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Chersonesus – Cherubini
1787), 19 israel. Ackerbaukolonien, Ackerbau, Viehzucht, Fischerei, Schiffahrt.
3) Hauptstadt des Gouvernements und des Kreises C., liegt auf einem Steppenabhange von 30 m Höhe am rechten Ufer des Dnjepr, der sich hier in mehrere Arme teilt, 16 km breit ist und viele niedrige mit Schilf bewachsene Inseln bildet, 28 km oberhalb der Mündung desselben in den Dnjepr-Liman. Die Stadt besteht aus der Militärvorstadt, hinter der die ehemalige Festung mit Kirche (worin Potemkin begraben ist), Arsenal, Kasernen u. s. w. liegen, der eigentlichen Stadt und der Vorstadt Sabalka. Die Häuser waren vor kurzem meist Lehmhütten mit Schilf gedeckt, doch stehen jetzt viele Gebäude aus Kalkstein darunter. C. ist Sitz des Gouverneurs und eines Vikars des Erzbischofs von Odessa-Cherson, in Garnison liegen die 34. Feldartilleriebrigade, das 60. Infanterieregiment und das 53. Reservebataillon. C. hat (1889) 64749 E., darunter ein Drittel Israeliten, 14 russ., 1 kath., 1 evang. Kirche, 5 talmudische und 1 karaimische Synagoge, Denkmäler von Potemkin und dem engl. Philanthropen John Howard, der hier 1790 starb und begraben wurde, 1 Knaben-, 1 Mädchengymnasium, 2 ebensolche Progymnasien, 1 Realschule, 1 geistliche, 1 Feldscher-, 1 landwirtschaftliche Schule, 1 Lehrerseminar, 2 Zeitungen; Ackerbau, Garten-, Obstbau, Fischerei, Schiffbau, Wollwäscherei, Holzschneidemühlen, lebhaften Küstenhandel mit den Häfen des Schwarzen Meers, besonders mit Odessa. Dagegen hat sich der Außenhandel wegen Versandung der Dnjeprmündungen ganz nach Odessa und Nikolajew gezogen. Gleichwohl ist C. durch den Verkehr auf dem Dnjepr (Dampfschiffahrt stromaufwärts bis Alexandrowsk und stromabwärts nach Odessa und Nikolajew) noch immer ein wichtiger Stapelplatz für den russ. Innenhandel. An Kreditinstituten sind vorhanden: eine Abteilung der russ. Staatsbank, die städtische Kommunalbank, die Chersonsche Landesbank, eine gegenseitige Kreditgesellschaft, die städtische Sparkasse.- C. wurde 1778 von Potemkin gegründet, um einen festen Kriegshafen für die russ. Flotte zu schaffen, und nach dem altgriechischen C. auf der Krim benannt. Doch wurde der Kriegshafen schon 1787 nach Nikolajew verlegt und 1835 die Festung aufgehoben. C. wurde 1802 Kreis- und 1803 Gouvernementsstadt.
Chersonēsus (Chersonēsos oder Cherronēsos), das griech. Wort für «Halbinsel», ist im Altertum eine häufige Benennung für Halbinseln, Landspitzen und einzelne Städte. Die bekanntesten sind die C. Thracĭca (jetzt Halbinsel von Gallipoli genannt), oft ohne nähere Bezeichnung einfach C. genannt, die lange gegen Südwesten gestreckte, schmale Halbinsel zwischen dem Thrazischen Meere und dem Hellespont, welche bei der Stadt Kardia durch einen etwa 7 km breiten Isthmus mit dem Festlande Thraziens zusammenhängt, und die C. Taurĭca oder Scythĭca, die jetzige Krim, welche im Süden meist von griech. Städten besetzt, im Norden von Barbaren, Tauriern und Scythen bewohnt war. Der eine besondere Halbinsel bildende östlichste Teil dieser Halbinsel, welcher das Asowsche Meer (die Maiotis) gegen Süden abschließt, das Gebiet der Stadt Pantikapäon (jetzt Kertsch), führte den Sondernamen C. Tracheia; die südwestl. Spitze mit der (auch Cherronesos genannten) Stadt Heraklea (in der Gegend des jetzigen Sewastopol, s. d.) wurde die Herakleotische C. genannt (vgl. über diese P. Becker, Die Herakleotische Halbinsel in archäol. Beziehung, Lpz. 1856). – C. Cimbrĭca (cimbrische Halbinsel) hieß Jütland, C. aurĕa (grch. Chersónēsos chrysē, goldene Halbinsel) Malaka.
