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Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

Schlagworte auf dieser Seite: Apostrophe; Apotaktiker; Apothecium; Apotheke

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Apostrophe - Apotheke

Anmerkung: Fortsetzung des Artikels 'Apostroph'

den können, z. B. Voß' Luise, Demosthenes' Reden, schreibt oft auch z. B. Goethe's Werke, um über die Form des Eigennamens keinen Zweifel zu lassen.

Apóstrophē (grch.), oft Apōstrophĕ gesprochen, oder Metabasis, d. h. die Wegwendung, bezeichnet ursprünglich als Kunstausdruck der attischen Gerichtssprache den Fall, wo der Redner sich vom Richter weg an den Kläger oder Beklagten wendet und ihn anredet. Als Redefigur ist A. eine Anrede an Abwesende, als wären sie anwesend, oder an Lebloses, Abstraktes, als hätte es Leben und Körperlichkeit (z. B. Schillers «Lied an die Freude»).

Apotaktĭker, s. Apostoliker.

Apothecĭum (grch.), in der Botanik die scheiben- oder becherartigen Fruchtkörper mancher Pilze aus der Abteilung der Ascomyceten.

Apothēke (grch., «Niederlage»), auch Offizin genannt, das Lokal, in dem die Anfertigung und Verabfolgung der Arzneien an das Publikum geschieht; sie muß hell, geräumig und mit den gebräuchlichsten Heilmitteln sowie mit den zur Bereitung der Arzneien erforderlichen Gerätschaften ausgestattet sein. Außerdem muß jede A. im weitern Sinne ein Laboratorium, in dem die Darstellung der chemisch-pharmaceutischen sowie überhaupt aller offizinellen Präparate, und eine sog. Stoßkammer, in der die mechan. Zerkleinerung der rohen Arzneimittel vorgenommen wird, aufzuweisen haben. Ferner muß ein Vorratsraum, Materialkammer, wohl auch Kräuterboden genannt, zur Aufbewahrung von größern Vorräten an trocknen Vegetabilien u. s. w., sowie eine mit besonderm Verschluß versehene sog. Giftkammer, welche die stark wirkenden Stoffe und Gifte in sich birgt, vorhanden sein. Zur Aufbewahrung der flüssigen Arzneimittel, wie Tinkturen, Öle, Säfte, destillierte Wässer u. s. w., dient der sog. Medizinalkeller. In allen diesen Räumlichkeiten müssen sämtliche Standgefäße, um etwaige Verwechselungen zu vermeiden, mit dauerhaften, deutlich geschriebenen Aufschriften versehen sein.

Die Apothekerkunst (Pharmacie) wurde früher gewöhnlich als die Wissenschaft bezeichnet, die die Einsammlung, Verarbeitung und Zubereitung von Arzneien zur Aufgabe hat. Die neuere Zeit hat auch hier manches geändert. Mit der Einsammlung der arzneilichen Rohstoffe befaßt sich gegenwärtig nur noch eine geringe Anzahl von A. in Dörfern und kleinern Städten solcher Gegenden, wo Arzneipflanzen wild wachsen; im übrigen wird dieses Geschäft von besondern Vegetabilien- und den Droguenhandlungen besorgt. Auch die Darstellung der chem. Präparate zum Arzneigebrauch geschieht heute schon zum größten Teile in besondern chem. Fabriken. Früher war der Apotheker zur Selbstdarstellung aller seiner, auch der chem. Präparate verpflichtet, während er gegenwärtig der Medizinalpolizei nur für die Güte und Reinheit der von ihm vorrätig gehaltenen Arzneiwaren verantwortlich ist. Entsprechend dieser Vereinfachung, enthalten die neuen Pharmakopöen nur noch wenige Vorschriften zur Darstellung chem. Präparate, so z. B. das neue Deutsche Arzneibuch (1895) 30, die neue Österr. Pharmakopöe (1889) nur noch 24. Auch ein großer Teil der sog. pharmaceutischen Präparate, wie Pflaster, Tinkturen, Verbandstoffe, wird gegenwärtig schon vielfach in besondern Fabriken dargestellt. Die auf allen Gebieten der Kleinindustrie durch den Fabrikbetrieb sich vollziehende Verdrängung macht sich auch im Apothekergewerbe mit jedem Jahre mehr bemerklich. Als die Aufgabe der modernen A. wird man daher richtiger zu bezeichnen haben: das Anschaffen und Vorrätighalten aller in der Heilkunde gebräuchlichen Arzneistoffe und die kunstmäßige Verarbeitung derselben zu denjenigen pharmaceutischen Zubereitungen (Dekokte, Pillen, Pulver, Lösungen, Salben u. s. w.), die der Arzt vermittelst des Rezepts den von ihm behandelten Kranken verordnet. Außerdem wird ein großer Teil der Arzneimittel im sog. Handverkauf ohne ärztliche Verordnung an das Publikum abgegeben. Welche Arzneimittel diese Vergünstigung genießen und welche ärztliche Verordnungen ohne besondere Genehmigung des Arztes beliebig wiederholt angefertigt werden können, darüber sind in allen deutschen Bundesstaaten gleichlautende Vorschriften erlassen worden.

