Anmerkung: Fortsetzung des Artikels 'Byzantinisches Reich'
Zerrüttung des Reichs, zu der die religiösen Streitigkeiten der Rechtgläubigen und der Monophysiten viel beitrugen, stieg unter seiner Regierung.
Von der Übermacht der Ostgoten, mit denen er 479-483 in schwierigem Kampfe stand, befreite er sich dadurch, daß er ihren Anführer Theodorich 487
zum Zuge nach Italien veranlaßte. Seine Witwe Ariadne erhob Anastasios I. (491–518) als ihren Gemahl auf den Thron. Dieser bezwang durch got.
Krieger (bis 498) die Isaurier, an der Donau aber erschien 493 ein neuer Feind in den Bulgaren, gegen deren verwüstende Raubzüge Anastasios
Konstantinopel durch die Erbauung der sog. Langen Mauer zu sichern suchte. Auch mit den Persern begann nach langem Frieden der Streit von neuem
(502–504), und im Innern des Reichs, ja der Hauptstadt, brachen (512 und 514) die religiösen Streitigkeiten in blutige Kämpfe aus. Nach des
Anastasios Tode ward von den Soldaten der Befehlshaber der Leibwache, Justinus I. (s. d.), ein Dardaner, als Kaiser
ausgerufen. Er behauptete sich (518–527) namentlich durch die Gunst der orthodoxen Geistlichen.
Sein Neffe Justinianus I. (s. d.), den der kinderlose Kaiser schon bei seinen Lebzeiten zum Mitregenten ernannt hatte, folgte
ihm (527–565). Er ist durch seine Kodifikation der röm. Gesetzgebung (s. Institutionen und Pandekten) und
durch die Siege seiner Feldherren Belisar (s. d.) und Narses (s. d.), die den Persertönig Chosroes I. 540
aus Syrien vertrieben und nach langen Kämpfen 561 zum Frieden zwangen und außerdem Afrika und Italien zurückeroberten, berühmt geworden; doch
zeigte die Lage des Reichs nach seinem Tode, daß er diesem innere Kraft nicht zu verleihen vermocht hatte. In der Hauptstadt gelangten unter ihm
die nach den Farben der Wagenlenker benannten Parteien der Rennbahn zuerst zu höherer Bedeutung. Obwohl Belisar dieselben bei dem
Nikaaufstande (s. d.) 532 furchtbar züchtigte, so behielten sie doch ihre Macht noch bis in das 7.
Jahrh., zum Schaden der innern Ruhe, die durch ihre Streitigkeiten oft gewaltsam unterbrochen ward. Justinians Nachfolger, sein Neffe
Justinus II. (565–578), ein schwacher, von seiner Gemahlin Sophia geleiteter Fürst, ließ sich durch die Langobarden 568 einen Teil Italiens
entreißen. Mit den Persern führte er 572 wegen Armenien einen sehr unglücklichen Krieg, und die Avaren plünderten die an der Donau gelegenen
Provinzen. Justinus, von Krankheit heimgesucht, ernannte 574 Tiberius, den Anführer der Leibwache, zum Mitregenten, und dieser kämpfte bis 579
glücklich wider die Perser (s. Tiberius I.), gegen welche sich damals die Griechen mit den Türken jenseit des Kaspischen Meers
verbanden. Als Kaiser regierte Tiberius I. (578–589) mit Weisheit und Milde, erkaufte von den Avaren den Frieden und erzwang ihn von den Persern,
nach der Erneuerung der Feindseligkeiten unter dem Nachfolger des Chosroes, Hormisdas IV., durch seinen Feldherrn und Schwiegersohn Mauritius,
den er dafür zum Thronfolger ernannte. Mauritius (582–602) setzte den pers. König Chosroes II., den seine Unterthanen vertrieben hatten, 592
wieder ein und verschaffte dadurch den östl. Grenzen Ruhe; dagegen ward der Krieg gegen die Avaren unglücklich geführt. Das Heer, mißvergnügt und
durch Strenge und Sparsamkeit des Kaisers aufgereizt, rief endlich den Hauptmann Phokas zum Kaiser (602–610) aus. Mauritius ward auf der Flucht
