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Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

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Armstrongkanonen - Arnauld

ihm gelieferte Hinterladungskanone schien eine vollständige Umwälzung im Artilleriewesen zu versprechen. (Über die Konstruktion der Armstronggeschütze s. Geschütz.) 1859 ward A. zum Hauptingenieur für das gezogene Geschütz (Engineer of Rifled Ordnance) ernannt, wurde geadelt und Direktor der königl. Gießerei, die ausschließlich mit der Herstellung seiner Kanone beauftragt war. Die praktische Prüfung des neuen Geschützes im Kriege gegen China und bei einzelnen Expeditionen der Flotte gab indes zu mancherlei Ausstellungen Anlaß. Infolgedessen wurde 1863 eine Kommission eingesetzt, welche die Geschütze A.s einem Vergleichsversuche mit denjenigen des Ingenieurs Whitworth unterwerfen sollte. A. nahm infolgedessen seine Entlassung, widmete aber trotzdem seine weitere Thätigkeit der Konstruktion und Anfertigung von Geschützen und Artilleriemunition. Er gab selbst sein System auf und stellte ein neues Geschützsystem auf, welches in der innern Einrichtung dem franz. Vorderlader nahe verwandt war. Dasselbe fand nicht bloß in England, sondern auch in andern Staaten Eingang. Seine schweren Marinegeschütze waren 1888 bei Versuchen in Preußen nahe daran, die Kruppschen Geschütze aus dem Felde zu schlagen, unterlagen aber, als man für letztere das prismatische Pulver angenommen hatte. Nachdem die Stimmung in England sich, dem Vorgange der andern Mächte folgend, wieder dem Hinterlader zugeneigt hatte, wandte A. sich von neuem der allerdings wesentlich veränderten Konstruktion von Hinterladegeschützen zu. 1887 wurde ihm die Peerswürde unter dem Titel eines Baron A. von Cragside verliehen. A. fertigt seit 1885 auch die für die ital. Kriegsmarine erforderlichen Geschütze in einer eigenen Fabrik in Italien bei Puzzuoli. Die großen Werkstätten für Kanonen- und Schiffsfabrikation, die A. in England zu Elswick bei Newcastle-on-Tyne unter der Firma A., Mitchell & Comp. besitzt, beschäftigten 1890 über 15 000 Arbeiter; die Familien derselben, zusammen über 70 000 Personen, bewohnen eine besondere zum Werk gehörige Stadt. A. schrieb neben zahlreichen, in verschiedenen Zeitschriften zerstreuten Abhandlungen über Artillerie auch "Discussions on the abolition of patents for inventions" (Lond. 1869).

Armstrongkanonen, s. Armstrong (William George) und Geschütz.

Armstrongs Mischung, ein explosives Gemisch von Kaliumchlorat mit amorphem Phosphor, das schon bei der leisesten Reibung explodiert. Es eignet sich daher als Zündung für Bombenraketen.

Armüre (frz.), Webzettel, in der Weberei die zur Vorrichtung eines Schaftwebstuhls übliche schematische Darstellung der Geschirreinrichtung. Aus der A. muß mindestens zu ersehen sein: die Art, wie die Kettenfäden in die vorhandenen Schäfte verteilt werden sollen (Einpassierung), die Bewegungsfolge der Trittschemel (Tretweise) und die erforderliche Verbindungsart der Trittschemel mit den Schäften (Anschnürung). - Der Name ist auch übertragen worden auf diejenigen kleingemusterten Gewebe, deren Herstellung noch mittels des Kontermarsches (also ohne Jacquardgetriebe) möglich ist, höchstens (unter Beibehaltung der Schäfte) eine Schaftmaschine erfordert; die A. fallen also zwischen die glatten (ungemusterten) und die großgemusterten Waren (Damaste), zu deren letztern Herstellung auf die ausschließliche Benutzung von Schäften verzichtet werden muß. (S. Weberei.)

Armut, s. Armengesetzgebung, Armenrecht und Armenwesen.