Cherub (hebr.), in der Mehrheit Cherubīm, im Alten Testament der Name eines übermenschlichen, mit Jahwe erscheinenden Geistwesens, welches wahrscheinlich als eine Personifikation der Gewitterwolke zu deuten ist. Denn wie auf dem C., so erscheint Jahwe nach den mytholog. Vorstellungen der alten Israeliten auf dieser, der Donner ist seine Stimme, die Blitze sind seine Pfeile; hat das Gewitter ausgetobt, so hat Jahwe aufgehört zu schießen und stellt seinen Bogen zur Seite, d. i. den Regenbogen in die Wolken. Eine ausgeführte Beschreibung der Cherubim giebt die Berufungsvision des Ezechiel. Vier menschengestaltige, geflügelte Wesen tragen den Thron Jahwes – er ist ein Abbild des Jerusalemer Tempels – von Norden her herbei, doch ist im einzelnen der Beschreibung nicht alles deutlich. Aus der engen Beziehung der Cherubim zur Erscheinung Jahwes erklärt sich ihre Verwendung im Salomonischen Tempel. Im Hinterraum desselben standen zwei Ellen hohe aus Ölbaumholz geschnitzte Cherubim mit ausgebreiteten Flügeln. Sie spannten mit diesen von einer Wand zur andern. Unter ihnen stand die Lade Gottes. Auch als Ornamente fanden sie beim Tempelbau und der Herstellung der Geräte mannigfache Verwendung. In dem Mythus von der Vertreibung der Menschen aus dem Paradiese treten sie, vielleicht in Anlehnung an östliche Gedanken, als Hüter des verlorenen Paradieses auf. Doch stehen sie auch hier in zweifelloser Beziehung zur Gewitterwolke, denn neben sie wird die «Flamme des hin und her zuckenden Schwertes», d. i. der Blitz gestellt.
Vom Judentum ist die Cherubvorstellung dem Christentum vererbt worden. In der Offenbarung Johannis umstehen vier Cherubim, Wesen genannt, ganz mit Augen bedeckt, ein jeder mit sechs Flügeln versehen, den Thron Gottes; von ihnen hat der erste die Gestalt eines Löwen, der andere die eines Stieres, der dritte das Gesicht eines Menschen und der vierte die Gestalt eines Adlers. Indem man diese auf die vier Evangelisten deutete (nämlich den Menschen auf Matthäus, den Löwen auf Markus, den Stier auf Lukas und den Adler auf Johannes), entstanden die vier symbolischen Bilder der Evangelisten. Der jüd.-hellen. Philosoph Philo, welcher ein eigenes Werk über die Cherubim schrieb, glaubte in ihnen eine Allegorie der Himmelskörper zu finden; andere jüd. Gelehrte und die meisten christl. Kirchenväter sahen in ihnen Engel, die Dionysius Areopagita in seiner «Hierarchia coelestis» zu einer besondern Klasse der ersten Hierarchie machte.
Cherubīm, s. Cherub.
Cherubini (spr. ke-), Maria Luigi Carlo Zenobio Salvatore, ital. Komponist, geb. 14. Sept. 1760 zu Florenz, lenkte schon 1773 durch kirchliche und weltliche Kompositionen die öffentliche Aufmerksamkeit auf sich, war, unterstützt vom Großherzog Leopold Ⅱ, von Toscana, von Ende 1777 bis 1780 eifriger Schüler von Sarti in Bologna und Mailand und führte 1780 mit Erfolg seine erste Oper «Quinto Fabio» in Alessandria auf. Dieser folgten bis 1784 noch sechs bis sieben andere für verschiedene ital. Theater. Sodann begab er sich, nun schon ein berühmter Komponist, nach London, wo er 1785 und 1786 die Opern «La finta
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