Autorenkollektiv,
F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien,
14. Auflage, 1894-1896
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Cigarren
land-, Java- und Floridatabak vorkommen und als Merkmal besonderer Güte galten, obwohl sie lediglich dadurch entstehen, daß aus den Blättern haftende Tautropfen durch die Sonnenhitze rasch verdunsten; nicht selten wurden diese Flecken durch Besprengen mit Salpetersäure künstlich hervorgebracht. – Ehe die Blätter verarbeitet werden, müssen sie angefeuchtet werden, damit sie die nötige Geschmeidigkeit erlangen. Das Anfeuchten geschieht durch einfaches Begießen resp. Ausbreiten der Blätter in feuchten Kellern oder aber bei größern Betrieben in besondern Vorrichtungen. Von diesen ist namentlich die von Meßmer erfundene zu erwähnen, welche zugleich die den Handelsballen entnommenen Bündel vorher auflockert, ohne Bruch zu liefern, was beim Auflockern mit der Hand immer geschieht. Die Maschine besteht aus einer doppelwandigen Trommel, in deren innern Raum die Bündel eingelegt werden. Nachdem die Trommel verschlossen ist, läßt man sie rotieren und durch den hohlen Zapfen Dampf einströmen, der binnen wenigen Sekunden durch alle Blätter dringt und die Bündel auflockert. Dann läßt man in den Raum zwischen der innern und äußern Trommel kaltes Wasser einströmen, wodurch sich der Dampf in der innern Trommel kondensiert und die Blätter gleichmäßig durchfeuchtet werden. Sehr praktisch für kleinere Betriebe ist auch die zum Anfeuchten des Rohtabaks dienende Nebelpumpe von Flinsch, bei der durch Zerstäubung eines Wasserstrahles durch Luft ein feiner Nebel gebildet wird, der die Blätter durchfeuchtet. – Die eigentliche Fabrikation der C. beginnt mit dem Wickelmachen. Der Arbeiter nimmt in die linke Hand so viel der abgetrockneten Einlage, als zur Bildung einer Cigarre von der verlangten Größe erforderlich ist, ordnet die Einlage so, daß in der Mitte etwas mehr als an den Seiten zu liegen kommt und legt das so geformte Bündelchen auf die bereit gehaltene Unterdecke (Umblatt), wickelt diese darum und rollt das Ganze mit der flachen Hand auf dem Tische einigemal hin und her, wodurch der Wickel die nötige Festigkeit bekommt. Die fertigen Wickel werden dann in schiefer Lage auf das Deckblatt gelegt und das letztere, indem man den Wickel fortrollt, schief aufsteigend herumgeschlagen. Durch vorsichtiges Drehen zwischen den Fingern bildet man die Spitze (das Köpfchen), der man durch etwas Tragantklebstoff die nötige Festigkeit giebt. Die gleichmäßige Lange wird durch Zuschneiden der fertigen C. nach einer Schablone erreicht. Das Trocknen der fertigen C. geschieht durch Ausbreiten auf Horden bei mäßiger Wärme, da sich bei größerer Hitze sonst die C. leicht verziehen und unansehnlich werden. Die Sortierung geschieht nach der Farbe und Reinheit des Deckblattes, wobei man bei jeder Sorte die einzelnen Farbenabstufungen als gelb (yellow oder claro), lichtbraun (light brown oder colorado claro), braun (brown oder maduro), dunkelbraun (big brown oder oscuro) unterscheidet. Seit längerer Zeit benutzt man für die Wickelmacherei sog. Wickelformen (s. nachstehende Fig. 1). In diese Formen, die je nach der anzufertigenden Sorte C. verschieden geformte (gerade, bauchige, spitze u. s. w.) Vertiefungen besitzen, werden die Wickel in das Unterteil a eingelegt und dieses durch das Oberteil b, den Deckel, geschlossen. Mittels Cigarrenform- oder Balancierformpressen, die eine größere Anzahl von Formkästen aufnehmen, werden die Wickel 12‒24 Stunden gepreßt und dann den Cigarrenarbeitern (Rollern) übergeben, die das Deckblatt darüber rollen. Vereinzelt geschieht im Großbetriebe die Anfertigung der Wickel mit Umblatt durch besondere Maschinen, Cigarrenwickelstühle. Nachstehende Fig. 2 stellt einen solchen von Donath & Jasper (Dresden) dar. Der Tabak, dessen für jeden Wickel nötige Menge vorher in einer Form abgemessen ist, wird durch den Arbeiter in den Rollsack eingelegt, wie in Fig. 3 bei c angedeutet, darauf wird das Umblatt auf das am Kissen d anliegende und bei b befestigte Rolltuch gelegt und letzteres samt dem Kissen durch Fußbetrieb mittels Kette e und Kettenrad f nach hinten bewegt (Fig. 4). Dabei wird der Tabak zwischen dem festen Stab a und dem Kissen d fest gerollt. Der fertige Wickel wird darauf vorn bei c von dem Arbeiter abgefangen. Zur Herstellung der Spitze benutzt man auch die Kopfform- oder Tüllapparate einfachster Konstruktion, die die Arbeit erleichtern neben einer Ersparnis an Deckblatt.
^[Abb. Fig. 1]
^[Abb. Fig. 2]
^[Artikel, die man unter C vermißt, sind unter K aufzusuchen.]