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Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

Schlagworte auf dieser Seite: Böhmen

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Böhmen (Oberflächengestaltung)

-81) herausgab, fand er viele Verehrer. Es bildete sich hier eine Böhmistische Sekte, und schon 1697 stiftete Johann Leade eine Gesellschaft unter dem Namen der "Philadelphisten" zur Erklärung seiner Schriften. Der engl. Arzt John Pordage hat sich als Erläuterer B.s berühmt gemacht. Ferner nahm der württemb. Theolog Oetinger B.s Ideen auf, sowie auch der geistvolle franz. Mystiker Louis Claude de Saint-Martin. Unter den Neuern machte besonders Friedr. Schlegel auf die philos. Tiefe seiner Gedanken aufmerksam; Schelling eignete sich in seinem spätern System vieles aus ihnen an; Hegel, der sich oft auf B. in Beziehung auf verwandte Begriffe berief, datierte von ihm den Anfang der neuern Philosophie. Den größten Fleiß auf seine Erklärung aber verwandte Franz von Baader (s. d.). Eine Darstellung der Theosophie B.s von seiten ihrer metaphys. Grundprincipien gab L. Feuerbach in seiner "Geschichte der neuern Philosophie" (Ansb. 1833), von seiten ihres specifisch christl. Charakters Hamberger, "Die Lehre des deutschen Philosophen Jakob B." (Münch. 1844). Beide Gesichtspunkte vereinigend, bezeichnete Carriere in seiner "Philos. Weltanschauung der Reformationszeit in ihren Beziehungen zur Gegenwart" (Stuttg. 1847) Jakob B. und Giordano Bruno als die beiden Höhenpunkte des philos. Bewußtseins im Reformationszeitalter. - Vgl. Fechner, Jakob B. Sein Leben und seine Schriften (Görlitz 1857); Peip, Jakob B., der deutsche Philosoph (Lpz. 1860); Harleß, Jakob B. und die Alchimisten (2. Aufl., ebd. 1882); Martensen, Jakob B. Theosophische Studien (autorisierte deutsche Ausgabe von Michelsen, ebd. 1882).

Böhmen (hierzu Karte: Böhmen, Mähren und Österreichisch-Schlesien; vgl. für den nordöstl. Teil die Karte: Preußische Provinz Schlesien; für den nordwestl. Teil: Königreich Sachsen, Preußische Provinz Sachsen [südl. Teil] und Thüringische Staaten), czech. Čechy, lat. Bohemia, d. i. Land der Bojer, sonst Böheim, früher ein selbständiges Königreich, jetzt ein zum cisleithanischen Teile der Österreichisch-Ungarischen Monarchie gehöriges Kronland, zwischen 48° 34' bis 51° 3½‘ nördl. Br. und 12° 7' bis 16° 50' östlich von Greenwich, enthält den nördlichsten Punkt der ganzen Monarchie. Es hat von W. nach O. eine Länge von 330 km, von N. nach S. von 277 km. In den Umrissen eines 51 948,18 qkm großen, verschobenen Vierecks grenzt es im NW. an das Königreich Sachsen, im NO. an die preuß. Provinz Schlesien, im SO. an die Markgrafschaft Mähren und das Erzherzogtum Nieder-Österreich, im S. an das Erzherzogtum Ober-Österreich und im SW. an Bayern.

