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Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

Schlagworte auf dieser Seite: Borghese

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Borghese

walde und Greifswald Forstwissenschaft, praktizierte darauf in fast sämtlichen Provinzen Preußens und wurde Chef der fürstl. Hohenloheschen Forstverwaltung zu Koschentin in Schlesien, 1866 Docent und Bibliothekar an der landwirtschaftlichen Akademie Poppelsdorf, 1868 an die neubegründete Forstakademie Münden berufen. Hier wurde er 1871 zum ord. Professor der Botanik und Zoologie ernannt, trat 1872 in die Verwaltung zurück, war 2 Jahre Oberförster zu Zöckeritz in der Provinz Sachsen, dann 4½ Jahre nochmals Docent der Forstwissenschaft zu Poppelsdorf. Im Herbst 1879 wurde er zum Wirkl. Oberforstmeister und Direktor der Forstakademie Münden ernannt, verließ diese Stellung im Herbst 1891, um als Oberforstmeister zu Wiesbaden in die Verwaltung zurückzutreten. Er schrieb: "Die Vogelfauna von Norddeutschland" (Berl. 1869), "Bericht über die XIX. Versammlung der deutschen Ornithologen-Gesellschaft zu Cassel" (Cass. 1872), "Heide und Wald" (Berl. 1875; 2. Aufl. 1879), "Die Vogelschutzfrage" (Lpz. 1878; 2. Aufl. 1888), "Die Forstreinertragslehre" (Bonn 1878), "Die gesetzliche Regelung der Feld- und Forstpolizei" (Lpz. 1880), "Die Holzzucht" (2. Aufl., Berl. 1891), "Die Forstabschätzung" (ebd. 1888), "Die Verbreitung und wirtschaftliche Bedeutung der wichtigern Waldbaumarten in Deutschland" (Stuttg. 1888) und gab Hartigs "Lehrbuch für Förster" (Berl. 1871; 2. Aufl. 1875) heraus. 1877 übernahm er mit Oberforstmeister Grunert die Redaktion der "Forstlichen Blätter", welche er seit Grunerts Tod (1889) allein leitet.

Borghese, röm. Adelsfamilie, aus Siena stammend, gelangte besonders durch Camillo B., der 1605 als Paul V. den päpstl. Stuhl bestieg, zu Ansehen und Reichtum. Die heute noch blühenden B. stammen ab von Pauls V. Bruder Francesco. Der Sohn eines andern Bruders des Papstes, Marco Antonio, erhielt von letzterm 1605 das Fürstentum Sulmona und starb als span. Grande 1658. - Hervorzuheben sind ferner:

Scipione B., Schwestersohn Pauls V., welchem dieser die Erbschaft der Cenci (s. d.) zuwies; er ist der Erbauer des Palastes B.

Giovanni B., Sohn des Marco Antonio, gest. 1658, wandte durch Heirat mit Olimpia Aldobrandini einen Teil der großen Güter dieses Geschlechts (Villa Miollis, Belvedere von Frascati u. a.) und den Titel "Fürsten von Rossano" seiner Familie zu. Doch wurde der Prozeß darüber gegen die Pamfili (s. d.) erst 1769 unter seinem Enkel Marco Antonio III. entschieden, dessen Vater Marco Antonio II. wieder durch Heirat mit Flaminia und dann mit Violante Spinola neue Reichtümer an die B. brachte.

Camillo Filippo Ludovico B., Sohn und Erbe des Marco Antonio B. III., Fürst von Sulmona und Rossano, geb. 19. Juli 1775 zu Rom, nahm, als in den Revolutionskriegen die Franzosen in Italien eindrangen, Dienste in ihrem Heere und schloß sich eng an Bonaparte an, dessen zweite Schwester Pauline er 1803 heiratete. Er wurde nun franz. Prinz, 1805 Rittmeister in der kaiserl. Garde, darauf Oberst, später Divisionsgeneral, 1806 Herzog von Piacenza und Guastalla. Nachdem er an dem Feldzuge von 1806 gegen Preußen teilgenommen hatte, erhielt er eine Sendung nach Warschau, um die Polen zum Aufstande zu bestimmen; 1808 wurde er zum Generalgouverneur der transalpinischen, d. i. piemont. Departements ernannt. Nach Napoleons Thronentsagung trennte er sich von seiner Gemahlin und lebte seit 1818 in Florenz, wo er 10. April 1832 starb. - Seine Gemahlin, Marie Pauline, früher Carlotta genannt, Napoleons I. zweite Schwester, geb. 20. Okt. 1780 zu Ajaccio, heiratete 1801 den General Leclerc (s. d.), dem sie auch nach San Domingo folgte und in allen Gefahren mutvoll zur Seite blieb. Nach dessen Tode vermählte sie sich 28. Aug. 1803 mit Fürst B. Sie liebte Napoleon zärtlich, hatte aber eine Abneigung gegen die Kaiserin Marie Luise und mußte, als sie sich einst dieser gegenüber vergaß, den Hof meiden. Von ihrem Gemahl getrennt, lebte sie zu Rom und starb 9. Juni 1825 zu Florenz.

