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Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

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Buchhandel

Reich ein freies Gewerbe geworden. In einigen andern Staaten ist der Betrieb aller Zweige des B. noch jetzt an eine besondere behördliche Konzession gebunden.

Die höchst eigenartige Vermittelung des buchhändlerischen Verkehrs im Deutschen Reiche, in Österreich und der Schweiz ist in der Weise organisiert, daß jeder Buchhändler (Verleger, Sortimenter und Antiquar) in Leipzig, als dem Centralpunkt des B., einen Vertreter bestellt, den Kommissionär (s. Kommissionsbuchhandel). An diesen gelangen die für den Sortimentsbuchhandel bestimmten Ankündigungen des Verlegers über neue Erscheinungen, durch diesen auch die Büchersendungen sämtlicher Verleger gesammelt an den empfangenden Sortimenter oder Antiquar, durch diesen in der Regel die Remittenden (s. d.) und die Zahlungen (s. Buchhändlermesse) des Sortimenters an den Verleger. Verleger wie Sortimenter und Antiquare haben sämtliche Sendungen aneinander, wenn sie über den Kommissionsplatz Leipzig senden, franco Leipzig zu liefern, sämtliche Zahlungen franco Leipzig in deutscher Münze zu leisten. Die großen Vorzüge dieser Organisation sind ihre Zuverlässigkeit und Billigkeit, weshalb die Einrichtung vorbildlich für den B. manches andern Landes geworden ist. Der weitaus größte Teil aller innern buchhändlerischen Korrespondenz im Deutschen Reich, Österreich und der Schweiz geht durch Vermittelung der Leipziger Kommissionäre an die 1842 vom Verein der Buchhändler zu Leipzig gegründete «Bestellanstalt für buchhändlerische Geschäftspapiere», die sich im Deutschen Buchhändlerhause (s. Börsenverein) befindet, und wird von dieser an die buchhändlerischen Adressaten befördert. Das offizielle Organ des deutschen B. ist das 1834 begründete, seit 1867 wöchentlich sechsmal erscheinende, ausschließlich für die Berufsgenossen bestimmte «Börsenblatt für den Deutschen B. und die verwandten Geschäftszweige». Außerdem existieren eine Reihe weiterer buchhändlerischen Fachzeitungen, z. B. die «Österreichisch-ungarische Buchhändler - Korrespondenz», das 1860 gegründete wöchentlich erscheinende «Amts- und Anzeigeblatt des 1859 gegründeten Vereins der österr.-ungar. Buchhändler», der «Anzeiger für den Schweizerischen B. » u.a.m.

Der Verleger gewährt in den meisten Kulturländern dem Sortimenter einen längern Kredit als der im Warenhandel übliche. Im Deutschen Reich, in Österreich und der Schweiz beträgt er durchschnittlich 9 Monate (3-15 Monate). Der Verleger im Gebiet des Börsenvereins liefert seine Bücher entweder auf feste Rechnung oder à condition (s. Konditionsgut). Auf der Ausdehnung der letztern Lieferungsart beruht die Möglichkeit der Einsichtnahme seitens des Publikums der gesamten civilisierten Welt in die wissenschaftliche und schönwissenschaftliche Litteratur und damit hängt wieder zusammen der verhältnismäßig große Absatz dieser Litteratur in deutscher Sprache.

Nach dem «Adreßbuch des deutschen B.» gehörten dem deutschen B. im J. 1893 an 7893 Firmen, davon dem Verlagshandel, einschließlich des Zeitungsverlags, 2531, dem Sortimentshandel 5169, dem reinen Antiquariatshandel 193 (Antiquariat in Verbindung mit Sortiment betrieben noch 1758 Handlungen), dem Kommissionsbuchhandel 289 Firmen. (S. auch Deutschland und Deutsches Reich.) Über die Gesamtzahl der Buchhändler in andern Staaten existieren keine zuverlässigen Nachweise. Sämtliche Handlungen des deutschen B. und die mit demselben in Verbindung stehenden außerdeutschen Buchhandlungen verteilen sich folgendermaßen:

Länder Städte 1893 Handlungen 1893

Deutsches Reich 1204 6104

Österreich-Ungarn 239 772

Schweiz 55 219

Übriges Europa 135 650

Englisch-Amerika 19 86

Spanisch-Port.-Amerika 23 39

Afrika 4 8

Asien 7 9

Australien 5 6

^[Additionslinie]

Summa: 1691 7893

An Unterstützungsanstalten besitzt der deutsche B. den 1836 von George Gropius in Berlin gegründeten «Unterstützungsverein deutscher Buchhändler und Buchhandlungsgehilfen» mit dem Sitze in Berlin. Das Kapital setzt sich zusammen aus freiwilligen jährlichen Beiträgen, Geschenken, Legaten und einem jährlichen Zuschuß von 11000 M. vom Börsenverein (Mitgliederzahl Ende 1892: 2226 Prinzipale, 1333 Gehilfen). Ferner besteht seit 1872 ein «Allgemeiner deutscher Buchhandlungsgehilfen-Verband» mit dem Zwecke, die Mitglieder gegen einen jährlichen Beitrag von 24 M. in Krankheitsfällen zu unterstützen und für die Hinterbliebenen zu sorgen (1893: 2164 ordentliche Mitglieder, darunter 399 Firmeninhaber, und 413 außerordentliche Mitglieder).

Der französische B. hat seinen Hauptsitz in Paris. In den Departements, besonders in Nancy, Tours, Toulouse, Lille, Lyon u. s. w., erscheint zwar eine nicht unbedeutende Anzahl von Büchern, doch beschränkt sich die Produktion daselbst mehr auf Werke, welche von vorwiegend lokalem Interesse sind und ihren Absatz innerhalb der Departements finden, wie Schulbücher und Bücher religiösen Inhalts, sowie Werke der Specialgeschichte und Archäologie. Alle übrigen gelehrten und populären Werke erscheinen in Paris, wo allein die Möglichkeit vorhanden ist, sie allgemeiner bekannt zu machen. Infolge der großen Verbreitung der franz. Sprache ist der Export franz. Bücher ein sehr bedeutender. Auch Bücher in span. und portug. Sprache, welche teils in Paris verlegt, teils nur daselbst gedruckt und nach dem span. Amerika und Brasilien versandt werden, bilden einen nicht unwesentlichen Teil des franz. Bücherexports. Den geschäftlichen Mittelpunkt des französischen B. bildet der «Cercle de la librairie» in Paris, als dessen Organ die «Bibliographie de la France» erscheint.

Der belgische B. ist seinen Einrichtungen nach dem französischen ähnlich. Den geschäftlichen Mittelpunkt bildet Brüssel, wo der Buchhändlerverein «Cercle de la librairie» seinen Sitz hat und die Verlagsthätigkeit am bedeutendsten ist; doch erscheinen auch in den Provinzen viele Bücher. Das bibliogr. Organ bildet die «Bibliographie de Belgique».

Für Großbritannien bildet London den Mittelpunkt des B., wenngleich auch in Edinburgh, Glasgow, Manchester, Dublin sowie in den Universitätsstädten Cambridge und Oxford, in welch letztern hauptsächlich wissenschaftliche Werke erscheinen, eine nicht unbedeutende Verlagsthätigkeit herrscht. Der Provinzialbuchhandel leidet empfindlich durch die Konkurrenz Londoner Firmen, welche