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Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

Schlagworte auf dieser Seite: Aristotelia; Aristotelische Philosophie

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Aristotelia - Aristotelische Philosophie

Hannov. 1844-46) herausgegeben. Von den Schriften zur theoretischen Philosophie ist die "Metaphysik oder erste Philosophie" von Schwegler (griechisch und deutsch mit Anmerkungen, 4 Bde., Tüb. 1847-48) und Bonitz (2 Bde., Text mit lat. Kommentar, Bonn 1848-49; Übersetzung Berl. 1890), die "Physik" griechisch und deutsch von Prantl (Lpz. 1854), die "Tierkunde" mit Übersetzung von Aubert und Wimmer (2 Bde., ebd. 1868), die "Zeugung und Entwicklung der Tiere" mit Übersetzung von Aubert und Wimmer (ebd. 1860), die "Meteorologie" von Ideler (2 Bde., ebd. 1834-36), die "Drei Bücher von der Seele" von Trendelenburg (2. Aufl., Berl. 1877) und Torstrik (ebd. 1862) herausgegeben und von Kirchmann (Philos. Bibliothek, Bd. 43, Lpz. 1872) übersetzt. Aus der praktischen Philosophie ist die "Nikomachische Ethik" von Garve (2 Tle., Bresl. 1798-1801) und Kirchmann (Lpz. 1876) übertragen; die "Politik" deutsch von Garve (2 Tle., Bresl. 1799-1801; neu bearbeitet von Brasch, Lpz. 1893), Lindau (Öls 1843) und Bernays (Berl. 1872) erschienen. 1891 wurde ein großes Bruchstück der "Politien", einer Sammlung von 158 Staatsverfassungen, und das fast vollständig erhaltene Buch von der Staatsverfassung der Athener im Britischen Museum in London aufgefunden (hg. von Kenyon, 2. Aufl., Lond. 1891, von Kaibel und Wilamowitz-Möllendorf, Berl. 1891, und von Blaß, Lpz. 1892; ins Deutsche übersetzt von Kaibel und Kießling, Straßb. 1891, und von Erdmann, Lpz. 1892). Es giebt genaue Aufschlüsse sowohl über die ältere Verfassungsgeschichte Athens als über die Verfassung der Stadt im 4. Jahrh. v. Chr., mit wichtigen urkundlichen Belegen, einem großen, bisher sehr unvollständig bekannten Fragment des Solon u. s. w. Auch überrascht die freimütige Kritik der athenischen Demokratie. Die Echtheit der Schrift wurde angefochten von F. Cauer, "Hat A. die Schrift vom Staate der Athener geschrieben" (Stuttg. 1891). Die "Poetik" ist von Susemihl (2. Aufl., Lpz. 1874), M. Schmitt (Jena 1875), Stich (Lpz. 1887), die "Rhetorik" von Stahr (Stuttg. 1862), beide zusammen von Knebel (ebd. 1840) ins Deutsche übertragen. Gesamtausgaben sind die von der Berliner Akademie veranstaltete (Urtext mit lat. Übersetzung, Scholien und Index, 5 Bde., Berl. 1831-70), nach der man gewöhnlich citiert, und die Didotsche (5 Bde., Par. 1848-74). - Vgl. von Wilamowitz-Moellendorf, A. und die Athener (2 Bde., Berl. 1893).

Aristotelia. Lher., Pflanzengattung aus der Familie der Tiliaceen (s. d.). Die wichtigste Art ist ein immergrüner Strauch, A. Macqui L'Herit., in Chile, der Macqui der Chilenen. Dieser, 1-1,5 m hoch, hat aufrechte, rötliche Stämme, gegenständige, längliche, glänzende Blätter, kleine, achselständige Trauben weißer, hängender Blüten und schwarzrote Beeren. Die kugeligen, dreifächerigen, sechssamigen Beeren sind eßbar, aber sehr sauer; die Chilenen bereiten daraus eine Art Liqueur als Mittel gegen Fieber. Man kultiviert diesen Strauch oft in Gewächshäusern; er kann während des Sommers im Freien stehen und durch Stecklinge vermehrt werden.