Francesco B., Fürst Aldobrandini, Bruder und Erde von Camillo Filippo Ludovico B., geb. 9. Juni 1776 zu Rom, gest. 29. März 1839, war General in franz. Diensten. Er hinterließ drei Söhne: Marco Antonio, Fürst B., geb. 23. Febr. 1814 zu Paris, gest. 6. Okt. 1886 in Frascati, dem sein ältester Sohn, Fürst Paolo, geb. 13. Sept. 1845, succedierte; Camillo, Fürst Aldobrandini, geb. 16. Nov. 1816, war 10. März bis 3. Mai 1848 päpstl. Kriegsminister; Scipione, Herzog von Salviati, geb. 23. Juni 1823, starb 19. Juni 1892. Der jüngere Bruder des Fürsten Paolo, Giulio, geb. 19. Dez. 1847, nahm infolge seiner Vermählung mit der einzigen Tochter des Fürsten Alessandro Torlonia (s. 0.) den Namen Torlonia an. Der Palast B. (s. unten) gehört dem ersten Zweige der Familie.

Die städtische Wohnung der Familie B. ist der Palast B. (Palazzo B.), einer der prächtigsten in Rom. Er wurde von Martino Lunghi und Flaminio Ponzio Ende des 16. Jahrh. erbaut und heißt seiner Form nach Il Cembalo (die Zimbel). Der Portikus des innern Hofs (s. Tafel: Italienische Kunst VIII, Fig. 1) wird von 96 Granitsäulen getragen. Die Gemäldesammlung behauptete bisher neben der vatikanischen den ersten Rang unter den röm. Galerien, hat aber durch die Ende 1888 erfolgte Entfernung zahlreicher bedeutender Bilder nicht unwesentlich verloren. Sie enthält u. a. an Meisterwerken: Die Grablegung von Raffael; Danae von Correggio; Jagd der Diana, Cumäische Sibylle von Domenichino; Raub der Europa von Arpino; Erziehung Amors durch Venus und die Grazien, Himmlische und irdische Liebe von Tizian; Grablegung, Christus am Kreuz von van Dyck. Zur Befriedigung der Gläubiger des verschuldeten jetzigen Fürsten Paolo B. kamen 1892 die Kunstschätze und das Mobiliar des Palastes B. zur Versteigerung. - Vgl. Lermolieff (G. Morelli), Kunstkritische Studien über ital. Malerei. 1. Bd.: Die Galerien B. und Doria Panfili in Rom (Lpz. 1890). - Die Villa B. vor der Porta del Popolo in Rom, der Sommerpalast des Borghesischen Fürstengeschlechts, vom Kardinal Scipione B. angelegt und später durch die Gärten Giustiniani vergrößert, mit reizenden, etwa 50 qkm umfassenden Anlagen, war ehemals wegen ihrer Kunstschätze berühmt, die sich jetzt großenteils in Paris befinden, u. a. der sog. Borghesische Fechter (s. Agasias). Das Kasino der Villa, 1782 prächtig erneuert, enthält auch gegenwärtig noch eine ansehnliche Sammlung antiker Statuen (z. B. die Statue eines tanzenden Satyrs), einige bedeutende moderne Skulpturen (die Statue der Pauline B., Schwester Napoleons I., von Canova) und Inschriften, auch schöne Fresken von Rossi. Von dem Fürsten Camillo vergrößert, litten die Anlagen sehr bei der Belagerung Roms 1849, sind jedoch jetzt wieder ein beliebter Aufenthaltsort.