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Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

Schlagworte auf dieser Seite: Berryer; Berrykanal; Bersăba; Bersaglieri

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Berryer - Bersaglieri

neralobersten ernannt und erhielt bei der Wiederkehr Napoleons Ⅰ. im Frühjahr 1815 von Ludwig ⅩⅧ. den Befehl über die Truppen der Hauptstadt. In der Nacht vom 19. zum 20. März mußte er sich mit den Garden nach Gent und Aelst zurückziehen, bis ihm die Schlacht von Waterloo den Rückweg nach Paris öffnete. Am 17. Juni 1816 vermählte er sich mit der ältesten Tochter des nachmaligen Königs beider Sicilien, Franz’ Ⅰ., Karoline Ferdinande Luise (geb. 5. Nov. 1798). Auf dieser Ehe beruhte wesentlich der Fortbestand des ältern Zweigs der Bourbons, da der Herzog von Angoulême kinderlos war. Ein polit. Fanatiker, Louvel (s. d.), faßte darum den Entschluß, den Herzog von B. zu ermorden. Als dieser 13. Febr. 1820 seine Gemahlin aus dem Opernhause nach dem Wagen geleitete, erhielt er von Louvel einen Messerstich, an dem er tags darauf starb. – Vgl. Châteaubriand, Mémoires touchant la vie et la mort du Duc de B. (Par. 1820): Rousset, Récit historique des évènements qui se sont passes dans l’administration de de l’Opéra la nuit du 13 Février 1820 (Asassinat du duc de B, ebd. 1862).

Der Herzog hinterließ von Karoline Ferdinande Luise nur eine Tochter, Luise Maria Theresia von Bourbon, Mademoiselle de France (geb. 21. Sept. 1819, seit 1845 vermählt mit dem spätern Herzog Karl Ⅲ. von Parma, gest. 1. Febr. 1864). Desto größer war die Freude des königl. Hauses, als die verwitwete Herzogin 29. Sept. 1820 einen Prinzen gebar, der den Namen Heinrich, Herzog von Bordeaux, erhielt. Als die Julirevolution von 1830 den Herzog von Orléans auf den Thron erhob, folgte die Herzogin von B. mit ihren Kindern Karl Ⅹ. nach Holyrood. In Frankreich aber arbeitete eine zahlreiche Partei im Süden und in der Vendée für die Interessen ihres Sohnes, als des rechtmäßigen Königs (Heinrich Ⅴ., s. Chambord, Graf von) von Frankreich. Um mit dieser Partei, den sog. Henriquinquisten, in nähere Verbindung zu treten, begab sich die Herzogin von B. 1831 nach Italien. Hier fanden sich sehr bald Anhänger der vertriebenen Linie ein, die den Plan zu einer Landung in Frankreich entwarfen, um die Fahne Heinrichs B. aufzupflanzen. Am 28. April 1832 landete die Herzogin nebst einigen Anhängern bei Marseille. Ein Aufstand der Legitimisten in Marseille am 30. ward jedoch unterdrückt, und als das Schiff 3. Mai bei La Ciotat angehalten wurde, wo es wegen Havarei einlaufen mußte, entdeckte die Behörde, daß sich die Herzogin darauf befunden habe. Diese war indes in die Vendée entflohen, trat dort als Regentin auf, erließ Proklamationen im Namen ihres Sohnes Heinrich Ⅴ., wurde indes von einem Anhänger, dem zum Katholicismus übergetretenen Juden Deutz, verraten, 8. Nov. in Nantes verhaftet und als Staatsgefangene in die Citadelle von Blaye gebracht. Die lebhafte Teilnahme, die man der Gefangenen zeigte, erzeugte der Regierung nicht geringe Verlegenheit. Da erhob sich im Januar das Gerücht, daß die Herzogin guter Hoffnung sei. Es folgten Wochen größter Aufregung in ganz Frankreich, bis am 22. Febr. die Herzogin erklärte, daß sie in geheimer Ehe mit dem neapolit. Marchese Lucchesi-Palli vermählt sei. Diese Nachricht brachte sie sofort um ihre polit. Bedeutung, so daß die Regierung, nachdem die Herzogin 10. Mai eine Tochter geboren hatte, kein Bedenken trug, sie zu entlassen. (Übrigens ward die Herzogin erst nach ihrer Freilassung Gemahlin des Marchese; auch wird bestritten, daß jenes Kind das seinige war.) Sie ging im Juni 1833 zunächst nach Sicilien und dann mit ihrer neuen Familie nach Venedig. Nach dem Tode ihres Gemahls, dem sie mehrere Kinder geboren hatte, bezog sie das Schloß Brunnsee bei Graz, wo sie 17.April 1870 starb. – Vgl. Nettement, Mémoires historiques de la duchesse de B. (3 Bde., Par. 1837); Nauroy, La duchesse de B. (ebd. 1889); Imbert de Saint-Amand, La duchesse de B. et la révolution de la Vendée (ebd. 1889); ders., La captivité de la duchesse de B. (ebd. 1890).

