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Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

Schlagworte auf dieser Seite: Archivār; Archivolte; Archīvrecht; Archolŏgie; Archon; Archonten; Archȳtas; Arcĭdae; Arcierenleibgarde

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Archivar - Arcierenleibgarde

Höfer, Erhard und von Medem begründeten eine Zeitschrift für Archivkunde, Diplomatik und Geschichte (2 Bde., Hamb. 1834‒35), Friedemann eine Zeitschrift für die A. Deutschlands (2 Bde., Hamb. und Gotha 1846‒53). Seit 1876 (Stuttgart, später München) erscheint die Archivalische Zeitschrift, hg. von Löher, seit 1890 von Rockinger. Vgl. noch Burkhardts Hand- und Adreßbuch der deutschen A. (2 Tle., 2. Aufl., Lpz. 1887).

Archivār, s. Archiv.

Archivolte (frz., spr. arschiwólt), die dem Rundbogen angehörige und mit ihm parallel, also im Halbkreis laufende und ihn begrenzende Gliederung, durch welche an der Schauseite eines Gebäudes die zwischen zwei Stützen gespannte Wölbung zum künstlerischen Ausdruck kommt. Die A. sitzt meist auf zwei die Stützen abschließenden Gesimsen (Kämpfer, s. d.) und wird oft im Scheitel durch einen verzierten Stein (Schlußstein, s. d.) unterbrochen.

Archīvrecht, in objektivem Sinne die den Urkunden öffentlicher Archive eignende besondere Beweiskraft. Ein A. im subjektiven Sinne, ein besonderes Recht, ein Archiv anzulegen und zu halten, giebt es nicht. Das steht jedem frei. Ein öffentliches Archiv ist aber nur das von einer öffentlichen Behörde oder einem öffentlichen Beamten verwaltete. Da der öffentliche Archivar nur solche Urkunden aufzunehmen hat, welche ihm auf amtlichem Wege zugehen, so gewähren die in einem öffentlichen Archiv aufbewahrten Urkunden, welche sich äußerlich als von dem Landesherrn, einer öffentlichen Körperschaft, einer öffentlichen Behörde oder einem öffentlichen Beamten ausgestellt geben, eine gewisse Garantie dafür, daß sie öffentliche Urkunden und nicht verfälscht sind. Diese durch amtliche Aufbewahrung gesicherte Beweiskraft wird noch durch den Nachweis ordnungsmäßiger archivalischer Verwaltung (Eintragung der Akten in die ordnungsmäßig geführten Registranden u. dgl.) erhöht. Das A. ist nicht ohne Bedeutung für ältere Urkunden.

Archolŏgie (grch.), Anfangslehre, Grundlehre, Fundamentalphilosophie.

