Schnellsuche:

Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

Schlagworte auf dieser Seite: Brandstiftungstrieb; Brandt

424

Brandstiftungstrieb - Brandt (Joh. Friedr. von)

Brandstiftungstrieb, Pyromanie, angeblich ein besonderer krankhafter Trieb, mit dem eine ältere unwissenschaftliche Anschauung das häufige Vorkommen von Feueranlegen seitens jugendlicher und meist in der Entwicklung zurückgebliebener Individuen zu erklären suchte, wo oft ein zureichendes Motiv für die verbrecherische Handlung zu fehlen scheint. Mit diesem Triebe ist indes offenbarer Mißbrauch getrieben worden, da es nicht zweifelhaft ist, daß in der Mehrzahl der bekannt gewordenen Fälle Bosheit, Rachsucht, Furcht vor Strafe oder andere egoistische Beweggründe die Hand des Brandstifters geführt haben. Allein nicht immer handelt es sich um unmoralische Subjekte, sondern um Schwachsinnige oder mit Wahnvorstellungen und Sinnestäuschungen behaftete Geisteskranke (Verrückte, Epileptische), die keine klare Vorstellung von der Bedeutung ihrer verbrecherischen That haben und daher mehr oder weniger unzurechnungsfähig erscheinen. Vor allen nimmt eine Art Geisteskranker gewissermaßen, um sich eines quälenden innern Drucks zu entäußern, zu dem Mittel der Brandstiftung oft ihre Zuflucht, nämlich Heimwehkranke. Es sind dies meist entschieden schwermütige, oder noch anderweit (nerven-) kranke, in der Entwicklung zurückgebliebene oder auch gestörte, ungebildete Personen, vorzugsweise dem weiblichen Geschlecht angehörig und in der für den Gemütszustand so einflußreichen Pubertätsperiode stehend, die in ungewohnten Verhältnissen sich schmerzlichem Nachsinnen über ihre Lage hingeben und, nicht selten dann auch noch durch Gehörs-Hallucinationen (z. B. Stimmen von Verwandten) oder Angstzufälle getrieben, wie zu andern Gewaltthaten, so besonders oft zur Brandstiftung als der Nächstliegenden und einfachsten greifen. In diesen Fällen ist der B. nur Teilerscheinung einer noch in andern Symptomen sich kundgebenden Geisteskrankheit. Die Aufstellung als eine besondere Art geistiger Erkrankung (Monomanie, s. d.) ist unbegründet.

Brandt, Enevold, Graf, Günstling Struensees, geb. 1738 zu Kopenhagen, ward 1764 Assessor im Höchstengericht, 1769 Kammerherr, bald Intendant der königl. Schauspiele, endlich Graf und Geheimrat. Trotz seiner geistigen Unbedeutendheit und Roheit zum Gesellschafter des geisteskranken Königs Christian VII. auserlesen, wurde er nach dem Sturze Struensees mit in dessen Prozeß verwickelt und mit ihm 28. April 1772 hingerichtet. (S. Struensee.)

