Schnellsuche:

Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

Schlagworte auf dieser Seite: Baltard; Baltĕus; Balthen; Balthilde; Balti; Baltĭa; Baltimore

343

Baltard – Baltimore (Stadt)

ist bekannt durch den 1849 zwischen Rußland und der Pforte abgeschlossenen Vertrag von B., der Rußland auf 7 Jahre gleiches Interventionsrecht mit den Türken in den Donaufürstentümern zugestand.

Baltard (spr. -tahr), Victor, franz. Architekt, geb. 19. Juni 1805 zu Paris, Sohn des durch Herausgabe vieler Prachtwerke bekannten Baumeisters und Kupferstechers Pierre Louis B. (geb. 9. Juli 1764 zu Paris, gest. daselbst 22. Jan. 1840), studierte bei seinem Vater und darauf in Rom. Nach seiner Rückkehr leitete er den Bau des Pariser Konservatoriums, des Archivs und der Markthallen, besorgte die Ausbesserung oder Ausschmückung der Kirchen St. Germain des Prés, St. Séverin, St. Eustache, St. Augustin mit ihrer großen Kuppel, wie auch die Vollendung des von Lelong begonnenen neuen Stempelhauses. Er starb 14. Jan. 1874. Für das von Huillard-Bréholles bearbeitete Prachtwerk «Recherches sur les monuments de l’histoire des Normands et de la maison de Souabe dans l’Italie méridionale» (Par. 1844) lieferte er viele Aufnahmen und Stiche. Auch sind alle Kupferstiche in «La Villa Médicis» (1847‒48) und «Les Halles centrales de Paris» (1863‒64) nach seinen Zeichnungen gefertigt.

Baltĕus, s. Cinctorium.

Balthen (d. i. die Kühnen), Herrschergeschlecht der Westgoten, das sich durch Alarich (395‒410) über die andern Adelsgeschlechter erhob und mit Amalarich 531 erlosch. Geschichte und Sage sind in der Überlieferung unlösbar miteinander verwebt.

Balthilde oder Batilde, die Heilige, eine angelsächs. Sklavin, wurde Gemahlin des fränk. Königs Chlodwig Ⅱ., übte nach seinem Tode 657 unter dem Namen ihrer Söhne großen Einfluß, wurde aber durch die Partei des Ebroin (vor 673) genötigt, sich in das von ihr gestiftete Kloster Chelles (s. Cala) bei Paris zurückzuziehen, wo sie 680 starb. Auf ihre Veranlassung ist von Luxeuil aus das Kloster Corbie (s. d.) in der Picardie gegründet worden. Ihr Gedächtnistag ist der 30. Jan. – Vgl. Krusch in der Praefatio zur «Vita Sanctae Bathildis» (in den «Monumenta Germaniae historica. Scriptores rerum Merovingicarum», Bd. 2, Hannov. 1888); Bonnell, Die Anfänge des Karolingischen Hauses (Lpz. 1866).

Balti, s. Baltistan.

Baltĭa oder Balcia, bei Plinius Name einer großen Insel im nördl. Europa. Da sie früh für die ostpreuß. Küste gehalten wurde, so kam (zuerst bei Adam von Bremen) schon seit dem 11. Jahrh. n. Chr. die Bezeichnung Baltisches Meer (mare balticum) für Ostsee auf. Balcia ist aber nach Plinius identisch mit der Insel Basilia, die Pytheas entdeckte, Basilia, wie Plinius an einer andern Stelle bemerkt, nur ein anderer Name für die Nordseeinsel Abalus.

Baltimore (spr. báhltimohr), Stadt mit Hafen im nordamerik. Staate Maryland, eine der größten Städte der Vereinigten Staaten an der Nordseite des Flusses Patapsco, 22 km oberhalb seiner Mündung in die Chesapeakebai, 1729 angelegt und 1745 nach Lord Baltimore, dem Gründer von Maryland, benannt, bestand 1765 nur aus etwa 50 Häusern, stieg, 1796 zur Stadt erhoben, durch den Handel sehr rasch. 1830 hatte es 80625, 1870: 267354, 1880: 332300 E. (darunter 278584 Weiße und 53716 Farbige, 276177 in den Vereinigten Staaten Geborene und 56136 Eingewanderte), 1890: 434439 E.

