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Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

Schlagworte auf dieser Seite: Boers; Boethius

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Boers – Boethius

Anmerkung: Fortsetzung des Artikels 'Boerhaave'

ander. Der Botanik hat B. durch mehrere Schriften wesentliche Dienste geleistet. Er wurde 1714 Rektor der Universität; bei Niederlegung seines Amtes hielt er die Rede «De comparando certo in physicis», die zu seinen vorzüglichsten Reden gehört. Hierauf wurde ihm Ende 1714 an Bidloos Stelle auch der praktische Unterricht übertragen. Um die theoretische Anweisung mit der praktischen zu verbinden, ließ er ein Hospital eröffnen, wo er zweimal wöchentlich, die Krankheiten vor Augen, deren Geschichte seinen Schülern vortrug, ohne etwas anderm als allein der Beobachtung zu folgen. 1718 erhielt B. auch noch den Lehrstuhl der Chemie, welche Wissenschaft er schon seit 1703 gelehrt hatte. Seine «Elementa chemiae» (2 Bde., Par. 1724 u.ö.) sind vielleicht sein vorzüglichstes Werk. Ein Anfall des Podagras, von einem Schlagflusse begleitet, zwang ihn 1729 das Lehramt der Botanik und Chemie aufzugeben. Er verwaltete 1730 das Rektorat zum zweitenmal und hielt bei dessen Niederlegung die Rede «De honore medici, servitute», vielleicht die beste unter allen seinen Reden, worin er den Arzt als Diener der Natur darstellte, deren Bewegungen er zu erwecken und zu leiten habe. Er hielt zuerst in den Niederlanden Vorträge über Augenheilkunde («Praelectiones de morbis oculorum», hg. von Haller, Gött. 1750; deutsch, Nürnb. 1771). B. starb 23.Sept. 1738. Seine besten Schüler waren A. von Haller und van Swieten. Die Stadt Leiden ließ ihm in der Peterskirche ein Denkmal errichten, auf dem sich sein Lieblingsspruch befindet: «Simplex sigillum veri.» – Vgl. Burton, Account of the life and writings of B. (2 Bde., Lond. 1743); Johnson, Life of H. B. (ebd. 1834; holländisch, Amsterd. 1837); Kesteloot, Lofrede op H. B. (Leid. 1825).

Boers (holländ., spr. buhrs, d. i. Bauern), Buren, die Bevölkerung Südafrikas von holländ. Abkunft in der Kapkolonie, im Oranje-Freistaat und in Transvaal (Südafrikanische Republik). Die ersten B. waren 1652 von Java aus nach der Südspitze Afrikas ausgewandert. Fern von dem großen Weltverkehr, kaum berührt von der spärlichen Einwanderung der Hugenotten 1687, konnten die B. ihre heimatliche Sprache, ihre Eigenart fest bewahren und eine staunenerregende Widerstandskraft gegen die Einflüsse gewinnen, welche seit 1795 die Engländer geltend machten. Der Boer ist Großgrundbesitzer; er läßt alle Feldarbeiten durch die verächtlich und streng behandelten Farbigen verrichten. Er verlangt für seine ungeheuern Herden von Rindvieh und Schafen weit ausgedehnte Ländereien; deshalb verlassen die Söhne kinderreicher Familien das elterliche Haus, um in der Ferne ein neues, Raum gewährendes Heim zu gründen. Der Boer kennt keine Bequemlichkeit, keinen Luxus, auch keine Gefahr; er ist sittlich fest und streng religiös. In ganz Südafrika giebt es keine bessern Reiter und sicherern Schützen als die B. Daß in den B. auch eine staatenbildende Kraft und das Talent für polit. Thätigkeit steckt, das haben sie in der Gründung und Entwicklung der beiden südafrik. Republiken bewiesen. Durch die civilisatorische Einwirkung der Engländer traten allmählich Verschiedenheiten in der Lebensweise und auch in dem Charakter der in getrennten Staatswesen lebenden B. ein. Weniger Starrheit, mehr persönliche Unterordnung unter die unbequemen Forderungen größerer polit. Gebilde zeigen die B. der Kapkolonie; einem hohen Grade von Bildung und Wohlhabenheit begegnet ↔ man im Oranje-Freistaate. Am herbsten, ja oft auch am verstocktesten zeigt sich der Boer in Transvaal gegenüber den gesteigerten Bedürfnissen und Anforderungen der eingewanderten europ. Bevölkerung. Dem Boer fehlt industrielles Geschick und industrieller Unternehmungsgeist. Sehr charakteristisch erscheint, daß das Volk sowohl nördlich wie auch südlich vom Vaalfluß gegen die Erbauung von Eisenbahnen in ihren vorzüglich hierzu geeigneten Ländern sich so lange als möglich gesträubt hat. Erst die Mißgunst gegen Natal und der endlich erkannte eigene Vorteil drängten seit der Entdeckung der Goldfelder Transvaal dazu, den Bau einer Eisenbahn von Pretoria nach der Delagoabai energisch in die Hand zu nehmen und die Fortführung der Bahn von Bloemfontein über den Vaalfluß zu genehmigen. Die Bahn wurde 1. Jan. 1893 bis nach Pretoria vollendet, und somit stehen jetzt Transvaal und der Oranje-Freistaat durch einen Schienenstrang in Verbindung mit der Kapstadt und Port Elizabeth. Über die geschichtliche Entwicklung der Boers-Staaten s. Natal, Südafrikanische Republik und Oranje-Freistaat. – Vgl. Theal, History of the B.; wanderings and wars from their leaving the Cape Colony to the acknowledgment of their independence (Lond. 1887); Klössel, Die südafrik. Republiken. Buren-Freistaaten. Geschichte und Land der Buren für Deutschlands Export und Auswanderung u.s.w. (Lpz. 1888).