Brandt, Heinr. von, preuß. General der Infanterie, geb. 1789 zu Laki in Westpreußen, studierte seit 1805 die Rechte zu Königsberg, wurde 1807 Fähnrich bei einem der neuformierten provisorischen Bataillone, erhielt aber schon nach dem Frieden von Tilsit, weil seine Heimat dem Großherzogtum Warschau einverleibt worden, den Abschied, trat 1808 als Lieutenant in die Weichsellegion und kämpfte mit Auszeichnung in Spanien. Im Kriege gegen Rußland 1812 wurde B. zum Kapitän-Adjutant-Major befördert. Bei Leipzig schwer verwundet, fiel er in russ. Gefangenschaft und wurde mit Zwangspaß nach seiner Heimat geschickt. Als diese an Preußen fiel, erbat er seinen Abschied und wurde im preuß. 10. Infanterieregiment als Kapitän angestellt, kam dann nach Berlin als Lehrer am Kadettenkorps und an der Allgemeinen Kriegsschule. In den Generalstab versetzt, wurde B. 1831 bei dem an der poln. Grenze unter Gneisenau aufgestellten Beobachtungskorps verwendet, schloß in demselben Jahre zu Straßburg mit dem poln. General Woroniecki die Übereinkunft ab, infolge deren die poln. Armee die preuß. Grenze überschritt und die Waffen niederlegte. 1838 wurde B. Chef des Generalstabs des 2. Armeekorps in Stettin; seit dem Mai 1848 Brigadecommandeur, leitete er 1848 das Gefecht von Xions und wurde im Juli zum Unterstaatssekretär im Kriegsministerium (Pfuel) unter Auerswald ernannt, mit dem er jedoch bald abtrat. 1849 wurde er in die Erste Kammer, 1850 für das Volkshaus in Erfurt gewählt, in demselben Jahre Kommandant von Posen, 1853 Generallieutenant und Divisionscommandeur und nahm 1857 den Abschied als General der Infanterie. Seitdem lebte B. in Berlin, wo er, für die dritte Legislaturperiode zum Abgeordneten erwählt, in allen Fragen mit der Regierung ging. 1862 zum Präses der General-Ordenskommisson ernannt, starb B. 23. Jan. 1868. Erschienen sind von ihm u. a.: "über Spanien mit besonderer Hinsicht auf einen etwanigen Krieg" (Berl. 1823), "über die Wiedereinführung der Dragoner als Doppelkämpfer" (ebd. 1823), "Ansichten über die Kriegführung im Geiste der Zeit" (ebd. 1824), "Handbuch für den ersten Unterricht in der höhern Kriegskunst" (ebd. 1829), "Grundzüge der Taktik der drei Waffen" (ebd. 1833; 3. Aufl. 1859; ins Holländische, Spanische, 1860 ins Japanische übersetzt), "Geschichte des Kriegswesens" (Mittelalter und neuere Zeit) in der "Handbibliothek für Offiziere" (ebd. 1830-35), "Der kleine Krieg" (2. Aufl., ebd. 1850), und aus seinem Nachlaß: "Aphorismen über bevorstehende Veränderungen in der Taktik" (ebd. 1868). Das interessanteste seiner Werke sind die nach seinem Tode herausgegebenen Memoiren "Aus dem Leben des Generals H. von B." (2. Aufl., Berl. 1870).

Brandt, Heinr. Franz, Medailleur, geb. 23. Jan. 1789 in La Chaux-de-Fonds im Schweizer Kanton Neuenburg, kam im 18. Jahre nach Paris zu dem Stempelschneider Droz. In seinem 24. Jahre erwarb er den ersten großen Preis in der Stempelschneidekunst mit einem Theseus, der die Waffen des Vaters auffindet, welche Arbeit noch in der Zeichnung die Manier der Französischen Schule zeigte. Nachdem B. mehrere Jahre in Rom gelebt hatte, kam er 1817 nach Berlin als Medailleur der königl. Münze. Er wurde 1824 Professor und Mitglied der Akademie der Künste in Berlin und starb 9. Mai 1845. Vorzüglich sind die Medaillen auf Luther und Calvin; eine Medaille zur Erinnerung an den Aufschwung des preuß. Postwesens; eine andere zur 150jährigen Gedächtnisfeier der Stiftung der evang. Kirche der franz. Auswanderer in Berlin, u. s. w. Die Berliner Münze verdankt ihm die Einführung eines verbesserten Prägungsverfahrens.

Brandt, Joh. Friedr. von, Zoolog, geb. 25. Mai 1802 zu Jüterbog, studierte seit 1821 in Berlin Medizin und Botanik, wurde dann Assistent am Anatomischen Museum daselbst und habilitierte sich 1828 als Privatdocent an der Berliner Universität, ging aber 1831 nach Petersburg, wo er Professor der Zoologie und vergleichenden Anatomie an der Medico-Chirurgischen Akademie war. Er starb 15. Juli 1879 zu Petersburg. Von seinen Werken sind hervorzuheben: "Flora Berolinensis" (Berl. 1825), "Abbildung und Beschreibung der in Deutschland wild wachsenden und in Gärten im Freien ausdauernden Giftgewächse" (mit Phöbus und Ratzeburg, ebd. 1838), "Mediz. Zoologie" (mit Ratzeburg, 2 Bde., ebd. 1827-34), "Descriptiones et icones animalium rossicorum; Fasc. I. Aves"