Anlage und Straßen. Das Flüßchen Jones’ Falls Creek teilt die Stadt in eine östl. und eine westl. Hälfte. Der ältere Teil ist unregelmäßig gebaut, enthält aber viele schöne Häuser. Die neuen Viertel sind regelmäßig, zahlreich die Parkanlagen im Innern der Stadt. Die Hauptstraße ist Baltimore-Street; hier und in Lexington-Howard-Entaw und Charles-Street bewegt sich der geschäftliche Verkehr.

Gebäude. Hervorzuheben sind das Institut von Maryland, das Stadthaus, die Börse, das Athenäum mit der Bibliothek der Historischen Gesellschaft, das Postamt (1890), das der Stadt vom Londoner Bankier Peabody geschenkte und nach ihm benannte Peabody-Institut, das Greisenheim und von den vielen Kirchen namentlich die kath. Kathedrale. B. besitzt 2 große und 5 kleinere Theater und zahlreiche Denkmäler, die ihm den Beinamen Monumental-City gegeben haben, darunter das des Dichters Poe und auf dem Mount-Vernon-Platze das 55 m hohe Marmordenkmal Washingtons und das Monument zum Andenken an den Sieg über die Engländer unter Roß (1814). Gemälde enthält Walters Collection.

Unterrichts- und Wohlthätigkeitsanstalten. Unter diesen sind mehrere reiche katholische, wie das Loyola-Kollegium und St. Mary College. An der Spitze steht die John Hopkins-Universität, die durch Schenkung von 3½ Mill. Doll. begründet und 3. Okt. 1876 eröffnet wurde. Ohne den deutschen Universitäten völlig nachgebildet zu sein, nähert sie sich doch denselben, namentlich in Betonung der Originalforschung und in der Durchbrechung des starren Klassensystems der amerik. Colleges. Die einzige (philos.) Fakultät erstreckt sich auf Sprachen, Geschichte, Rechts- und Staatswissenschaften, Mathematik, Naturwissenschaften, Biologie, Pathologie und Bakteriologie und hat ein chem., biolog. und physik. Institut. 1876 hatte sie 89, 1882: 204, 1887: 420, 1892: 517 Hörer. Der Lehrkörper bestand 1887 aus 50 Professoren und Instruktoren. Ferner bestehen 3 Bibliotheken mit 300000 Bänden. Von demselben John Hopkins wurden 3½ Mill. Doll. zur Gründung eines Hospitals vermacht, das 7. Mai 1889 der Benutzung übergeben wurde.

Industrie, Handel, Verkehr. Die Industrie wächst stetig; besonders bedeutend ist die Fabrikation von künstlichem Dünger. 1890 hatte die Gesamtproduktion der Industrie der Stadt einen Wert von mehr als 140 Mill. Doll. Der Handel ist bedeutend in Tabak, Mehl und Getreide, eingemachten Früchten und Austern, von denen jährlich in der Chesapeakebai etwa 3½ Milliarden Stück gefangen werden. Der Küsten- und Innenhandel ist noch lebhafter als der überseeische. 1891 wurden Waren für 18, 1889 für 15 Mill. Doll. eingeführt, worunter Kaffee 5548701 Doll., Zinn und Weißblech 3396507 Doll., Chlorkalium, Natronsalze und Schwefel 1457690 Doll. Die Ausfuhr hatte mehr als den dreifachen Wert und belief sich auf 79 und 50 Mill. Doll., worunter Baumwolle 9829896 Doll., Weizenmehl 9705002 Doll., Mais 5507009 Doll., Weizen 3201726 Doll., Blättertabak 3115212 Doll., Schmalz 2035453 Doll., Vieh 2635125 Doll., Rindfleisch 1406403 Doll. Der Eingang des Hafens ist eng und wird durch das Fort McHenry verteidigt. Unweit davon befindet sich Locust-Point mit dem regsten Hafenleben, dem Endpunkt der transatlantischen Dampfer und riesigen Getreideelevatoren. Das Baltimore-Trockendock ist eins der größten und vollständigsten. Die Flotte belief sich 30. Juni 1889 auf 990 Segelschiffe mit 55425 t und 163 Dampfer mit 57220 t. 1888‒89 liefen in