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Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

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Barmen

weibl.), im übrigen Deutschen Reiche 3607 (2138 männl., 1469 weibl.), im Auslande 660 (391 männl., 269 weibl.). Rechnet man hierzu noch die Bevölkerung der östl. Nachbargemeinden Langerfeld (6910 E.) und Nächstebreck (2633 E.), die in enger Gemeinschaft mit der Großstadt stehen, so beträgt die Einwohnerzahl des industriellen Weichbildes von Groß-Barmen etwa 126 000 E.; die des benachbarten Groß-Elberfeld (s. Elberfeld) beträgt etwa 134000 E., so daß das Industriecentrum Barmen-Elberfeld insgesamt etwa 260000 E. hat.

Anlage, Straßen, Plätze, Denkmäler. B. zerfällt in drei jetzt zusammenhängende Hauptteile: Ober-, Mittel- (Gemarke) und Unterbarmen, von denen ersteres aus Rittershausen, Wichlinghausen und Wupperfeld zusammengesetzt ist. Wegen der beschränkten Breitenausdehnung der Stadt sind auch die Straßen nicht breit; Hauptverkehrsader ist die sich durch das Thal hinziehende Hauptstraße, die in jedem Hauptteile einen andern Namen führt; der Hauptgeschäftsverkehr vereinigt sich in Mittelbarmen. Unter den wenigen Plätzen seien genannt der Alten-, der Neumarkt, der Karlsplatz und der schöne Park (82 ha) des Verschönerungsvereins. Schöne Fernsicht auf die Stadt bietet der 1889 von der Familie Tölle gestiftete Tölleturm, zu dem eine elektrische Zahnradbahn führt. In den Anlagen steht ein 1868 errichteter Obelisk zum Andenken an die 1864 und 1866 gefallenen Krieger sowie ein got. achteckiger Aussichtsturm mit Ehrenhalle, nach dem Plane des Baurats Oppeler (Hannover) errichtet zur Erinnerung an den Krieg 1870/71; ferner die kolossale Marmorbüste von Werle (gest. 1880), dem Gründer des Verschönerungsvereins, von Prof. Afinger. Im Ringelthale ist 1885 zum Andenken an Ringel (gest. 1881), den freigebigen Freund des Verschönerungsvereins, ein terrassenförmiges Denkmal mit Reliefporträt errichtet. An der Friedrich-Wilhelmsstraße steht seit 1842 ein Denkmal Friedrich Wilhelms III., eine viereckige got. Sandsteinsäule mit schwarzen Marmortafeln.

Kirchen. Der luth. Gemeinde gehören die alte luth. Kirche in Wupperfeld (1779), mit viereckigem Turm und zwiebelförmigem Dach, die Friedenskirche in Gemarke, ein got. Backsteinbau (1869), die Johanniskirche in Heckinghausen und die got. Kirche in Wichlinghausen (1866); der reform. Gemeinde die neue Kirche in Gemarke, an Stelle einer 1710 erbauten, 1888 abgerissenen, aus Sandstein und Grauwacke im Renaissancestil, und die got. Immanuelskirche in Wupperfeld, 1867 erbaut; der evang.-unierten Gemeinde in Unterbarmen die Hauptkirche, ein dreischiffiger Hallenbau im Rundbogenstil aus den J. 1828-32, die Christuskirche, 1885-86 aus einem Vermächtnis von Ringel in got. Formen erbaut, und die Paulskirche, ein roman. Backsteinbau (1882); der kath. Gemeinde die Kirche in Dornen, 1825-26 in antiken Formen errichtet und 1868 zu einer dreischiffigen got. Kirche umgebaut, mit einem neuen (1883) Turme, und die neue kath. Kirche in Oberbarmen, in got. Stil mit zwei Türmen, 1889-90 in Ruhrsandstein erbaut.

Weltliche Bauten. An künstlerisch bedeutenden Bauwerken ist die Stadt arm. Hervorzuheben sind die meist in den letzten Jahrzehnten entstandenen und besonders durch praktische innere Einrichtungen ausgezeichneten Schulgebäude. Das alte Rathaus, ein Sandsteinbau in ital. Renaissance, stammt aus dem Anfang des 19. Jahrh., das neue ist 1873-76 vom Stadtbaumeister Duisberg in deutscher Renaissance erbaut. Das Stadttheater, 1874 durch Baurat Pflaume (Köln) erbaut und 25. Nov. 1875 durch Feuer zerstört, ward später wiederhergestellt. Im weitern sind hier zu nennen die Geschäftshäuser des Barmer Bankvereins, der Bergisch-Märkischen Industriegesellschaft mit Gemäldesammlung des Barmer Kunstvereins, der Bankfirma Schwarzschild, Fischer & Comp. u. a.

