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Architrav - Archiv
Choulant in Dresden. Eine besondere Stellung als geschickte Architekturmaler nehmen Rud. Alt in Wien und Karl Werner in Leipzig ein. Im allgemeinen ist das Interesse für den Kunstzweig zurückgegangen. - Dagegen hat die Ausstattung architektonischer Entwürfe sich zu hoher Kunst entwickelt, die namentlich durch die zahlreichen Wettbewerbungen zur Blüte gebracht wurde. Unter den Architekten gaben Ludw. Bohnstedt, Martin Gropius, Paul Wallot, Friedr. Thiersch u. a. die Anregung zu gesteigerter malerischer Behandlung der Pläne. Architekturzeichner, wie Theuerkauf, Mansfeld, Lambert und Stahl, Baldinger sind hier noch zu nennen. - Unter den Franzosen galt Granet (gest. 1849) als der beste Architekturmaler neuerer Zeit. Bei der Beliebtheit der Aquarellmalerei (s. d.) stellten in Frankreich viele Künstler auch Architekturen in Wasserfarben dar, namentlich Ouvrié, Garnerey, Rochebrune, Villeret. - In England glänzen als Architekturmaler: Prout (gest. 1852) mit Ansichten aus Italien, Deutschland u. s. w.; Roberts, der span. und orient. Architekturen mit großer Wahrheit zur Anschauung bringt; Mackenzie, Goodall, Williams. Auch der vielseitige Turner gehört hierher sowie Haghe, Callcott, Callow, Bonington, Robson, Edridge, Davidson und viele andere. - Unter den Italienern zeichnet sich neben andern Migliara aus; von den Holländern und Belgiern verdienen besonders Erwähnung: Waldorp, Larsen, Bosboom, Haanen, ten Kate, Springer, Bossuet van Ypern, Stroobant, van Moer; von Spaniern: Gonsalvo und Tomé.
Architrav (frz.) oder Epistyl (grch.), im antiken Säulenbau das aus mächtigen Steinblöcken gebildete Bauglied, das die Säulen überspannt, die horizontale Längenverbindung des Gebäudes darstellt und den übrigen Teilen des Gebälks zur Unterlage dient (s. Säulenordnung). Beim dor. Bau zeigt er nach vorn eine glatte ungeteilte Fläche; diese war ursprünglich meist mit Ornamenten bemalt, seltener, wie beim alten Tempel in Assus, mit Reliefdarstellungen geschmückt oder durch aufgehängte Schilde verziert. Am ion. Tempel ist der A. dreiteilig. Mit den antiken Säulenordnungen ist der A. in die neuere Baukunst übergegangen, in welcher er eine freiere Ausgestaltung erhielt.
Archiv (lat. archium, archivum, aus dem griech. archeion, Rathaus), eine geordnete Sammlung von schriftlichen Urkunden, die sich auf die Verhältnisse, Geschichte und Rechte eines Staates, Landes, einer Gemeinde oder eines Geschlechts beziehen, oder auch von Akten der Behörden, die aus dem laufenden Dienste derselben ausgeschieden sind. Man unterscheidet demnach Staatsarchive, städtische A., Familienarchive u. s. w. Im Mittelalter empfanden zuerst die geistlichen Stifter das Bedürfnis, ihre Urkunden gesichert aufzubewahren. Das älteste A. im heutigen Sinne ist das päpstliche. Schon unter Karl d. Gr. ist das Bestehen eines Reichsarchivs nachweisbar. Erhalten hat sich ein großer Teil des A. Kaiser Heinrichs VII. in Turin und Pisa. Die A. der größten deutschen Fürstenhäuser reichen selten über das 13. Jahrh. hinauf; nicht viel jünger sind die städtischen A. Die reichsstädtischen A. zerfallen in gemeine A., wie z. B. zu Ulm das der schwäb., zu Speyer das der rhein. Städte, zu Lübeck das der Hansa, und in besondere städtische A., unter denen die zu Kempten und Ulm bedeutend waren. Alte und reiche A. besaßen auch