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Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

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Biene (Insekt)

Anmerkung: Fortsetzung des Artikels 'Biene'

Alle B. entwickeln sich aus Eiern, die unter normalen Verhältnissen von der Königin gelegt werden. Nachdem das Ei 3 Tage gelegt ist, kommt die Larve heraus. Der Larvenzustand dauert für Königinnen 5½ Tage, für Drohnen und Arbeitsbienen 6 Tage. Während dieser Zeit werden die Larven von den Arbeitsbienen so reichlich gefüttert, daß sie im Futterbrei förmlich schwimmen. Am ersten Tage liegt die Larve am Boden der Zelle, dann hebt sie sich, wie sie wächst, allmählich und füllt schließlich die ganze Zelle aus, so daß der Kopf sich in der Zellenöffnung befindet. Jetzt wird die Zelle verdeckelt, die Larve spinnt sich gleich den übrigen Insektenlarven ein und heißt eine Nymphe. Je nachdem aus der Nymphe sich eine Königin, eine Arbeitsbiene oder eine Drohne entwickeln soll, dauert dieser Zustand 8½, 11–12 oder 15 Tage. Fehlt es dem Volk während der Brutentwicklung an der nötigen Wärme, dann können einige Tage mehr in Anspruch genommen werden, und umgekehrt können Arbeitsbienen und Königin unter besonders günstigen Verhältnissen die Brutzelten einen Tag früher verlassen. Die junge B. zerfrißt nach vollendeter Entwicklung den Zellendeckel von innen und schlüpft aus. Jede Arbeiterlarve kann, solange sie sich in der offenen Zelle befindet, nach dem Willen der B. zu einer Königin erzogen werden, und zwar durch Erweiterung der gewöhnlichen Brutzelle und durch Darreichung reichlichern und bessern Futters. Die in der Larve und nachher in der verpuppten Nymphe befindlichen weiblichen Organe werden dadurch vollkommen entwickelt, während sie bei der zu Arbeitsbienen sich entwickelnden Brut verkrüppeln, wohingegen bei diesen wieder andere Organe sich kräftiger entwickeln als bei den Königinnen. Solche aus Arbeiterlarven erbrütete Königinnen entstehen nur, wenn das Volk seine Königin verloren hat in einer Zeit, wo gewöhnliche Königinnenlarven nicht vorhanden waren, also im Notfall.

Wenn die Königin die Zelle verläßt, ist sie in der Regel vollkommen entwickelt und sie bedarf nur noch der Befruchtung, um in ihrem Volke die ihr zukommende Funktion zu übernehmen. Sind im Stock Drohnen vorhanden und ist die Witterung günstig, dann vollzieht sich die Befruchtung gewöhnlich im Laufe der ersten 3 Tage, und zwar in der Luft: die Königin macht, umschwärmt von Drohnen, ihren Hochzeitsflug, in der Regel zwischen 11 und 3 Uhr bei sonnigem Wetter und einer Luftwärme von 15 bis 20°. Ist die Begattung vollzogen, dann kehrt die Königin in den Stock zurück und verläßt denselben in ihrem Leben nur dann wieder, wenn sie mit einem Schwarme abzieht. Drei Tage nach der Befruchtung beginnt das Eierlegen. Nur dies einzige Mal wird die Königin befruchtet, später nicht wieder; der bei der Begattung empfangene männliche Same geht nicht wie bei größern Tieren in den Eierstock (s. Fig. 13 c c), sondern in eine besondere Samentasche (b), deren Ausführungsgang das Ei beim Passieren durch die Eileiter oder Trompeten (d d) berührt. Die Königin hat es nun in ihrer Macht, bei Durchgang der Eier durch den Eileiter die Samentasche zu öffnen oder nicht: öffnet sie dieselbe, dann dringt etwas von dem in der Tasche befindlichen Samen in das nach hinten zu noch offene Ei, dasselbe wird befruchtet und es entwickelt sich aus demselben eine Königin oder eine Arbeitsbiene; öffnet sich die Tasche nicht, so bleibt das Ei unbefruchtet und es entwickelt sich daraus eine männliche B., eine Drohne. Die Fruchtbarkeit ↔ der Königin währt in der Regel 3 bis 4 Jahre; ist der Samenvorrat erschöpft, dann wird sie drohnenbrütig und muß vom Bienenzüchter durch eine neue ersetzt werden.