Verwaltung. Die Stadt wird verwaltet (1894) von einem Oberbürgermeister (Wegner, bis 1903, 15000 M.), einem Bürgermeister (Brodzina, bis 1904, 9500 M.), 3 Beigeordneten und 36 Stadtverordneten. Die freiwillige Feuerwehr hat 646 Mitglieder mit 26 Feuerspritzen, 650 Hydranten und einen Feuertelegraph mit 70 Meldestellen und 70 Weckern. Die Kanallänge beträgt 15 km. Das Wasserwerk fördert etwa 17000 cbm täglich für 5283 Konsumenten, die Gasanstalten 20500 cbm für 1737 öffentliche und 39500 Privatflammen (5100 Gasmesser) sowie für 256 Gasmotoren mit zusammen 502 Pferdekräften. Die elektrische Beleuchtungsanlage (185 Konsumenten) hat 274 Bogen- und 7835 Glühlampen und 11 elektrische Motoren (15 Pferdestärken).

Finanzen. Das Vermögen der Stadt beträgt rund 4 Mill. M. in Kapitalien, 30 Mill. M. in Immobilien; die Schulden rund 19,50 Mill. M., darunter 16,25 Mill. M. Stadtanleihen. Der städtische Haushaltplan für 1894/95 schließt ab in Einnahme und Ausgabe mit 4360000 M., wovon durch Gemeinde-Einkommensteuern 2242992 M. gedeckt werden (240 Proz. Zuschlag zur Staatseinkommensteuer nebst 30 Proz. Zuschlag zur Grund-, Gebäude- und Gewerbesteuer gegen 450 Proz. Zuschlag zur Klassen- und Einkommensteuer und 50 Proz. zur Grund- und Gebäudesteuer vor 10 Jahren). Der Überschuß der Gaswerte betrug 350000 M., des Wasserwerkes 76000 M., des Elektrizitätswerkes 5000 M., der Leihanstalt 5500 M. Vom Stiftungsvermögen (1,615 Mill. M.) entfallen 872000 M. auf Armenpflege, 180700 M. auf Krankenpflege, 225700 M. auf Unterrichtszwecke, 108700 M. auf Invalidenwesen. Das Schulwesen beansprucht jährlich etwa 1299700 M., das Armenwesen 593700 M., das Bauwesen 495600 M. Die direkten Staatssteuern ergaben 856200 M. Einkommen-, 296700 M. Grund- und Gebäude- und 174000 M. Gewerbe- und Betriebssteuer. Die Vieh- und Schlachthofanlage ist 1894 eröffnet worden.

Behörden. B. hat ein Amtsgericht (Landgericht Elberfeld) mit Kammer für Handelssachen, ein Gewerbegericht, eine Eisenbahnwerkstätte, ein Untersteueramt und eine Zollabfertigungsstelle.

Bildungs- und Vereinswesen, städtisches Gymnasium, 1579 von der Gräfin Waldeck als deutsche Schule gestiftet, städtisches Realgymnasium, 1823 als höhere Stadtschule gegründet, Oberrealschule mit Vorschule, Gewerbeschule (höhere Bürgerschule mit Fachklassen), 3 höhere Mädchenschulen (33 Lehrkräfte, 703 Schülerinnen), 1 Privatmädchenmittelschule, 42 Volksschulen (242 Lehrer, 53 Lehrerinnen, 19504 Schulkinder) sowie eine Anzahl städtischer und Vereinsfortbildungsschulen. Ferner hat B. ein städtisches Museum (naturhistorisch), das Museum der Rheinischen Missionsgesellschaft (ethnographisch), Gemäldesammlung des Barmer Kunstvereins, histor. Sammlung des Barmer Geschichtsvereins, Musikinstitut, Stadtbibliothek und ein Stadttheater (Aktienunternehmen, 1877 eröffnet, mit 1200 Plätzen).