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Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

Schlagworte auf dieser Seite: Bertrand; Bertran(d) de Born; Bertrich; Bertuch; Berufen; Berufkraut; Berufsgenossenschaft

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Bertrand (Joseph Louis François) - Berufsgenossenschaft

Gemälden sind zu nennen: Lesbia, Mignon und Die heil. Cäcilie. B. starb 1887 in Paris.

Bertrand (spr. -tráng), Joseph Louis François, franz. Mathematiker, Bruder von Alexandre B., geb. 11. März 1822 zu Paris, konnte als Zögling des Lycée St. Louis sein Examen für die Polytechnische Schule schon mit 11 Jahren machen, wo er mit 17 Jahren als Erster aufgenommen wurde. Nachdem er in den Lyceen St. Louis und Napoléon, an der höhern Normalschule sowie an der Polytechnischen Schule angestellt worden war, wurde er Biots Suppleant am Collège de France und folgte demselben 1862 als wirklicher Professor der mathem. Physik. Schon 1856 wurde er Mitglied der Akademie der Wissenschaften, deren ständiger Sekretär er seit 1874 war; die Französische Akademie wählte ihn 1884 als Mitglied. Er schrieb seit 1848 Lehrbücher der Arithmetik, Algebra, der Infinitesimalrechnung, außerdem aber sehr wichtige Schriften im Bereich der Mechanik und der mathem. Physik, der Funktionen- und Zahlentheorie, namentlich im «Journal des mathématiques» und im «Bulletin de l’Académie des sciences»; so «Théorie des phénomènes capillaires», «De la propagation du son» u. s. w. Ferner «Les fondateurs de l’astronomie moderne» (1.‒4. Aufl., Par. 1865), «La théorie de la lune d’Aboul-Wefa» (ebd. 1873), «Thermodynamique» (ebd. 1887), «Calcul des probabilités» (1888). Als Sekretär der Akademie gab er die Lebensbeschreibungen einer Anzahl von Akademikern heraus; auch das Werk «L’Académie des sciences et les académiciens de 1666 à 1793» (Par. 1868). Der zweite Band seines «Calcul intégral», an dem er jahrelang gearbeitet hatte, ging im Mai 1871 bei dem Brande der Commune zu Grunde.

Bertran(d) de Born, s. Born, Bertran(d) de.

Bertrich, Dorf und Badeort im Kreis Cochem des preuß. Reg.-Bez. Koblenz, in 165 m Höhe, in einem reichbewaldeten, von 250 m hohen Bergen eng eingeschlossenen Thale, welches der dem linken Moselzufluß Alf zuströmende Üßbach durchschneidet, an der Linie Koblenz-Trier (Bahnhof Bullay 11 km), hat (1890) 386 kath. E., Post, Telegraph, kath. Pfarrkirche. Die beiden warmen Chlornatrium, schwefelsaures und kohlensaures Natron, schwefelsauren Kalk u. s. w. enthaltenden Quellen (Garten- und Bergquelle, 31,5° C.) entspringen an der südwestl. Seite des Thals am Fuße der interessanten Facherhöhle (oder des Palmbergs), versorgen das nahe Kurhaus, Armenbad und den Trinkbrunnen und sind besonders wirksam gegen Nervenkrankheiten, Rheumatismus und Gicht, chronischen Magenkatarrh, Menstruationsstörungen, Haut- und Drüsenkrankheiten. Die Therme ist die stärkste aller warmen Glaubersalzquellen Deutschlands, woher wohl auch der Beiname «Das milde Karlsbad» für B. entstanden ist. – Die Römer kannten bereits die Heilkraft dieser Quellen. Zweckmäßige Einrichtungen trafen erst die Erzbischöfe von Trier, unter deren Herrschaft der Ort 1392 kam; 1456 wurden die ersten Badeeinrichtungen hergestellt. Das meiste that Erzbischof Clemens Wenzeslaus, der 1770 das Kurhaus bauen ließ. Seit 1815 ist das Bad im Besitz des preuß. Staates und steht unter der Verwaltung der königl. Regierung zu Koblenz. Die Umgegend zeigt vulkanische Bildungen. – Vgl. Gierlichs, Bad B. (Trier 1894).