Straßburg, Goslar, Regensburg und Frankfurt a. M. Überall stehen die A. in engem Verhältnis zu den Kanzleien, aus denen sie ihren Inhalt überkommen; sie bedeuten für diese dasselbe, was die Registraturen für die modernen Behörden sind. Schon im päpstlichen A. und später sehr häufig war es Sitte, die von der Kanzlei ausgefertigten und die wertvollern von den empfangenen Urkunden in Register- oder Kopialbücher einzutragen, die jetzt neben den erhaltenen Originalurkunden überall den ältesten Bestandteil der A. bilden. Mit der Einführung des schriftlichen Verfahrens in Recht und Verwaltung im 15. und 16. Jahrh. gesellen sich dazu als dritter wichtiger Bestandteil die eigentlichen Akten. Reichsarchive gab es seit dem 16. Jahrh. an vier Orten: 1) das kaiserl. Reichsarchiv (die Geheime Reichshofregistratur und die Reichshofratsregistratur) zu Wien, 2) das Reichskammergerichtsarchiv in Wetzlar (der dort noch vorhandene Rest heißt seit 1881 "siebzehntes preuß. Staatsarchiv"), 3) das Reichstagsarchiv zu Regensburg, 4) das Erzkanzlerische Reichsarchiv zu Mainz (s. Reichsarchive). Von A. außerhalb Deutschlands ist insbesondere das in Venedig berühmt durch die hier aufbewahrten Berichte der venet. Gesandten aus allen Staaten Europas. Große Schätze bergen ferner auch die A. zu Rom, Florenz, Paris, London (im Tower) und zu Simancas in Spanien. - Die Verwaltung der A. besorgen die Archivare (lat. archivarius oder archivista). Zur Ausbildung derselben dienen zum Teil besondere Anstalten, wie die 1821 gestiftete Ecole des chartes zu Paris. In Preußen wurde für die Archivaspiranten 1. April 1894 eine besondere Prüfung eingeführt. Die Grundsätze über die zweckmäßigste Einrichtung, Anordnung, und Verwaltung der A. lehrt die Archivwissenschaft. Die Ordnung und Verzeichnung der Urkunden und Kopialbücher ist jetzt fast überall nach einheitlichen Grundsätzen durchgeführt oder begonnen und ihre Benutzung durch alphabetische und chronol. Register erleichtert. Der namentlich in den preußischen A. zur Anwendung gelangte Grundsatz der Provenienz führte dazu, in den A. jeder Provinz die Archivalien zu konzentrieren, die auf dem Boden derselben erwachsen sind, und ihre ursprüngliche Ordnung und Zusammengehörigkeit wieder herzustellen. Ein solches A. enthält demnach oft eine Mehrzahl kleinerer A. von Bistümern, Stiftern, Ämtern, Gerichten und Regierungsbehörden.
Der Bau von A. bedarf besonderer Vorsichtsmaßregeln, um die bewahrten Schätze gegen Feuer und Feuchtigkeit zu sichern. Man trennt jetzt in A. allgemein die Arbeitsräume von den Aktenspeichern, die ganz aus Stein und Eisen hergestellt werden. Jedoch ist leichte Verbindung von jenen zu den einzelnen Aktenständen von großer Wichtigkeit. Das A. sollte stets freistehend, fern von gefahrdrohenden Feuerungsanlagen, massiv und mit eisernen Läden verschließbar sein. Das Geh. Staatsarchiv zu Berlin, das A. zu Schwerin, das Hauptstaatsarchiv zu Dresden sind neue mustergültige Anlagen.
Litteratur. Oegg, Ideen einer Theorie der Archivwissenschaften (Gotha 1804); Zeitschrift für Archiv- und Registraturwissenschaft von Oesterreicher und Döllinger (Jahrg. 1806, Bamberg); Bronner, Anleitung, A. und Registraturen einzurichten (Aarau 1832); Brand, Archivwissenschaft (Paderb. 1854); Holtzinger, Katechismus der Registratur- und Archivkunde (Lpz. 1383); Löher, Archivlehre (Paderb. 1890); von Helfert, Staatliches Archivwesen (Wien 1893).