Archon, in Athen nach dem Untergange des alten Königtums der höchste Staatsbeamte. Nach dem Tode des Königs Kodrus (um 1068 v. Chr.) trat nach der gewöhnlichen Überlieferung ein verantwortlicher A. an die Spitze des Staates, der aus dem Geschlechte des Kodrus anfänglich nach dem Rechte der Erstgeburt und auf Lebenszeit erwählt ward, aber in seinen Regierungsmaßregeln an die Zustimmung des Familienrats gebunden war. Um 752 v. Chr. wurde die Lebenslänglichkeit durch eine 10jährige Regierungszeit ersetzt, 714 der Zutritt zur Herrschaft allen Eupatriden eröffnet, 683 eine einjährige Dauer der Würde festgesetzt und ihre Macht unter neun Amtsgenossen, die nunmehr Archonten hießen, verteilt. Die Reformen Solons gestatteten 594 allen Athenern der obersten Steuerklasse den Zutritt zu dem höchsten Staatsamte, und Aristides eröffnete ihn endlich 477 allen athenischen Bürgern ohne Unterschied des Vermögens. Wahrscheinlich seit 509 v. Chr. war an die Stelle der Wahl das Los getreten, bis anscheinend seit der Römerherrschaft wieder die Wahl das Los ersetzte. Der erste der neun Archonten hieß vorzugsweise der «Archon», mit dem Beinamen Eponymos, weil nach seinem Namen in allen öffentlichen Urkunden das Jahr bezeichnet wurde. Er stand an der Spitze des Gemeinwesens, führte den Vorsitz im Rate und den Gemeindeversammlungen, hatte ferner die Leitung der Dionysosfeier und die Gerichtsbarkeit in das Familienrecht betreffenden Prozessen. Der zweite A. (Basileus), der Titel und Schmuck des Königs fortführte, verwaltete vorzugsweise die religiösen Angelegenheiten des Volks, auch hatte er die Anklage der Religionsfrevler und Mörder zu bewirken. Der dritte A. (Polemarchos) leitete das Kriegswesen (bis ihm seit der Zeit des Kleisthenes zehn Strategen zur Seite gestellt wurden). In späterer Zeit hatte er namentlich die Leichenfeierlichkeiten zu Ehren der gefallenen Krieger zu leiten und die Gerichtsbarkeit über Nichtbürger. Die übrigen sechs Archonten hatten keine besondern Hoheitsrechte und wurden unter dem Namen der Thesmotheten zusammengefaßt. Sie bildeten gewissermaßen ein besonderes Kollegium; ihnen lag die Hut der Gesetze und die Gerichtsbarkeit (d. h. in der Regel nur die Voruntersuchung und Leitung des Prozesses vor Gericht) in fast allen Prozessen ob, die nicht ausdrücklich andern Beamten zugeteilt waren. Außerdem hatten sie die Abstimmungen in den Volksversammlungen zu leiten, und die mit fremden Staaten geschlossenen Verträge zu vollziehen. Bei dem Austritt aus dem Amte mußten die Archonten Rechenschaft ablegen und wurden, wenn ihre Amtsführung tadellos gewesen, Mitglieder des Areopags (s. d.). Seit der Römerherrschaft tritt ihre Bedeutung merklich zurück hinter der des Stadthauptmanns oder ersten Strategen. Dennoch stand auch noch, als Griechenland seine polit. Selbständigkeit verloren hatte, die Archontenwürde in so hohem Ansehen, daß selbst röm. Kaiser, wie Domitianus, Hadrianus, Gallienus, sie sich übertragen ließen. Im Laufe des 5. Jahrh. n. Chr., nach Theodosius Ⅱ., verschwindet mit andern Eigentümlichkeiten der alten athenischen Verfassung allmählich auch das Archontat.

Im spätern byzant. Reiche und zur Zeit der fränk. Herrschaft in Griechenland sind «Archonten» die griech. großen Grundherren oder Barone.

A. war außerdem der Titel der Vorsteher (d. h. des geschäftsführenden Ausschusses) der Gerusia der jüd. Gemeinde zu Alexandria. Auch bei den jüd. Gemeinden zu Rom, Antiochia, Berenice in Kyrenaika werden Archonten erwähnt. Nach Flavius Josephus war A. Titel des Vorstehers des Rates von Tiberias. Am häufigsten bezeichnet bei ihm wie im Neuen Testament der Titel A. die Mitglieder des Jerusalemer Synedriums. Bei den Gnostikern (s. Gnosis) wurden die der Welt entsprossenen Äonen oft mit dem Namen Archonten belegt. Die gnostische Sekte der Archontiker benannte die Herrscher der von ihr angenommenen sieben Himmel Archonten.

Archonten, Archontiker, s. Archon.

Archȳtas von Tarent, ein Pythagoreer, Philosoph, Mathematiker, Staatsmann und Feldherr. Seine Hauptwirksamkeit fällt in die Zeit 400‒365 v. Chr. Es wird ihm die Lösung mehrerer geometr. und mechan. Probleme (z. B. die Verdoppelung des Kubus) zugeschrieben. Die meisten unter seinem Namen angeführten, in dor. Dialekt verfaßten Schriften sind nach allgemeiner Annahme unecht. – Vgl. Zeller, Philosophie der Griechen (Bd. 1, 4. Aufl., Lpz. 1876; Bd. 3, Abteil. 2, 3. Aufl. 1881).

Arcĭdae, s. Archenmuscheln.

Arcierenleibgarde (spr. artschehr-), Galaleibwache oder Palastwache des Kaisers von Österreich, aus verdienstvollen, verwundeten und halbinvaliden Offizieren bestehend und zur direkten Be-^[folgende Seite]