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Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

Schlagworte auf dieser Seite: Brustwurzel; Brut; Bruta; Brutal; Brutapparat; Brüten

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Brustwurzel - Brüten

Schützen (Geschützes) in dasselbe einschneidet, oder man schüttet sie an (s. auch Deckungen). Die Seitenflächen der Erdanschüttungen fallen entweder unter den natürlichen Böschungswinkel (s. Böschung) ab, oder sie sind (bei größerer Steilheit) zu bekleiden. An der innern Brustwehrböschung (die meist steiler gehalten wird als die äußere) wird, wenn in Rücksicht auf die Höhe der B. erforderlich, zur Infanterieaufstellung ein Schützenauftritt oder Bankett, zur Aufstellung von Geschützen eine Geschützbank aufgeschüttet, oder es werden für die Geschütze Scharten in die B. eingeschnitten. Über Brustwehren-Kante s. Plongé.

Brustwurzel, s. Angelikawurzel.

Brut, in der Edelsteinkunde rohe, ungeschliffene Edelsteine (s. d.).

Brut ist in der Gärtnerei die Bezeichnung für diejenigen Teile einer Pflanze, welche, von derselben abgelöst, zu deren Vermehrung dienen, indem sie unter geeigneten Verhältnissen neue Individuen bilden, wie z. B. Ausläufer, Wurzelsprossen, auch einzelne Zellen, Knospen, Knollen, Zwiebeln (Brutzwiebeln) u. s. w. (s. Vermehrung der Pflanzen).

In der Zoologie versteht man unter B. (Proles) die junge Nachkommenschaft von Tieren, besonders von solchen, welche Eiern entstammen, wie Vögel, Fische, Amphibien und Insekten.

Bruta nannte Linné die zahnarmen Säugetiere (s. Zahnarme).

Brutal (lat.), roh; brutalisieren, roh behandeln; Brutalität, rohes Wesen, Benehmen, Roheit.

Brutapparat, s. Brüten und Künstliche Brut.

Brutapparat, Holtonscher, s. Fischzucht.

Brüten nennt man die Einwirkung des elterlichen Organismus auf das aus den Geschlechtsorganen ausgestoßene Ei, wovon die Entwicklung desselben zu einem selbständigen Organismus abhängt. Es kommt diese Einwirkung bei den verschiedensten Tieren vor, bei den niedern meist in der Weise, daß die Eier dem Körper der Mutter bis zur vollständigen Entwicklung der Jungen entweder angeheftet bleiben oder sogar in besondern Taschen verwahrt werden. So schleppen die Wolfsspinnen ihre Eier in einem gesponnenen Sacke am Hinterleibe mit sich, während bei vielen Krebsen dieselben an fadenförmigen Fußfortsätzen angeklebt sind. Dann kommen aber bei Quallen, Seeigeln, Seesternen, Holothurien, Ringelwürmern, vielen Krebstieren, bei einigen Fischen, ja selbst bei Kröten (Pipa) und Fröschen (Notodelphys) besondere Taschen vor, in welchen die Eier ihrer Entwicklung harren, oder es werden auch anderweitige Organe, wie z. B. die äußern Kiemenblätter der Flußmuscheln (Unio), zu diesem Zwecke benutzt. Bei einigen Tieren sind es ausnahmsweise die Männchen, die diesem Geschäft vorstehen. So wickelt sich die männliche Geburtshelferkröte (Alytes obstetricans Wagl.) die Eierschnüre um die Beine, und die männlichen Seepferdchen (Hippocampus) haben einen Beutel, die Seenadeln (Syngnathus) Gruben mit Hautfalten außen am Bauche, worin sie die Eier ausbrüten. Bei den niedern Tieren ist der Zweck der Brutpflege teils der Schutz der Nachkommenschaft, oft aber auch die Herbeiführung von Nahrungsstoffen, Luft oder Wasser, in welchem die sich entwickelnden Eier oder Larven atmen. So können sich z. B. die Eier vieler Krebse nur in stark strudelndem Wasser entwickeln, das ihnen durch die beständige Bewegung der mütterlichen Bauchfüße, an welche die Eier geheftet sind, zugeführt wird. Bei den höhern Tieren scheint durch die Brütung namentlich die Erhaltung eines gleichmäßigen höhern Wärmegrades beabsichtigt. Während die meisten Schlangen ihre Eier in Sand oder Mist legen (die Ringelnattern), rollen sich die Riesenschlangen (Python) in einen hohlen Kegel darüber und entwickeln eine höhere Wärme. Die Vögel brüten fast allgemein, und die Brütung ist bei ihnen fast stets mit wichtigen Veränderungen des Organismus verbunden. Es entstehen Kongestionen nach dem Unterleibe und daher erhöhte Temperatur desselben. Zugleich fallen entweder die Federn, welche die schnelle Übertragung der Wärme hindern würden, an gewissen Stellen (Brutflecken) aus, besonders bei den dichtgefiederten Schwimmvögeln, oder der Vogel zieht sie sich selbst aus und verwendet sie zur Ausfütterung des Nestes (z. B. die Eiderente, s. d.). Zugleich entwickelt sich ein so heftiger Affekt, daß das Weibchen, nur auf das B. bedacht, zuweilen selbst Nahrung zu nehmen versäumt, darüber abmagert, oder auch den Eiern freiwillig in die Gefangenschaft folgt. Als Ausdruck dieser Steigerung oder Veränderung ist es auch anzusehen, daß viele Arten Vögel während des B. einen hohen Grad Mut entwickeln, der sich bei schwächern passiv zeigt, indem sie bei der Annäherung von Menschen ruhig auf den Eiern sitzen bleiben, andere aber zur entschlossensten Verteidigung befähigt, obgleich sie sonst zu den furchtsamern und schwächern gehören.

