Schnellsuche:

Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

Schlagworte auf dieser Seite: Aufmerksamkeit; Aufnahme; Aufnahme des Verfahrens

94

Aufmerksamkeit - Aufnahme des Verfahrens

in die Front- oder Schlachtlinie A. und zwar taktischer A. genannt, im Gegensatz zum strategischen A., der das Versammeln der Streitkräfte aus den Friedensgarnisonen im Aufmarschgebiet zum Zwecke des Beginns der Operationen begreift. Die schnelle, planmäßige Durchführung des strategischen A. ist die erste Bedingung für den glücklichen Ausgang des Krieges. Daher gehört es zu den wichtigsten Pflichten der Landesverteidigung eines Staates, den Aufmarsch der Streitkräfte in den verschiedenen möglichen Kriegsfällen sorgfältig vorzubereiten. Dabei ist auf eine umfassende Ausnutzung des Eisenbahnnetzes das größte Gewicht zu legen. Nötigenfalls ist das Eisenbahnnetz entsprechend auszubauen, wie dies in Deutschland, Frankreich und Rußland nach dem Kriege von 1870 unter Aufwendung bedeutender Mittel geschehen ist. Zur Ausnutzung des Bahnnetzes ist die Aufstellung eines Militärfahrplans (s. d.) notwendig, nach dem die Militärzüge (s. Truppentransporte) sich in regelmäßigem Zeitabstand folgen.

Aufmerksamkeit, derjenige Zustand des Bewußtseins, in welchem die Inhalte desselben besondere Klarheit und in der Abfolge Regelmäßigkeit und Ordnung besitzen. Während nach Herbart dieser Zustand nur durch eine größere Stärke der Vorstellungen erreicht wird, beruht derselbe nach Wundt auf der Wirksamkeit einer selbstthätigen Funktion, der Apperception (s. d.). Hiernach besitzt die letztere und somit auch die A. eine eigentümliche, von der Intensität der Empfindungen unterschiedene Stärke, und man ist berechtigt, von einer Anpassung oder Adaptation derselben an die Sinneseindrücke zu reden. Unter der sensorischen A. versteht man die Richtung derselben auf Sinneseindrücke, unter der motorischen oder muskulären diejenige A., deren Inhalt Bewegungsvorstellungen bilden. In neuester Zeit ist der bedeutende Einfluß der A. auf die Vergleichung von Sinneseindrücken, auf den zeitlichen Verlauf psychophysischer Vorgänge der Gegenstand experimenteller Untersuchung geworden. Auch die Schwankungen, denen die A. bei der Einstellung auf einen bestimmten Inhalt unterliegt, sind exakt als periodische von 3-4 Sekunden Dauer festgestellt worden.

Vgl. Th. Ribot, Psychologie de l'attention (Par. 1889).