Sobald im Stock das Brutgeschäft begonnen hat, mehrt sich die Volkszahl; wird diese so groß, daß der Platz im Stock nicht mehr ausreicht, dann entstehen im Volk die Schwärmgedanken: es werden Drohnenzellen gebaut und mit Eiern besetzt und bald darauf an den Wabenrändern oder in den Vertiefungen der Waben Weiselzellen (Fig. 5). Die Königin legt in die angefangene Weiselzelle ein Ei; mit dem Wachsen der Larve wird die Zelle weiter ausgebaut, und nach Ablauf von 17 bis 18 Tagen schlüpft die junge Königin aus. Bevor die erste junge Königin auskriecht, schwärmt das Volk, d. h. die alte Königin zieht mit einem Teile der im Stock vorhandenen B. aus, um eine neue Kolonie zu gründen. Das ist der Vorschwarm. Die junge Königin bleibt im Mutterstock, indes nur so lange, bis eine zweite junge Königin erbrütet ist; dann zieht auch sie ab mit dem Nachschwarm, da im Stock stets nur eine Königin geduldet wird. Bei günstigen Witterungsverhältnissen geht der Nachschwarm gewöhnlich am neunten Tage nach dem Vorschwarm ab. Es geschieht häufig, daß ein schwärmlustiges Volk in Zwischenräumen von einigen Tagen mehrere Nachschwärme abgiebt.

Bevor ein Schwarm abzieht, werden Arbeitsbienen ausgesandt, um eine neue Wohnung zu suchen; diese heißen Spurbienen; sie sind es, die beim Ausschwärmen dem jungen Volke den Weg zeigen, nicht die Königin. In der Regel legt der Schwarm sich an einen Baumzweig oder Busch an und bildet hier eine hängende Traube; der Bienenzüchter muß ihn dann einfangen und in eine für ihn bestimmte Wohnung bringen. Sagt dem jungen Volk die Wohnung zu, dann wird sie sofort gereinigt und schon in der ersten Nacht mit dem Wabenbau begonnen. Um hierfür das nötige Material und für den Fall, daß am folgenden Tage schlechtes Wetter eintritt, Nahrung zu haben, nehmen die als Schwarm aus dem Mutterstock abziehenden B. ein Quantum Honig in sich auf. Das Wachs erzeugen die B. durch die Verdauung von Honig. Wie die Säugetiere und Vögel bei reichlicher Nahrung Fett und Talg erzeugen, so produzieren die B. aus einem Überschuß von Nahrung einen Saft, den sie an den Bauchringen in Form von Blättchen ausschwitzen, das ist das Wachs; mittels der Freßwerkzeuge wird dasselbe von den Arbeitsbienen in Waben umgewandelt und so der kunstvolle Bau hergestellt. Nach angestellten Beobachtungen konsumieren die B., um 1 Pfd. Wachs zu erzeugen, mindestens 12 Pfd. Honig. Der Wabenbau beginnt von oben; jede Wabe hat eine Dicke von etwa 23 mm und der Raum zwischen je zwei Waben ist gleich der Zellenlänge, also genau 11 ½ mm. Die obern, zur Aufnahme von Honig bestimmten Zellen stehen ein wenig aufwärts, die untern wagerecht und sind für die Brut bestimmt; schon bevor sie voll ausgebaut sind, werden die Eier hineingelegt. Da ein Schwarm in den ersten 3 Tagen mit der Brut gar nichts und darauf nur wenig zu thun hat, schreitet der Wachsbau sehr rasch vorwärts. In den Bienenwohnungen mit beweglichem Bau, d. h. mit Rähmchen, die je eine Wabe aufnehmen und nach Belieben des Bienenzüchters herausgenommen und wieder eingestellt werden können, kommt man neuerdings den

Anmerkung: Fortgesetzt auf Seite 986.