Aristotelische Philosophie. Das Verhältnis der Philosophie des Aristoteles zu der seiner Vorgänger hat man damit zu bezeichnen versucht, daß Aristoteles den Sokratischen Wesensbegriff, die Platonische Idee fortgebildet habe zu dem ihm eigentümlichen Begriff der substantiellen Form oder der Entelechie, d. h. daß er wie jene das Wesen des Erscheinenden suchte und zwar wie sie es suchte im Begriff, im Gesetz, nur im Unterschied von jenen in einem solchen Gesetz, das unmittelbar in den Erscheinungen, nämlich als Princip ihrer innern Entwicklung nachgewiesen werden kann; oder daß er die übersinnlichen, von aller Erfahrung abgesonderten Ideen in das Reich des Werdens und der Erfahrung wieder einführte, das An-sich der Erscheinungen nicht mehr getrennt von ihnen, sondern in ihnen selbst als Princip des Werdens zu erkennen strebte. Ohne Zweifel ist das die Stellung, die Aristoteles gegen Plato einnimmt, und die Umbildung seiner Lehre, die er sich zur Aufgabe stellt. Allein es ist nicht zu leugnen, daß er einerseits im Platonischen Apriorismus weit mehr, als seiner eigenen Absicht entspricht, befangen geblieben ist, andererseits vielfach die tiefsten und wahrsten Motive dieser Lehre verkannt und nur deswegen sie verlassen hat. Aristoteles ist, verglichen mit Plato, entschieden Dogmatiker, d. h. er glaubt im wesentlichen die wahren Gegenstände gegeben in den Einzeldingen der vulgären Auffassung, die nur noch der gehörigen begrifflichen Verarbeitung bedürfe, um die vollkommen sichern Grundlagen der Wissenschaft zu ergeben. Es fehlt ihm also eine haltbare kritische Grundlegung, und damit eine streng folgerichtige Stellung in den Grundfragen der Philosophie. So hat er viel Sinn für die konkrete Thatsächlichkeit und streitet mit gutem Grunde (namentlich in den biologischen Wissenschaften) gegen ein abstrakt "logisches" Verfahren. Aber er unterschätzt dabei den Wert des wissenschaftlichen Instruments der Mathematik und gelangt dadurch, wie auch aus Mangel einer tiefern Kritik der Sinnlichkeit, zu durchaus falschen Grundsätzen der theoretischen Physik, wie die Wissenschaft seit Galilei klar erkannt hat. Andererseits weiß seine Logik das Ideal der deduktiven Wissenschaft gut zu entwickeln; allein er befindet sich in Unsicherheit bezüglich der Herkunft der letzten Voraussetzungen aller Deduktion. Er meint sie, im Widerspruch mit seinen eigenen Grundsätzen, der Erfahrung entnehmen zu können; in Wirklichkeit ist der Weg, auf dem er sie gewinnt, eigentlich der einer in ihrer Art großartigen Analyse und Systematisierung des in der Sprache niedergelegten Schatzes primitiver Erkenntnis. Darauf beruht zum großen Teile das Geheimnis des Einflusses seiner Philosophie; sie stützt sich eigentlich auf die natürliche Vorstellungsweise der Dinge, die sie nur, mit einer ungemeinen Energie der Logik, in wissenschaftliche Formen zwingt. Allein solches Verfahren ist dem der wahren Wissenschaft gerade entgegengesetzt; die moderne Forschung ging vielmehr kritisch vernichtend gegen die mit Aristoteles bewaffnete, in seiner Philosophie gleichsam inventarisierte gemeine Vorstellungswelt zu Werke; sie mußte die Grundbegriffe der Wissenschaft, soweit sie nicht der Mathematik angehören, neu erzeugen.

Von den einzelnen Disciplinen erfreut sich die Logik des Aristoteles noch immer einer Anerkennung, die, nach ihrer vollständigen thatsächlichen Überwindung seit Galilei und Kant, kaum mehr verständlich ist. Aristoteles nimmt eigentlich die Begriffe als gegeben, und abstrahiert ebenso die Grundformen des Urteils von der Sprachform des Satzes. Er überträgt dann sorglos seine mangelhaft abgeleiteten logischen Grundauffassungen auf die Dinge, indem ihm in den Begriffen zugleich die Dinge als gegeben gelten. Sein Kategoriensystem ist, wenn auch nicht direkt aus den grammatischen Wortklassen, doch aus einer logischen Analyse der Bestandteile der Aus-^[folgende Seite]