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Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

Schlagworte auf dieser Seite: Apostaten; Apostel; Apostelbrüder; Aposteldekret

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Apostaten - Aposteldekret

längere Bußzeit. Die spätere Staatskirche verhängte über sie außerdem Vermögenseinziehung, Landesverweisung, selbst Tod. Staatsrechtlich ist die A. durch die neuere Entwicklung zu vollständiger Gewissensfreiheit gegenstandslos geworden. Speciell als apostasia a regula wird das Verlassen eines Klosters unter Verletzung des feierlichen Gelübden bezeichnet und gleichfalls als kirchliches Verbrechen mit schweren Censuren geahndet. Als A. pflegt man auch den Übertritt von einer christl. Konfession zur andern zu bezeichnen. Die röm. Kirche hat die A. oft mit dem Feuertode bestraft und hält den Anspruch auf weltliche Strafen heute noch aufrecht. In Rußland ist auch der Übertritt von der griech. Kirche zu einer andern christl. Konfession verboten und mit schwerer Strafe belegt; dagegen sind die Strafen, welche früher in einigen luth. Ländern, wie Schweden und Mecklenburg, auf den Übertritt zum Katholicismus gesetzt waren, aufgehoben.

Apostaten (grch.), s. Apostasie.

Apostel (grch.), d. i. Gesandte, hießen vorzugsweise die zwölf, nach der Zahl der israel. Stämme von Jesu zu Boten des Gottesreichs auserwählten Jünger, die nach seinem Abscheiden an die Spitze der ältesten christl. Gemeinde traten. Ihre Namen sind nicht ganz übereinstimmend überliefert; bei Matthäus (vgl. 10,2 fg.): Simon Petrus, Andreas, Jakobus (des Zebedäus Sohn), Johannes, Philippus, Bartholomäus, Thomas, Matthäus, Jakobus (des Alphäus Sohn), Lebbäus, Simon und Judas Ischarioth. Bei Markus und Lukas wird statt des Matthäus ein Levi, bei Markus statt des Lebbäus ein Thaddäus, bei Lukas statt beider Namen vielmehr Judas, des Jakobus Bruder oder Sohn, genannt; außerdem findet sich noch im Evangelium des Johannes ein Nathanael, über dessen Persönlichkeit nur Vermutungen möglich sind. Neuerdings hat man vermutet, daß die Zwölfzahl der A. erst später im Gegensatze zu Paulus in judenchristl. Kreisen festgestellt worden sei. Die selbständige Wirksamkeit der A. begann nach der Apostelgeschichte seit dem Tage, an dem der Heilige Geist über sie gekommen war. Doch blieb ihre Predigt zunächst auf Jerusalem und die nächste Umgebung beschränkt, und wie sie am Tempel und dem mosaischen Gesetze festhielten, so verkündeten sie auch längere Zeit das Evangelium von Jesus nur ihren Volksgenossen. Die von ihnen für notwendig erachtete Selbstergänzung durch Matthias an der Stelle des Judas Ischarioth ist auch nur aus dieser Beschränkung ihrer Thätigkeit auf die 12 Stämme erklärlich. Die Verbreitung des Christentums in Samaria und an der Küste des Mittelländischen Meers bis Antiochia hin ging wahrscheinlich nicht von den A., sondern von griechisch gebildeten Juden aus, die von Haus aus für freiere Meinungen empfänglich waren. Barnabas und bald darauf Paulus predigten das Evangelium zuerst unter den Heiden. Der hierüber ausgebrochene Zwist ward auf einer Zusammenkunft in Jerusalem (dem sog. Apostelkonzil, s. d.) dahin beigelegt, daß die ältern A. dem Paulus als Heidenmissionar zwar die Bruderhand reichten, aber ihrerseits nur den Juden predigen zu wollen erklärten.