Bertuch, Friedr. Justin, Schriftsteller und Buchhändler, geb. 30. Sept. 1747 zu Weimar, studierte seit 1765 zu Jena Theologie, dann die Rechte und wurde 1769 Erzieher der Söhne des auch als Dichter bekannten Freiherrn L. H. Bachoff von Echt auf Dobitschen bei Altenburg, der ihn für das Studium der span. und portug. Litteratur gewann. 1772 erschienen B.s «Wiegenliederchen» (anonym, Altenb.), denen das Trauerspiel «Elfriede» (Weim. 1775), das Monodrama «Polyxena» (Gotha 1775) u. a. folgten. Seit 1773 in Weimar ansässig, half er Wieland bei der Leitung des «Mercur», wurde 1775 weimar. Kabinettssekretär, 1776 herzogl. Rat und 1785 Legationsrat. Er starb 3. April 1822. Außer andern Übertragungen aus dem Französischen und Spanischen veröffentlichte B. eine Bearbeitung von Cervantes’ «Don Quixote» mit der Fortsetzung von Avellaneda (6 Bde., Lpz. 1775‒76) und gab mit Seckendorf und Zanthier das «Magazin der span. und portug. Litteratur» (3 Bde., Dessau 1780‒83) heraus. Mit Wieland und Schütz entwarf er den Plan zur «Jenaischen allgemeinen Litteraturzeitung», die 1785 ins Leben trat und für Deutschlands litterar. Entwicklung von großer Bedeutung wurde. 1786 gründete B. mit Kraus das «Journal des Luxus und der Moden», das erste deutsche Modenblatt, das bis 1827 erschien und für die Geschichte der Sitte und Kultur im Zeitalter der Revolution und Napoleons Beachtung verdient; 1790 die «Blaue Bibliothek aller Nationen» (12 Bde., Gotha 1790‒1800) und das seinerzeit in vielen tausend Exemplaren verbreitete «Bilderbuch für Kinder» (190 Hefte, Weim. 1790‒1822). Zu Herstellung und Vertrieb dieser Unternehmungen begründete B. 1791 das «Landesindustriecomptoir», das mit seinen Zweiganstalten ein Mittelpunkt für Schriftsteller und Künstler wurde. In dem «Geographischen Institut» erschienen u. a. die «Geogr. Ephemeriden», die B. mit von Zach, dann mit Gaspari, Ehrmann u. a. (1798‒1824) herausgab. Das auf B.s Nachlaß beruhende Bertuch-Froriepsche (Familien-) Archiv zu Weimar ist reich an wertvollen Briefen, die meist L. Geiger 1881‒84 in Zeitschriften veröffentlichte.

Berufen, s. Beschreien.

Berufkraut, s. Erigeron.

Berufsgenossenschaft, im weitern Sinne eine jede Vereinigung von Personen, die demselben Berufe oder derselben Gruppe von Berufen angehören, behufs Förderung wesentlicher, mit dem Berufe zusammenhängender Interessen. So die Gilden, Innungen und Zünfte, die Knappschaften, die Gewerkvereine, die freien Unternehmerverbände, die Vereine von Ärzten, Rechtsanwälten, Lehrern, Künstlern, Schriftstellern u. s. w. zum Schutz ihrer Rechte, zur Wahrung der Berufsehre und Wohlfahrt. Solche freiwillige Berufsvereine haben sich besonders in neuester Zeit außerordentlich zahlreich in allen Kulturländern, am meisten in England und Deutschland, gebildet und eine immer wachsende Bedeutung erlangt; sie erwiesen sich als notwendig für die Ergänzung des Individualismus, der den wirtschaftlichen Bestrebungen und den socialen Aufgaben der Neuzeit für sich allein nicht gewachsen ist.

B. im engern technischen Sinne sind die im Deutschen Reiche auf Grund der Unfallversicherungsgesetze als Träger der Unfallversicherung neu geschaffenen korporativen Verbände der Unternehmer eines Zweigs oder mehrerer verwandter Berufszweige (s. Arbeiterversicherung). Sie sind den alten Knappschaften des Bergbaues nachgebildet, jedoch mit sehr erheblichen Abweichungen der Organi- ^[folgende Seite]