Oberflächengestaltung. Allerdings treffen die polit. Grenzen auch auf den drei nichtösterr. Seiten mit den natürlichen Grenzwällen des Böhmerwaldes, Fichtel- und Erzgebirges und den Gliedern des sudetischen Bergsystems fast überall zusammen; doch ist deshalb B. nicht als ein von allen Seiten geschlossenes und in der Mitte eingesenktes Kesselland anzusehen, sondern es schließt sich durch das Fichtelgebirge (s. d.) an die mitteldeutschen Terrassenlandschaften an, deren vertikale Entwicklungsart es teilt. Mit Mähren ist es so innig verwachsen, daß man in dem Raume zwischen der Eger, Elbe und Donau einerseits und March und Raab andererseits ein gemeinsames böhmisch-mährisches, hochummauertes, welliges Terrassenland verfolgen kann, dessen Treppenabsteigung von SW. nach NO. nur durch wenige kleine Binnensenken gestört wird. Durch sehr geringe Quellgebiete (3184 qkm, d. i. 6,8 Proz. des Landes) im SO. und NO. haben Donau und Oder Anteil am böhm. Boden, der fast ganz dem Elbgebiet (48 772 qkm) zufällt, und zwar durch die Elbe selbst in ihrem obern Laufe bis zum Durchbruche der merkwürdigen Felsgebilde des Elbsandsteingebirges und durch den bei Melnik mündenden echt böhm. Fluß, die Moldau (Gebiet 28 135 qkm). Die Elbe, welche bei Melnik schiffbar wird, nimmt auf: rechts die Cidlina, Iser und den Polzen; links Aupa, Mettau, Adler, Laucha (Loučna), Chrudimka, Doubrawa, Moldau, Eger und Biela. Der Moldau fließen zu: rechts Malisch, Luschnitz und Sazawa, links Wotawa und Beraun. Für das eigentliche böhm. Terrassenland treten gliedernd auf die Elbe und Eger, die Sazawa und Beraun, die tiefe Meridianfurche der Moldau und der diese nördlich fortsetzenden Elbe. Die kleinen, rings umschlossenen Tiefebenen sind folgende: Im Norden das Teplitz-Komotauer Becken, die Laun-Saazer Ebene an der Eger, 120-150 m hoch, die ebenso hohe Theresienstädter, an der Egermündung gelegene Ebene, östlich davon an der Moldaumündung die Melniker Ebene, an diese anschließend die Nimburger und die Pardubitzer Ebene, d. i. der südwestlich von Königgrätz eingesenkte Elbkessel, der von Teichen zerrissen und 190-200 m hoch ist. In der Mitte bei Pilsen das Sammelbecken der Beraun, etwa 300 m hoch. Im Süden breitet sich, von Teichgruppen erfüllt, aber bis zu etwa 400 m erhoben, die Budweis-Wittingauer Tiefplatte weiter aus. Dieselbe Überhöhung behaupten auch die den genannten Ebenen südwärts anliegenden Stufen, unter einer zweiten allgemeinen Neigung nach Osten hin, sodaß das böhm. Bergland westlich der Moldau den östl. Abschnitt immer um fast 100 m an Höhe überragt. Die nördliche böhm. Terrasse erhebt sich in schroffen Rändern und einzelnen scharf markierten Vorsprüngen, wie z. B. dem Engelhäuser Berg (645 m), Purberg (562 m) und Georgenberg (455 m), zur Mittelhöhe von 310 bis 380 m. Die mittlere Stufe steigt zu 450-500 m und ragt am Brdýwald 853 m und am Třemschin-(Třemšin-)berg 822 m empor. Die südl. Terrasse schließt sich bei 570-630 m hohen Nordrändern an den Böhmer- und Greinerwald (höchste Spitze: Kubany, 1358 m). Die natürliche Grenze B.s gegen Westen bildet der Böhmerwald (s. d.), der durch das Plateau von Waldsassen mit dem Fichtelgebirge in Verbindung steht. Die Bodenform des nördlichen B., am rechten Elb-, Adler- und linken Egerufer, wird durch das sächs. und sudetische Bergland bedingt. Östlich und nordöstlich des Elbkessels, im Gebiete der linken Zuflüsse der obern Elbe, übersteigt man kurze Absätze ziemlich scharfgezeichneter Bergformen, um zu den Sudeten (s. d.) und zwar entweder zu den Vor- und Hochketten des Glatzer Gebirgslandes, besonders zu den Böhmischen und Habelschwerdter Kämmen oder Adlergebirge (Hohe Mense, 1085 m), Heuschmergebirge (920 m), Politzer Felsen und Adersbacher Sandsteinklippen, oder zu den steilen Kämmen des Riesengebirges (s. d., Schneekoppe, 1605 m) zu gelangen. Im N. und in dem Gebiete der rechten Elbzuflüsse aber führen breitere Plateaumassen, wie das Gitschiner und das Daubaer Plateau, zu den Ketten des Isergebirges (Tafelfichte, 1124 m) und den Massen des Lausitzer Gebirges (Jeschkenberg, 1013 m). Diesem liegen südwestlich