Doch gerieten bald Petrus und Paulus von neuem über die Frage in Streit, ob das mosaische Gesetz auch für die Juden im Christentum abgeschafft sei. Selbst Barnabas schlug sich im entscheidenden Augenblicke auf die Seite des Petrus und wandte sich seitdem von Paulus ab. Die judenchristl. Partei, die in Jakobus (s. d.), dem Bruder des Herrn, Petrus und Johannes ihre Häupter verehrte, stritt dem Paulus den Apostelrang ab und wollte nur die von Jesus selbst bei seinen Lebzeiten berufenen Zwölf als rechte A. gelten lassen. Die heidenchristl. Apostelgeschichte giebt dagegen auch Paulus und Barnabas den Apostelnamen; Paulus bezeichnet sich am Anfange mehrerer seiner Briefe ausdrücklich als A. und begründete auch im Briefe an die Galater und im zweiten Briefe an die Korinther sein apostolisches Recht ausführlich. Von den spätern Lebensschicksalen der A. nach der Zeit, mit der die Apostelgeschichte (s. d.) schließt, weiß man sehr wenig (s. die Einzelartikel). Was in den apokryphen Apostelgeschichten (s. Apokryphen) von den A. erzählt wird, beruht nur auf unglaubwürdigen Sagen und auf dem Wunsche der Christen, ihre Gemeinden auf unmittelbar apostolische Stiftung zurückzuführen. Keinen größern geschichtlichen Wert hat die Sage, nach der sich die A. für die Predigt des Evangeliums im 7. oder 12. Jahre nach Christi Himmelfahrt in die Länder der damals bekannten Welt geteilt haben sollen. Den Ort, wo dies in Jerusalem geschehen, zeigt noch die Tradition. Die kath. Kirche feiert deshalb das erst seit dem 11. Jahrh. nachweisliche, von der prot. Kirche nie begangene Fest der Apostelteilung (Festum divisionis apostolorum) am 15. Juli, die griech. Kirche außerdem ein Apostelfasten zum Andenken der Aussendung der A., und zwar vom Montag nach Pfingsten an so viele Tage lang, als zwischen Ostern und dem 2. Mai liegen. Ferner begeht die röm.-kath. Kirche die von der reform. Kirche sofort, von der lutherischen später allmählich aufgegebenen Aposteltage. Nachdem das in Afrika schon im 6. Jahrh. übliche und durch Papst Bonifacius IV. 610 der ganzen Kirche empfohlene Fest aller Apostel im 9. und 10. Jahrh. auch in der abendländ. Kirche untergegangen war, ließ Bonifacius VIII. seit dem 13. Jahrh. den Andreastag (30. Nov.) als Ehrentag aller 12 A. feierlich begehen. Die Feste einzelner A., besonders der himmlische Geburtstag Petri und Pauli am 29. Juni, blieben daneben bestehen.

Die Erzählung von den sog. 70 Jüngern, die nur Lukas 10, 1 bietet, und deren Zahl nach der gewöhnlichen Auffassung der Verteilung der Heiden in 70 Völkerschaften bei den Juden entspricht, ist unsicher, ebenso auch die Namen dieser Apostolischen Männer. Der Name A. kommt im 2. Jahrh. noch öfters zur Bezeichnung von Wanderpredigern vor, und auch später hat man ausgezeichnete Verkündiger des Evangeliums, wie Bonifatius, Ansgar, mit dem Ehrennamen A. belegt. - Vgl. Lipsius, Die apokryphen Apostelgeschichten und Apostellegenden (3 Bde. und ein Ergänzungsheft, Braunschw. 1883-90); Seufert, Der Ursprung und die Bedeutung des Apostolates in der christl. Kirche der ersten 2 Jahrh. (Leiden 1887).

Apostel (apostoli), im frühern jurist. Sprachgebrauch ein Schreiben, mit welchem auf eingelegte Berufung hin der bei dem Untergericht anhängige Civilprozeß an den höhern Richter entlassen wurde.

Apostelbrüder, s. Apostoliker.

Aposteldekret, der auf dem Apostelkonzil (s. d.) gefaßte Beschluß, wonach die Heidenchristen von der Beobachtung des jüd. Gesetzes frei sein sollten, falls sie sich von gewissen besondern Anstößigkeiten (Genuß von Opferfleisch, Blut, Ersticktem und gesetzlich unerlaubten Ehen) fernhielten. Paulus erwähnt in