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Cäsur – Casus (grammatikalisch)
Anmerkung: Fortsetzung des Artikels 'Casŭla'

Figur: 2.
schnitten und endeten nach vorn und hinten in eine Spitze. Später wurde die alte schöne Form in die jetzt gebräuchliche steife und vorn geschweift zugeschnittene
verändert. Das Gewand ist auf der Vorderseite mit einem vertikalen Streifen, auf der Rückseite (oft auch auf beiden Seiten) mit einem Kreuze, früher mit schief
aufsteigenden Querbalken belegt, das im Mittelalter häufig in prächtiger Stickerei ausgeführt wurde. Für die C. wird meist Seide, Damast, Sammet und in älterer
Zeit wohl auch orient. Gold- und Seidengewebe verwendet. Die Farbe ist nach den einzelnen Festen verschieden: weiß, rot, grün und violett; schwarze Meßgewänder
werden nur am Karfreitag, bei Totenmessen für erwachsene Personen getragen. Als ein Kultkleid erwähnt die C. schon das Konzil von Toledo 633; anfänglich wurde sie
auch von Diakonen und selbst von Akoluthen getragen, auch diente sie nicht allein bei der Messe, sondern auch bei andern Kulthandlungen. In der prot. Kirche wurde
die Meßkleidung zur Zeit der Reformation an den meisten Orten abgeschafft; nur auf luth. Gebiete, z.B. in Sachsen und Brandenburg, blieben vereinzelt die C. und
Albe (s. d.) bis an das Ende des 18. Jahrh., allerdings in veränderter Gestalt, in Gebrauch. Von den beistehenden Abbildungen zeigt Fig. 1 eine
glockenförmige C. aus arab. Goldstoff, Fig. 2 eine mit der C. bekleidete Bischofsgestalt aus got. Zeit. – Vgl. Gräser, Die röm.-kath. Liturgie (2 Tle., Halle
1829); Bock, Geschichte der liturg. Gewänder des Mittelalters, Bd. 2 (Bonn 1866).
Cäsūr (lat., d.h. Einschnitt) heißen die in längern Versen aus rhythmischen Gründen angebrachten Pausen oder Ruhepunkte, die
ihren Ausdruck durch einen Wortschluß finden, der oft noch durch die Interpunktion unterstützt ist. Meist fällt dieser Wortschluß nicht an das Ende, sondern in
die Mitte eines Versfußes. Z.B. in dem Hexameter: «Nicht der gelungene Vers, ‖ das Gedicht nur machet den Dichter», befindet sich die C. hinter dem Worte «Vers».
Tritt die C., wie in diesem Falle, nach der Arsis (Hebung) ein, so heißt sie männlich, fällt sie dagegen in die Thesis (Senkung), so heißt sie weiblich. Letzteres
z. B. in dem Hexameter: «Welches Wunder begiebt sich? ‖ Wir flehten um trinkbare Quellen». Oft enthält ein längerer Vers, wie namentlich der Hexameter, mehr als
eine C. – Vgl. Suhle, Über die C. und ihre Bedeutung für den Rhythmus (2. Aufl., Berl. 1866). ↔
Casus (lat.), Fall, Zufall, Vorfall, Begebenheit; juristisch die
Gefahr (s. d.) des Zufalls, der zufälligen Beschädigung oder des zufälligen Unterganges, Verlustes, z.B. einer geschuldeten Sache. Darauf
bezieht sich die nicht für alle Fälle richtige Regel casum sentit dominus, d.h. die Gefahr des Untergangs hat der Eigentümer
zu tragen; oder die umgekehrte Regel casus non (a nullo) praestatur, d.h. für den Zufall wird nicht gehaftet. Im andern Sinn
ist C. ein Rechtsfall, daher: C. belli (s. d.), Kriegsfall;
C. conscientiae, Gewissensfall (s. Kasuistik); C. dabĭlis, ein
gegebener, angenommener Fall; C. emergens, ein Umstand, durch welchen ein anhängiger Prozeß auf einmal eine andere Wendung
nimmt; C. fatalis, Schicksals-, Unglücksfall;
C. foederis (s. d.), Bündnisfall; C. fortuītus
oder improvīsus, ein unvorhergesehener Fall; C. in termĭnis, ein mit dem vorliegenden
übereinstimmender (bereits entschiedener oder gesetzlich geregelter) Rechtsfall; C. merus, reiner Zufall;
C. reservātus, ein vorbehaltener Fall, namentlich in Bezug auf geistliche Absolution. Casu,
durch Zufall, zufällig; casu substrāto, im vorliegenden Fall; in praesenti casu, im
gegenwärtigen Fall; in hoc casu, in diesem Fall; in nostro casu, in unserm Fall;
in casum casus, auf den Fall der Verwirklichung gewisser Möglichkeiten.
Casus (lat.) werden in der Grammatik die Formen genannt, die ein Nomen
(Substantiv und Adjektiv) oder Pronomen zum Ausdruck der verschiedenen Beziehungen im Satze (Objekt, Subjekt, Ort, Mittel u.s.w.) annehmen kann. Die meisten
Casusformen lassen sich zerlegen in den Wortstamm und die Casusendung, welche die geforderte Beziehung ausdrückt, z.B. im lat.
servus, servum ist servu-, älter
servo-, der Stamm, -s die Casusendung (Casussuffix) des Nominativs,
-m die des Accusativs. Ohne Casusendung war von Anfang an der singularische Vokativ, z.B.
serve, pater, was nichts Auffallendes hat, als dieser C., als bloßer Anruf, außer
syntaktischer Beziehung zu den andern Gliedern des Satzes steht, also eigentlich gar kein C. ist. Aber auch einige wirkliche Casusformen entbehrten von jeher des
Suffixes, wie die singularischen Nominative lat. equa (=altind. açvā) und pater (=grch.
πατήρ), der griech. Accusativ ἐμέ «mich», der lat. Nominativ-Accusativ mare u.a. Die Gesamtheit der C. nennt man die Flexion
oder Deklination (s. d.) des Nomens und Pronomens. Die indogerman. Sprachen haben ursprünglich acht C.; doch haben mehrere dieser Sprachen
Verluste von C. erlitten, sodaß z.B. die deutsche nur vier hat, die griechische fünf, die lateinische sechs. Neuere sehr abgeschliffene Sprachen, wie das
Französische, haben der Form nach fast gar keinen C. mehr, sondern bedienen sich entweder der Präpositionen (z.B.
agneau de dieu «Lamm Gottes», lat. buchstäblich agnus de deo) oder die Stellung des Wortes
deutet genügend sein Verhältnis im Satze an. Die C. der lat. Sprache sind: Nominativ, Genetiv, Dativ, Accusativ, Vokativ und Ablativ; ursprünglich gab es im
Indogermanischen dazu noch einen Lokativ (C. des Ortes, Wo-Casus) und einen Instrumental (C.der Gemeinsamkeit [als solcher auch Sociativ genannt] oder des
Mittels), die noch in den heutigen slaw. und litauischen Sprachen existieren. Man teilt die C. ein in casus r e c t i oder
unabhängige, Nominativ und Vokativ, die zu andern Satzteilen nicht in einem untergeordneten Verhältnisse stehen, und
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