Armutszeugnis (Testimonium paupertatis), im Staats- und Rechtsleben eine öffentliche Urkunde, durch welche einer Person zur Erlangung von Unterstützungen ihre Hilfsbedürftigkeit oder zur Befreiung von Gebühren und Abgaben ihr Unvermögen (s. Armenrecht) bezeugt wird. Befähigt und berechtigt zur Ausstellung eines A. ist regelmäßig die obrigkeitliche Behörde des Armen. Fälschung von A. oder Gebrauch eines falschen A. fällt als Übertretung unter §. 363 des Strafgesetzbuchs. - Im übertragenen Sinne sagt man von Personen, die durch ihr Verhalten ihr geistiges Unvermögen darthun, daß sie sich selbst ein A. ausstellen.

Armzeug, s. Armschienen.

Arn., naturwissenschaftliche Abkürzung für George Walker Arnott, geb. 6. Febr. 1799 zu Edinburgh, Direktor des botan. Gartens in Glasgow, gest. 15. Juni 1868.

Arnamagnäisches Legat, s. Magnusson, Arni.

Arnau, czech. Hostinné, Stadt in der österr. Bezirkshauptmannschaft Hohenelbe in Böhmen, links von der Elbe, an der Linie Chlumetz-Parschnitz der Österr. Nordwestbahn, Sitz eines Bezirksgerichts (1509 qkm, 17 Ortsgemeinden, 32 Ortschaften, 20 433 E., darunter 655 Czechen), hat (1890) 4124 deutsche E., Obergymnasium, altes Rathaus (1525) mit 2 steinernen, 5 m hohen geharnischten Rittern, wie solche in der Gegend (daher der Name "Riesengebirge") gewohnt haben sollen; Flachsgarnspinnerei und Papierindustrie, Reisstärke- und Seidenwarenfabrik, 2 Brauereien. In A. und 12 benachbarten Ortschaften werden auf 3300 Stühlen jährlich etwa 165 400 Stück Leinen und Halbleinen gewebt. A. gilt in der böhm. Geschichte als die Grenzfeste Hostin und war im 14. Jahrh. Eigentum der Herren von Turgau. Im Hussitenkriege wurde es 1424 von Žiška vergeblich belagert; nach der Schlacht am Weißen Berge im Besitze Wallensteins und nach dessen Ermordung in dem des kaiserl. Feldmarschalls von Lamboy, erwarb es 1779 Graf von Deym mit Schloß und Herrschaft.

Arnaud (spr. -noh), François Baculard d', franz. Schriftsteller, s. Baculard d'Arnaud.

Arnaud (spr. -noh), Jacques Leroy de Saint-, Marschall von Frankreich, s. Saint-Arnaud.

Arnaudons Grün, eine im Zeugdruck gebrauchte, wenig lebhafte, aber auch bei künstlicher Beleuchtung rein grüne (nicht giftige) Farbe, die aus metaphosphorsaurem Chromoxyd besteht und dargestellt wird, indem man 128 Teile neutrales phosphorsaures Ammonium mit 149 Teilen rotem Kaliumchromat auf 170-180° C. erhitzt und den Rückstand mit Wasser auswäscht. Glänzender, aber auch giftig, fällt die Farbe aus, wenn man einen Teil des phosphorsauren Ammoniums durch arsensaures Ammonium ersetzt.

Arnauld (spr. -noh), Antoine, genannt der große A., geb. 16. Febr. 1612, studierte die Rechte, dann Theologie, wurde 1641 Priester, 1643 Mitglied der Sorbonne, 1648 Einsiedler in Port-Royal des Champs. Er starb 8. Aug. 1694 bei Lüttich. In allen Streitigkeiten gegen Jesuiten, Klerus und Regierung war er der anerkannte Wortführer der Jansenisten (s. d.). Gegen die jesuitische Laxheit in der Erteilung des Sakraments schrieb er "De la fréquente communion" (Par. 1643); gegen die Jesuitenmoral "La morale pratique des Jésuites", "La théologie morale des Jésuites" (ebd. 1650);