lassen, zur Kirchenbuße. A. starb 4. April 397 und ward unter dem Altar der Ambrosianischen Basilika beigesetzt. Seine Gebeine wurden 8. Aug. 1871 aufgefunden und durch päpstl. Breve vom 7. Dez. 1873 für echt erklärt.

Als Kirchenlehrer ist A. von großer Bedeutung. Am wichtigsten sind seine drei an Ciceros Buch "De officiis" sich anlehnenden Bücher "De officiis clericorum" (hg. von Krabinger, Tüb. 1857; deutsch von Schulte in der "Bibliothek der Kirchenväter", Kempten 1877), die jahrhundertelang als Handbuch der Ethik dienten, die dogmatischen fünf Bücher "De fide" und 84 Briefe und Reden. Der "Ambrosiaster" dagegen, ein früher dem A. zugeschriebener Kommentar über die dreizehn Paulinischen Briefe, stammt nicht von ihm, sondern ist ein wahrscheinlich von 380 bis 800 entstandenes Sammelwerk. Große Verdienste hat A. auch um den Kirchengesang, teils als Dichter geistlicher Lieder (wenn auch von den angeblich 30 "Hymni" nur 12 mit Sicherheit ihm gehören und besonders der sog. Ambrosianische Lobgesang "Te Deum laudamus" (s. d.) nicht von ihm herrührt, sondern erst im 5. Jahrh. entstanden ist), teils durch Einführung des Ambrosianischen Gesanges, einer eigentümlichen rhythmisch-melodischen Singweise, in der sowohl Elemente aus dem Wechselgesang der morgenländ. Kirche, wie auch recitativische Kadenzen aus der altgriech. Musik enthalten sind. Namentlich aber war er, im Gegensatz zu dem bisherigen nur von Geistlichen oder eigenen Sängerchören ausgeführten Gesang, der Schöpfer des Gemeindegesanges. A. ist der Schutzheilige Mailands. Seine "Opera", die übrigens manches Unechte enthalten, erschienen in zwei Folianten zu Paris (1686 - 90; neu von Ballerini, 6 Bde., Mail. 1875 - 86), einzelne Schriften in "Sanctorum patrum opuscula selecta" (hg. von Hurter, Innsbr. 1870 fg.); eine Auswahl übersetzte F. H. Schulte (2 Bde., Kempten 1871 - 77). - Vgl. Baunard, Histoire de Saint-Ambroise (Par. 1871; deutsch von Bittl, Freib. i. Br. 1874); Böhringer, Die Kirche Christi, Bd. 10: A., Erzbischof von Mailand (2. Aufl., Stuttg. 1877); Th. Förster, A., Bischof von Mailand (Halle 1884); Dreves, Aurelius A., der Vater des Kirchengesanges (Freib. i. Br. 1893); Kellner, Der heilige A. als Erklärer des Alten Testaments (Regensb. 1893).

Ambuëlla, s. Amboella.

Ambulācrum, im altröm.Heere der für Marschübungen bestimmte Platz, Ambulatio die Einübung des Fußvolks im Gleichschritte in geschlossenen Gliedern, entweder im langsamen Schritt (plenus gradus) oder im Geschwindschritt (cursus). - A. heißt auch der Chorumgang in Kirchen.

Ambulākren (Saugfüßchen), die Bewegungsorgane der Stachelhäuter (s. d.).

Ambulánt (lat.), umherstreifend, wandernd.

Ambulante Chaine, wandelnde Kette, eine von Mannschaften zu beiden Seiten eines feierlichen Aufzuges gebildete Kette, die denselben zur Aufrechterhaltung der Ordnung begleitet.

Ambulánz (frz. ambulance, spr. angbülángß), im Gegensatz zu dem feststehenden oder schwer beweglichen Hôpital eine leicht bewegliche (fliegende) Feldsanitätsformation, die den Truppen bis in unmittelbare Nähe des Schlachtfeldes folgt, daselbst Verbandplätze einrichtet, die Verwundeten aufnimmt, erste Verbände anlegt, unaufschiebbare Operationen verrichtet, unter Umständen auch Schwerkranke und Schwerverwundete verpflegt, bis dieselben an andere Sanitätsanstalten abgegeben werden können. Die ersten derartigen A. wurden gegen Ende des 15. Jahrh. in den Kämpfen der Spanier gegen die Mauren durch Isabella die Katholische errichtet, dann in der franz. Armee von Richelieu im ital. Kriege 1630 organisiert. Von den gegenwärtig bei der deutschen Armee vorgesehenen fällt unter den Begriff der A. sowohl, das Sanitätsdetachement (s. d.) als das Feldlazarett (s. d.). Nach der Genfer Konvention bleibt die A., wenn sie in Feindeshand gerät, im Besitze ihres Materials, während bei dem Hôpital nur das Personal als neutral angesehen wird. Im engern Sinne versteht man unter A. einen zuerst 1792 während des Rheinfeldzuges von Larrey ^[Dominique Jean] (s. d.) bei einer Feldarmee eingeführten Krankentransportwagen (s. d.) zur Fortschaffung von Schwerverwundeten oder Schwerkranken im Felde. - A. bezeichnet auch die Gefährte für den Straßenverkauf von Kohlen, Holz u. s. w.

Ambulatĭo (lat.), s. Ambulacrum.

Ambulatōrisch (lat.), herumziehend; ambulatorische Praxis, die ärztliche Behandlungsweise, bei der sich die Kranken in die Wohnung des Arztes begeben: ambulatorische Klinik, s. Klinik; ambulieren, lustwandeln, umherstreichen.

Ameisen (Formicidae), eine Familie der stacheltragenden Hautflügler (s. d.), deren Mitglieder sämtlich zu größern oder kleinern Staaten vereinigt leben. Die große Masse eines solchen Staates besteht aus Arbeiterinnen, die in verschiedenen Formen vorhanden sein können; in viel geringerer Anzahl finden sich Weibchen und Männchen, letztere in ausgebildetem Zustande nur zu bestimmten Zeiten. Bei einzelnen, namentlich tropischen Arten, giebt es außerdem sog. Soldaten, Arbeiter mit stark vergrößertem Kopf und namentlich großen Oberkiefern. Der Kopf der