Dem Apotheker (Pharmaceuten) ist in den europ. Staaten ein bestimmter, Theorie und Praxis umfassender Ausbildungsgang vorgeschrieben. In Deutschland (Prüfungsordnung vom 5. März 1875) wird das Zeugnis für den einjährigen Dienst und der Nachweis einer dreijährigen Lehrzeit, einer dreijährigen Servierzeit sowie eines Universitätsstudiums von drei Semestern als Zulassungsbedingung zur pharmaceutischen Staatsprüfung gefordert. Indes berechtigt der Besitz der Approbation allein lediglich zur Führung einer der schon bestehenden A., nicht aber zur Errichtung einer neuen A., wozu nach der Gesetzgebung in den deutschen Bundesstaaten eine besondere staatliche Konzession erforderlich ist. Eine solche wird erteilt, wenn die Vermehrung der Einwohnerzahl bei zunehmendem Wohlstande u. dgl. die Errichtung einer neuen A. als ein Bedürfnis erscheinen läßt. Die Konzessionen sind teils wie die ältern Privilegien verkäuflich, teils fallen sie nach dem Ableben oder Ausscheiden des Inhabers wieder an den Staat zurück (Preußen, Bayern, Württemberg, Baden, Braunschweig). Der Verkaufswert der A. mit Einschluß des Grundstücks wird in der Regel in der Weise ermittelt, daß man den jährlichen Bruttoumsatz derselben mit der 7-8fachen Zahl multipliziert, also eine A. von 10000 M. Umsatz, mit Einschluß des Inventars, mit 70-80000 M. bewertet.

Dem Apotheker ist für die Berechnung der auf ärztliche Verordnung verabfolgten Arzneimittel eine staatliche Taxe vorgeschrieben (s. Apothekertaxe). Ferner sind demselben für den Gewerbebetrieb zahlreiche zum Teil veraltete und unausführbare Vorschriften in den Apothekenordnungen gesetzt. Eine einheitliche Regelung des Apothekenwesens für das Deutsche Reich wird vorbereitet. Ein im Reichsamt des Innern ausgearbeiteter Entwurf eines Apothekengesetzes wurde im Mai 1895 den Einzelstaaten zur Begutachtung mitgeteilt. Es besteht aber schon ein einheitliches Arzneibuch (s. Pharmakopöe), eine einheitliche Prüfungsordnung sowie Freizügigkeit. Eine kaiserl. Verordnung vom 27. Jan. 1890 setzt fest, welche Zubereitungen als Heilmittel, sowie welche Droguen und chem. Präparate nur in A. verkauft werden dürfen. - Vgl. Böttger, Apothekergesetzgebung des Deutschen Reichs und der Einzelstaaten (2 Bde., Berl. 1880); ders., Geschichte der deutschen Apothekenreformbewegung (ebd. 1882); ders., Die reichsgesetzlichen Bestimmungen über den Verkehr mit Arzneimitteln (2. Aufl., ebd. 1890); ders., Die preuß. Apothekengesetze (ebd. 1894); Meißner, Die kaiserl. Verordnung betr. den Verkehr mit Arzneimitteln (Lpz. 1890); Pistor, Das Apothekenwesen in Preußen (Berl. 1894); Philippe, Geschichte der Apo-

Anmerkung: Fortgesetzt auf Seite 754.