Boëthĭus (richtiger als Boetius), Anicius Manlius Torquatus Severinus, röm. Staatsmann und Philosoph neuplatonischer Richtung, geb. um 470 zu Rom, wo die Familie der Anicier in hohem Ansehen stand. Er gewann das Vertrauen des Königs der Ostgoten Theodorich und wurde schon früh zu den höchsten Ehrenstellen erhoben, aber schließlich verräterischen Einverständnisses mit dem Hofe zu Konstantinopel angeklagt, zum Tode verurteilt, zu Pavia ins Gefängnis geworfen und 525 hingerichtet. B. übersetzte, bearbeitete und kommentierte namentlich die logischen Schriften des Aristoteles (hg. von Meiser, 2 Bde., Lpz. 1877 u. 1880); ferner übersetzte und bearbeitete er mathem. Werke des Nikomachus, Euklides, Archimedes und Ptolemäus. Durch diese Arbeiten gewann er großen Einfluß auf die ersten Jahrhunderte des Mittelalters als Vermittler griech. Philosophie. Am berühmtesten aber wurde sein während seiner langen Gefangenschaft verfaßtes Werk in 5 Büchern: «De consolatione philosophiae» (zuerst gedruckt Nürnb. 1473; neue Ausg. von Peiper, Lpz. 1871), worin er mit der Philosophie sich unterhält, die ihn über das Wandelbare des menschlichen Glücks und über die einzig wahre und bleibende Glückseligkeit, die in der Tugend zu finden ist, belehrt. Die Schrift ist in einer den besten Mustern der klassischen Vorzeit glücklich nachgebildeten reinen Sprache verfaßt, und die darin häufig vorkommenden poet. Stücke zeichnen sich durch natürlichen Fluß und metrische Genauigkeit aus. Vom Christentum findet man in seinen philos. Schriften kaum eine Spur; jedenfalls unverdienterweise ist er zu einem Märtyrer gemacht worden, der unter den arianischen Goten wegen seines kath. Glaubens den Tod erlitten habe. – Vgl. Suttner, B., der letzte Römer (Eichst. 1852); Nitzsch, Das System des B. und die ihm zugeschriebenen theol. Schriften (Berl. 1860); G. Baur, B. und Dante (Lpz. 1874): A. Hildebrand, B. und seine Stellung zum Christentums (Regensb. 1885).