Aufnahme, in geodätischem Sinne die Vermessung und daran anschließende Kartierung eines Teiles der Erdoberfläche, insbesondere die zur Herstellung militär.-topogr. Karten und Pläne erforderlichen Feld- und Zeichenarbeiten. Die militärischen A. erfolgen meist unter Benutzung des Meßtisches (s. d.) und seiner Hilfsinstrumente; die staatsökonomischen A. (z. B. Kataster, Forstvermessungen) werden meist als geometr. Vermessungen aufgeführt, bei denen die Karte später aus den gewonnenen Zahlenresultaten der Messungen konstruiert wird. Flüchtige A. können auch ohne Benutzung von Instrumenten ausgeführt werden, doch lassen sich durch solche Krokis (s. d.) nur kleine Geländeteile mit einiger Genauigkeit darstellen. Eine A., die ein größeres Landgebiet zur Darstellung bringen soll, bedarf stets einer vorhergehenden sorgfältigen Triangulation (s. d.) und gründet sich auf die von letzterer geschaffenen Festpunkte. Die A. mit dem Meßtisch bezweckt die unmittelbar graphische Herstellung eines geometrisch richtigen Bildes von irgend einem Teile der Erdoberfläche in verjüngtem Maßstabe. Die Arbeit selbst wird in der Weise ausgeführt, daß zunächst mit Hilfe der Instrumente möglichst viele Punkt- und Richtungsbestimmungen gemacht werden, die dann durch sorgsames Krokieren nach den Regeln der niedern Feldmeßkunst zu einem porträtähnlichen Bilde des betreffenden Geländes zu verbinden sind. Dieser letztere Teil der Arbeit ist der wichtigste, aber auch der schwierigere, da er eine gewisse künstlerische Begabung für das richtige Auffassen der natürlichen Verhältnisse und für das Zeichnen derselben in verjüngtem Maßstabe erfordert. - Durch die A. soll ein richtiges und vollständiges Bild aller Verhältnisse der Erdoberfläche geschaffen werden; es handelt sich nicht allein darum, die sog. Situation, d. h. Wege, Anbau, Wohnorte, Gewässer, Bodenbedeckungen jeder Art u. s. w. zur Darstellung zu bringen, sondern es ist auch die Gestaltung der Bodenformen in ihren verschiedenen Höhen- und Neigungsverhältnissen in klarer Weise anschaulich zu machen (s. Terrainzeichnung). Die bildliche Wiedergabe der Situation ist der einfachere Teil der Arbeit, da es sich hierbei nur um die geometrisch richtige Darstellung aller dieser dem Auge klar und deutlich entgegentretenden Dinge handelt, während schon das Erkennen und richtige Auffassen der oft verworrenen Bodenformen und ihres Zusammenhanges erhebliche Schwierigkeiten bereiten kann. (S. Feldmeßkunst.)

Aufnahme des Verfahrens. Im Laufe eines Civilprozesses können Verhältnisse eintreten, welche einen Stillstand des Verfahrens, auch unabhängig vom Parteiwillen, ausnahmsweise notwendig oder zweckmäßig erscheinen lassen. In dieser Beziehung unterscheidet die Deutsche Civilprozeßordnung Umstände, welche kraft Gesetzes ohne weiteres eine Unterbrechung des Verfahrens zur Folge haben (Tod, Krankheit, Verlust der Prozeßfähigkeit, Wegfall des gesetzlichen Vertreters oder des Anwalts einer Partei, Justitium [s. d.], Konkurs einer Partei, wenn das Verfahren die Konkursmasse betrifft), und Umstände, auf Grund deren eine Aussetzung des Verfahrens durch Gerichtsbeschluß sich erwirken läßt (Tod, Verlust der Prozeßfähigkeit oder Wegfall des gesetzlichen Vertreters beim Vorhandensein eines Prozeßbevollmächtigten, Krieg und elementare Ereignisse). Für diese Fälle der Unterbrechung und der Aussetzung trifft nun die Civilprozeßordnung (§§. 217 fg.) zugleich Anordnung darüber, in welcher Weise dem Prozesse seitens der Parteien oder ihrer Rechtsnachfolger Fortgang verschafft werden kann. Dieses Verfahren heißt A. d. V.; sie erfolgt regelmäßig durch Zustellung eines Schriftsatzes an den Gegner. (S. Aussetzung und Unterbrechung.)

Ist das Verfahren durch Konkurs unterbrochen, so kann dasselbe nach §. 8 der Konkursordnung vom Konkursverwalter aufgenommen werden, wenn es sich um einen von dem Gemeinschuldner geltend gemachten Anspruch handelt. Lehnt der Verwalter die Aufnahme des Rechtsstreites ab, indem er damit zugleich darauf verzichtet, den Streitgegenstand zur Konkursmasse zu ziehen, so kann sowohl der Gemeinschuldner, dem dann die Durchführung des Anspruchs überlassen bleibt, als der Gegner den Rechtsstreit aufnehmen. Rechtsstreitigkeiten, welche «gegen den Gemeinschuldner anhängig» sind, und in welchen es sich nicht um eine im Konkursverfahren geltend zu machende Forderung, sondern um den Bestand der Aktivmasse (einen Aussonderungsanspruch, Absonderungsanspruch oder eine Masseforderung) handelt, können