↔ aus der Hauptstadt eingeholt und mit seinen Söhnen grausam ermordet. Des Phokas Untüchtigkeit in dem 603 neu ausgebrochenen
pers. Kriege führte aber im Innern große Zerrüttung herbei. Heraklius, der Sohn des gleichnamigen Statthalters in Afrika, griff zu den Waffen,
nahm Konstantinopel ein und ward, während Phokas vom Volke zerrissen wurde, Kaiser (610–641). Während der ersten 12 Jahre seiner Regierung
plünderten besonders die Avaren die europ. Provinzen, die Perser eroberten Syrien, Ägypten und Kleinasien; der Kaiser, selbst verzweifelnd, wurde
618 nur durch den Widerstand des Patriarchen Sergius abgehalten, die Residenz nach Karthago zu verlegen. Als es ihm endlich gelungen war, die
Avaren 620 zu beruhigen, zog er 622 gegen die Perser, schlug sie zurück, und während die von neuem aufgestandenen Avaren 626 Konstantinopel
vergebens bedrängten, drang er, unterstützt durch eine Empörung, die gegen Chosroes ausgebrochen war, 627 bis in das Innere Persiens ein. In dem
mit Siroes 628 geschlossenen Frieden erhielt er die verlorenen Provinzen und das heilige Kreuz, das die Perser aus Jerusalem geraubt hatten,
zurück. Aber in den letzten Jahren seiner Regierung erschien ein neuer, weit furchtbarerer Feind in den Arabern, die durch Mohammed plötzlich zum
ungestümen Eroberervolk geworden waren. Von den Feldherren des Chalifen Omar geführt, unterwarfen sie sich 632–641 die Länder am Euphrat, Syrien
und Judäa, und ganz Ägypten; bei den Griechen ward die Kraft zum Widerstand durch die Streitigkeiten zwischen den Rechtgläubigen und Monotheleten
geschwächt. Serben und Kroaten bildeten seit 626 in der Nordwestecke der Balkanhalbinsel slaw. Reiche, die sich schließlich von der anfänglichen
byzant. Oberhoheit frei machten. Konstantin III., der seinem Vater Heraklius 641 folgte, starb bald; sein Stiefbruder Herakleonas, der bereits
mit ihm gemeinschaftlich regiert hatte, verlor die Krone durch einen Aufruhr. Sein Nachfolger Konstans (641–668), Konstantins III. Sohn, machte
sich durch Grausamkeit und Habsucht verhaßt. Er kämpfte unglücklich gegen Araber und Langobarden und wurde endlich in Syrakus ermordet. Sein Sohn
Konstantin IV. Pogonatos (668-685) überwand den syrakusanischen Gegenkaiser Mizizius und teilte anfänglich mit seinen Brüdern Tiberius und
Heraklius die Regierung. Die Araber drangen in Afrika immer weiter vor, fielen in Sicilien ein, streiften durch Kleinasien bis Thrazien und
griffen seit 673 mehrere Jahre hintereinander Konstantinopel zur See an. Dennoch erhielt er von ihnen 678 einen Frieden; dagegen wurden seine
Truppen von den Bulgaren, die seit 678 in dem alten Mösien ein Reich gründeten, 679 nach einem Siege des Kaisers selbst zurückgeschlagen.
Justinianus II. (685–711), sein Sohn und Nachfolger, war glücklich gegen die monotheletischen Maroniten (s. d.), unglücklich
aber gegen die Bulgaren (688) und gegen die Araber (692). Seine Grausamkeit erregte eine Empörung, an deren Spitze der Feldherr Leontius stand,
der ihn 695 absetzte, ihm die Nase abschneiden ließ (daher Rhinotmetus) und ihn nach der Stadt Cherson auf der Krim verbannte. Leontius selbst
ward 698, als Karthago an die Araber verloren gegangen war, durch Apsimar oder Tiberius II., dieser durch den Bulgarenkönig Terbelis 705
abgesetzt, der nun den verdrängten Justinianus wieder auf den Thron
Anmerkung: Fortgesetzt auf Seite 813.