Berryer (spr. -rĭeh), Pierre Antoine, franz. Advokat und Politiker, geb. 4. Jan. 1790 zu Paris, war für den geistlichen Beruf bestimmt, wandte sich aber der Rechtswissenschaft zu. Anfangs Parteigänger Napoleons Ⅰ., ging er später zu den Bourbonen über, ohne seinen freisinnigen Ansichten zu entsagen. Seit 1814 als Sachwalter thätig, hatte er bereits einen glänzenden Ruf erlangt, als er 1829 in die Kammer gewählt wurde, wo er sich als hervorragender Vertreter seiner Partei erwies. Nach der Julirevolution von 1830 leistete er der neuen Dynastie und Verfassung den Eidschwur, bekämpfte aber das Julikönigtum aufs schärfste. So behauptete B. 17 Jahre lang seine parlamentarische Geltung, ohne seine legitimistische Meinung aufzugeben. Durchaus unabhängig trat er einerseits für die Erblichkeit der Pairie, andererseits für Geschworenengerichte in Preßsachen und Wählbarkeit der Gemeindevorsteher ein. Er übernahm wiederholt die Verteidigung namhafter Vertreter der republikanischen Partei, ja nach dem Boulogner Vorfall (1840) selbst die Ludwig Napoleons (spätern Napoleon Ⅲ.). Im Frühjahr 1848 vom Depart. Rhônemündungen und 1849 von neuem gewählt, zählte er zu den Häuptern der Mehrheit, die sich aus der Vereinigung aller frühern monarchischen Parteien ergab. Während des Napoleonischen Staatsstreichs von 1851 wirkte er mit bei der Zusammenkunft auf der Mairie des zehnten Arrondissements, wo die Absetzung des Präsidenten ausgesprochen wurde. Später bemühte er sich eifrig um die Versöhnung der beiden Linien des bourbonischen Hauses. Erst Mai 1863 trat er wieder als Kandidat in Marseille auf und wurde zum Abgeordneten gewählt. Seit 1854 war er Mitglied der Französischen Akademie. B. starb 29. Nov. 1868 auf seinem Landgute zu Augerville (Loiret). 1875 wurde sein Standbild vor dem Justizpalaste in Marseille enthüllt. Nach seinem Tode erschienen seine «Discours parlementaires» (5 Bde., Par. 1872‒74) und seine «Plaidoyers» (4 Bde., ebd. 1875‒78). – Vgl. Biston, B. et ses contemporains (Par. 1873); Lecanuet, B.: sa vie et ses œuvres (ebd. 1893).

Berrykanal, s. Berry und Cher.

Bersăba, Stadt, s. Beerseba.

Bersaglieri (spr. -saljehri, vom ital. bersaglio, Ziel), in Italien die Scharfschützen. Sie wurden 1836 im sardin. Heere durch den General Alexandro Ferrero della Marmora in Stärke von 2 Compagnien, die 1843 auf 1 Bataillon vermehrt wurden, errichtet. 1848 gab es 2, 1850 3 Bataillone, 1852 bereits 10 Bataillone. Sie erhielten einen ausgewählten Ersatz und zeichneten sich bald durch ihre Leistungen aus. Mit Errichtung des Königreichs Italien wurden die B. auf 7 Regimenter (zu 6 Bataillonen mit 4 Compagnien) und nach dem Organisationsgesetze vom 30. Sept. 1873, das 1. Jan. 1874 in Wirksamkeit trat, auf 10 Regimenter ver-^[folgende Seite]