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Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

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Betriebsmittel (der Eisenbahnen)

oder Papiermasse gebildet. Die aus einem Stück hergestellten Scheibenräder (s. Fig. 6) sind entweder aus Stahlguß oder aus Hartguß (in der Schale oder Coquille gegossen, um eine harte Lauffläche zu erhalten). Eine Abart bilden die schmiedeeisernen Scheibenräder mit aufgeschweißten Radreifen. Wegen der beim Bremsen der aus einem Stück hergestellten Räder durch Erhitzung entstehenden Gefahr des Zerspringens ist die Anbringung von Bremsen bei solchen Rädern auf den meisten europ. Eisenbahnen verboten. Die Räder erhalten, um das Gleiten in Krümmungen zu hindern, eine etwas geneigte (kegelförmige) Lauffläche, die nach der Innenseite sich zu dem Spurkranz erweitert, der zur Führung der Achsen auf die Schienen dient. Die Achsen werden jetzt nur aus Gußstahl angefertigt und haben von der Tragfähigkeit des Wagens abhängige Abmessungen; häufig vorkommende Maße sind: Durchmesser in der Mitte 12 cm, in der Nabe des Rades 13 cm und in den von den Achsbüchsen umschlossenen Schenkeln 9,5 cm. Die Räder werden auf die Achsen geschoben und mittels hydraulischer Pressen unter Anwendung eines Druckes bis 250 000 kg an die richtige Stelle gebracht. Hinsichtlich der Zahl der Achsen unterscheidet man zwei-, drei- und mehrachsige Wagen. Bei letztern, welche besonders auf amerik. Eisenbahnen Verwendung finden, liegen je zwei oder drei Achsen in einem besondern Gestell an den beiden Enden des Wagens. Das Gestell ist drehbar, um den leichten Durchgang der Wagen durch die Krümmungen der Bahn zu sichern. Zu gleichem Zweck werden neuerdings bei zwei- und dreiachsigen Wagen sog.Lenkachsen angewendet, welche sich beim Durchfahren der Krümmungen radial einstellen. Seit einiger Zeit werden auch in Deutschland vierachsige Wagen (für den Personen- und Postverkehr) gebaut. An den Kopfschwellen befinden sich elastische Vorrichtungen, Puffer (H in Fig. 1), um die Stöße beim Anschieben der Wagen abzuschwächen. In die an der Kopfschwelle angebrachte Pufferhülse b (Fig. 7) schiebt sich die Pufferstange a der Stoßplatte i, wenn ein Stoß erfolgt, und drückt durch den Ansatz c der Pufferstange die Spiralfeder e zusammen. Früher wurden anstatt Spiralfedern Kautschukringe angewendet; da dieselben indes sehr leicht beschädigt wurden und teuer waren, kommen jetzt nur noch Puffer mit Spiralfedern zur Verwendung. Auf den europ. normalspurigen Bahnen sind die Wagen mit zwei Puffern versehen, das Einpuffersystem kommt nur bei schmalspurigen Bahnen vor; in Amerika dagegen ist das Einpuffersystem verbreitet. Unter dem Untergestell des Wagens befindet sich die ebenfalls elastisch angeordnete Zugstange KL und LK (Fig. 1), die an den Kopfschwellen in Zughaken endigt. Die Verbindung der letztern erfolgt nicht durch Ketten, sondern durch Schraubenkuppelungen, die ein allmähliches Zusammenziehen der Wagen gestatten. Vielfach sind auch noch sog. Sicherheitskuppelungen (Ketten) bei M (Fig. 1) angebracht, die nach Zerstörung der Hauptkuppelung in Thätigkeit treten. Um die gefährliche Kuppelung der Stangen durch Menschenhände zu vermeiden, sind besonders in Amerika, begünstigt durch das daselbst bestehende Einpuffersystem, selbstthätige Wagenkuppelungen zur Anwendung gekommen. Von 180 873 Güterwagen auf den Eisenbahnen des Staates Neuyork sollen in Gemäßheit eines Gesetzes vom J. 1884, das eine derartige Einrichtung bei allen neugebauten oder ausgebesserten alten Wagen verordnet, bereits 35 473 mit selbstthätigen Kuppelungen versehen sein. Ein ferneres Gesetz vom J. 1885 ordnet die Einführung selbstthätiger Kuppelungen bei allen Eisenbahnwagen bis zum 1. Jan. 1892 an. An den Gestellen der Eisenbahnfahrzeuge sind endlich noch die Bremsen angebracht (s. Eisenbahnbremsen). Nach ihrer Bestimmung zerfallen die Eisenbahnwagen in Personen-, Post-, Gepäck- und Güterwagen.

^[Fig. 5.]

^[Fig. 6.]

^[Fig. 7.]

Bei den Personenwagen unterscheidet man das Coupé-System mit drei bis sechs von der Seite zugänglichen Abteilungen und das besonders bei den amerik. Bahnen angewandte Interkommunikationssystem mit einem in der Mitte befindlichen Gange, an dessen beiden Seiten die Sitzplätze angebracht sind und zu welchem von der Vorder- und Hinterseite des Wagens aus Thüren führen. Eine neue Art Personenwagen mit Coupé-Abteilung und Interkommunikation durch einen Seitengang wurde von Heusinger von Waldegg konstruiert. (S. auch Korridorzug.) Die Personenwagen der beiden ersten Klassen sind fast durchgängig mit gepolsterten Sitzen und Seitenwänden versehen, wobei erstere beim Schlafen gewöhnlich noch ausgezogen werden können. Die Personenwagen