Die bei dem B. der Vögel vorzugsweise einwirkende Kraft ist die Wärme des mütterlichen Körpers. Sie ist darum nicht mit Schärfe in Graden der thermometrischen Skala anzugeben, weil sie sich keineswegs zu allen Zeiten gleich, nicht bei allen Vögelfamilien dieselbe ist, und außerdem der Instinkt den brütenden Vogel dahin leitet, daß er die hohe Temperatur vermindert durch eigene Entfernung auf kurze Zeit, durch Umwenden der Eier, durch Wegschieben der mittelsten nach dem Rande des Nestes u. s. w. Im übrigen entspricht jedesmal die Festigkeit, Dichtigkeit und innere Einrichtung des Nestes dem Grade der Brütewärme, dessen die Eier und Jungen zur gedeihlichen Entwicklung bedürfen. Im allgemeinen beträgt die Brütwärme zwischen 36-41° C., ist in der ersten Periode des B. niedriger oder doch nicht notwendig so hoch wie später, durchschnittlich aber höher bei den entwickeltern Familien, z. B. Raubvögeln, Singvögeln, als bei den weniger sensibeln, den Wasservögeln. Es ist übrigens dafür gesorgt, daß der brütende Vogel, wenigstens im Anfang dieses Geschäfts, die Eier einige Zeit verlassen kann, ohne daß diese hierdurch leiden. Einmal ist Eiweiß an sich ein schlechter Wärmeleiter, und außerdem sind solche Eier, welche vermöge des einfachen Nestbaues oder der Nähe von erkältenden Medien (z. B. die Eier vieler am Wasser brütenden Schwimmvögel) leiden könnten, mit starken, bisweilen außen öligen oder schwammigen Schalen versehen. Die Dauer der Brütung scheint mit der Größe des Vogels und seiner Eier, der Geschlossenheit und Wärme seines Nestes in Verbindung zu stehen; daher brüten kleine Singvögel 11-17 Tage, Pfauen 30-31 Tage, der afrik. Strauß 45-50 Tage. Nicht bei allen Vögeln versieht das Weibchen allein das Brutgeschäft. Bei monogamischen nimmt das Männchen insofern Anteil, als es das Nest beschützt und dem Weibchen Futter zuträgt, oder sich abwechselnd auf die Eier setzt, wie bei Tauben,