Schnellsuche:

Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

Schlagworte auf dieser Seite: Byzantinischer Stil; Byzantinisches Reich

811

Byzantinischer Stil – Byzantinisches Reich

Anmerkung: Fortsetzung des Artikels 'Byzantinische Kunst'

spiele hierfür aus altchristl. Zeit sind die Sophienkirche (s. d. und die Tafel: Altchristliche Kunst III, Fig. 4 u. 6) und die Theotokos-Kirche (s. Tafel: Byzantinische Kunst, Fig.6) zu Konstantinopel. Die byzant. Kirchen, wie z. B. die aus dem 11. Jahrh. stammende Theodoros-Kirche zu Athen (s. Fig. 7), sind verhältnismäßig klein, turmlos, in der Mitte von einer Kuppel überwölbt, mit quadratischem Hauptraum, nur einem Altar, durch die Bilderwand abgesondertem dreiteiligem Altarraum und einer oder zwei Vorhallen. In den Klöstern (s. Fig. 8) steht die Kirche frei inmitten des von Gebäuden umschlossenen Hofes. Von den weltlichen Bauten ist bisher keine sichere Vorstellung zu gewinnen; immerhin ist versucht worden, den vollständig verschwundenen Kaiserpalast zu Konstantinopel mit Hilfe zeitgenössischer Nachrichten auf dem Papier zu rekonstruieren. Auf bildnerischem Gebiete entsagte man im Eifer gegen den antiken Götzendienst der Anfertigung von Statuen, erfreute sich dagegen an ornamentalen Arbeiten (s. Fig. 2) und Werken der Kleinkunst (s. Fig. 5). Die Goldschmiedewerke, vollendeter als die gleichzeitigen abendländischen, sind zumeist untergegangen oder zerstreut

Reliquie des heiligen Kreuzes in Goldfassung
Figur: Reliquie des heiligen Kreuzes in Goldfassung

(s. beistehende Figur: Reliquie des heiligen Kreuzes in Goldfassung, jetzt zu Köln); eins der kostbarsten, das sog. «Siegeskreuz des Kaisers Konstantin Porphyrogennetos» aus Gold und Email, findet sich in Limburg an der Lahn. Die Malerei wurde viel geübt. Fresken, oder bei besonderer Prachtentfaltung Mosaiken, umzogen die Kirchen innen, Tafelbilder wurden aufgestellt und gottesdienstlich verehrt, Miniaturen (s. Fig. 1, 4) verschönten die kirchlichen Handschriften. Bei der Seltenheit der Mosaiken – in der Sophienkirche (s. Fig. 3; nachjustinianisch), Osios Lukas in Phokis (vielleicht 11. Jahrh.), Daphni bei Athen, Bethlehem (12. Jahrh.), Chora-Kirche, d. i. die jetzige Kachrie-Moschee in Konstantinopel (14. Jahrh.) – und alter Fresken sowie bei der Schwierigkeit, alte und neue Tafelbilder zu sondern, bieten fast nur die Miniaturen die Möglichkeit, die Entwicklung der Malerei in alter Zeit kennen zu lernen. Aus den Malereien spricht stets kirchlicher Ernst. Die auf dem Athos (s. d.) erhaltenen Malereien haben Anlaß gegeben, den Zusammenhang der kirchlichen Malerei und des Gottesdienstes aufzusuchen. Während die abendländ. Kunst sich hob, ging die B. K. seit dem 12. Jahrh. stark zurück und wurde vollends seit dem 15. Jahrh. durch die Türkeneroberung des Landes zu bescheidenstem Leben verurteilt. Der Einfluß der B. K. ↔ auf das Abendland ist geringer gewesen, als zumeist angenommen wird. In neuester Zeit machte sich umgekehrt ein starker Einfluß der abendländ. Kunst auf die griechische bemerkbar. – Vgl. Bayet, L’art byzantin (Paris ohne Jahr); Springer, Bilder aus der neuern Kunstgeschichte, Bd. 1 (Bonn 1886); Kondakoff, Histoire de l’art byzantin considéré dans le miniatures (2. Bde., Par. 1886–91); H. Brockhaus, Die Kunst in den Athos-Klöstern (Lpz. 1891).

Byzantinischer Stil, Bauweise der Byzantinischen Kunst (s. d.).

Byzantinisches Reich, auch Oströmisches, Morgenländisches, Griechisches Reich genannt, entstand, als Theodosius d. Gr. (s. d.) bei seinem Tode, 17. Jan. 395 n. Chr., das Römische Reich unter seine beiden Söhne Arcadius und Honorius teilte, und umfaßte die Präfektur des Orients und den größern Teil von Illyricum, nämlich alle asiat. Provinzen, in Afrika Ägypten, Marmarica und Kyrene, in Europa die Halbinsel südlich der Donau, die in die Diöcesen Thrazien (nebst Mösien und Scythien) und Macedonien (nebst Achaia, Epirus, Thessalien und Kreta) zerfiel. Hauptstadt war Byzanz (Konstantinopel), wonach das Reich seinen Namen führte. Dieses Reich erhielt der ältere Sohn des Theodosius, der schwache Arcadius (s. d.). Für ihn regierte anfangs der Minister Rufinus; nachher, als dieser durch den got. General Gainas am 27. Nov. 395 aus dem Wege geräumt worden war, der Oberkammerherr Eutropius. Auch diesen stürzte 399 der General Gainas; der letztere fand, als er seine Macht übermäßig geltend machen wollte, 400 seinen Untergang, und nun herrschte des Kaisers Gemahlin Eudoxia (s. d.) bis zu ihrem Tode 6. Okt. 404. Dem Arcadius folgte sein minderjähriger Sohn Theodosius II. (408 - 450) unter der Leitung des Præfectus Prætorio des Orients, Anthemius, und seit 414 unter der seiner hochbegabten, aber ränkesüchtigen Schwester Pulcheria die unter dem Titel einer Augusta der Staatsleitung, kräftig und umsichtig vorstand. Ein Teil Pannoniens wurde 424 an die Oströmer von dem weström. Kaiser Valentinian III. abgetreten, und auch im Osten, wo der Feldherr Ardaburius glücklich gegen die Perser gefochten hatte, vergrößerte sich 422 das Reich durch einen Teil Armeniens. Aber Thrazien und Macedonien konnten gegen Attila, der diese Länder namentlich seit 441 und 445 und 447 verwüstete, nur durch Tributzahlungen gesichert werden. Nach Theodosius’ Tode vermählte sich Pulcheria nominell mit dem Feldherrn Marcianus (450–457), dessen Festigkeit Attila von den Grenzen des Reichs abhielt. Durch den Oberfeldherrn Aspar, der als Gote und Arianer selbst keine Ansprüche auf den Thron zu machen wagte, wurde nach Marcianus’ Tode der Oberst Leo I., aus dem illyrischen Dacien gebürtig, Kaiser (457–474). Dieser ließ den Aspar, der seinen Einfluß übermäßig geltend machen wollte, 471 töten und regierte kräftig; doch scheiterte die Unternehmung seines Feldherrn Basiliskus gegen den Vandalenkönig Geiserich 468. Seinem Tochtersohne Leo II., der wenige Monate nach ihm starb, folgte dessen Vater Zeno (474–491). Von Basiliskus, dem Bruder der Witwe Leos I., Verina, schon 476 vertrieben, gelangte Zeno (s. d.) durch den Beistand der Isaurier und durch ostgot. Hilfe 477 wieder auf den Thron, auf welchem er sich, obwohl viel gehaßt, doch gegen häufige Empörungen erhielt. Die innere

Anmerkung: Fortgesetzt auf Seite 812.