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Columbus (Christoph)
sehene Land zu Asien gehöre, zweifelte er nicht, durch eine vermutete Meerenge einen Weg nach Ostindien zu finden, von wo damals die erste reichbeladene Flotte der Portugiesen auf dem Wege um Afrika zurückgekehrt war.
Auf vier armseligen Schiffen, die der Hof für diese Unternehmung ausgerüstet und mit 150 Mann besetzt hatte, begann C. endlich 9. Mai 1502 mit seinem Bruder Bartolomeo und seinem Sohne Fernando zu Cadiz seine vierte Reise und langte, gegen seine ursprüngliche Absicht, 29. Juni auf der Höhe von San Domingo an, wo er vergebens um die Erlaubnis bat, in den Hafen einlaufen zu dürfen, teils um seine Schiffe auszubessern, teils um einen bevorstehenden Sturm abzuwarten. Dennoch fand er Gelegenheit, sein kleines Geschwader in der folgenden Nacht während des Orkans zu bergen, während eine gegen seine Warnung unter Segel gegangene Flotte der Spanier von 18 Schiffen, auf denen sich seine Gegner Bovadilla und Roldan befanden, fast ganz zu Grunde ging.
C. setzte seine Reise hierauf westwärts fort und segelte, eine Durchfahrt suchend, von Kap Gracias a Dios längs der ganzen Küste von Centralamerika hin bis Veragua und Puerto del Retrete (jetzt Puerto de Escribanos), nahe bei Punta de San Blas am Isthmus von Panama, welchen Punkt er 26. Nov. 1502 berührte, und gelangte im nächsten Jahre bis in den Golf von Darien. Hier verließ er am 1. Mai die Küste Mittelamerikas etwa unter 78° westlich von Greenwich und steuerte, nachdem er bereits zwei Schiffe verloren hatte, mit den beiden letzten, die auch kaum noch die See hielten, zuerst nach Cuba, dann nach Jamaika, wo er sie 14. Juni 1503 mußte auf den Strand laufen lassen. Hier gelang es ihm, sich von den Eingeborenen 2 Kähne zu verschaffen und zwei seiner erfahrensten Seeleute zu bewegen, auf diesen Fahrzeugen die Fahrt nach Hispaniola zu wagen, um dem Statthalter seine Lage zu melden. Monate vergingen, ohne daß sich Rettung zeigte. Seine Begleiter, von Verzweiflung ergriffen, überhäuften ihn mit Schmähungen, bedrohten mehr als einmal sein Leben und trennten sich endlich von ihm, indem sie nach einem andern Teile der Insel zogen. Hier erbitterten sie durch ihr grausames Betragen die Einwohner so sehr, daß diese aufhörten, ihnen Lebensmittel zu liefern. Der Untergang aller schien gewiß; aber C. wußte auch hier ein Rettungsmittel zu finden. Er benutzte eine bevorstehende totale Mondfinsternis (29. Febr. 1504), um die Insulaner mit dem Zorne der Götter zu bedrohen, wenn sie in ihren Feindseligkeiten fortfahren würden. Wundererscheinungen am Monde sollten die Wahrheit seiner Worte bestätigen. Alles war in Schrecken; man brachte, was er verlangte, und bat ihn kniend, den Zorn der Götter zu besänftigen. Dagegen kam es jetzt zwischen ihm und den Aufrührern zu Feindseligkeiten, in denen mehrere der letztern getötet wurden. Nachdem dieser traurige Zustand über ein Jahr gewährt, erschien für die Unglücklichen die Stunde der Erlösung. Jene beiden kühnen Schiffer hatten Hispaniola erreicht, aber bei dem feindlich gesinnten Statthalter kein Gehör gefunden. Doch war es ihnen gelungen, ein Schiff zu mieten. Auf diesem Fahrzeug verließ C. mit den Seinen 28. Juni 1504 Jamaika. Er begab sich nach San Domingo, aber nur um sein Schiff auszubessern, und eilte dann nach Spanien zurück. Krank erreichte er 7. Nov. San Lucar. Die Königin Isabella starb 26. Nov., ehe C. sie sehen konnte; vergebens drang er bei Ferdinand auf die Erfüllung seines Vertrags. C. verlebte noch einige Jahre in zunehmender Kränklichkeit und starb 21. Mai 1506 zu Valladolid. Seine Gebeine wurden in dem Franziskanerkloster zu Valladolid beigesetzt, 1509 aber nach dem Kartäuserkloster Las Cuevas zu Sevilla übergeführt, wo ihm Ferdinand der Katholische angeblich ein Denkmal errichtete mit der Inschrift: «A Castilla y á Leon nuevo mundo halló Colon.» Man brachte nach 1540 die Reste des Vaters mit denen des Sohnes Diego nach der Kathedrale von San Domingo auf Haïti, von dort 1795 nach Habana auf Cuba, wo die Asche des Entdeckers in der Kathedrale 19. Jan. 1798 feierlich beigesetzt wurde. Unter den ihm in Amerika und Europa errichteten Denkmälern ist das 1862 in Genua enthüllte Monument (Standbild von Canzio) hervorzuheben. Bei der 400jährigen Feier der Entdeckung Amerikas 1892 fanden in Genua (9. bis 13. Sept.), Huelva (12. Okt. Enthüllung eines Denkmals vor dem Kloster La Rabida) und in mehrern Orten Amerikas (Denkmal in Neuyork) große Feierlichkeiten zu Ehren des C. statt. ^[Spaltenwechsel]
C. verband mit feiner Beobachtungsgabe seltene Thatkraft und Festigkeit des Willens; aber daneben besaß er einen so starren Autoritätsglauben und eine so hohe Meinung von seiner unmittelbaren göttlichen Berufung, daß er einerseits nicht an die Existenz eines neuen Festlandes zu glauben wagte, weil die Alten nichts davon gewußt, andererseits die Wissenschaften, selbst die Nautik und Astronomie schmähte und nur den göttlichen Eingebungen seine Erfolge verdanken wollte. Sein gläubiges Gemüt ließ ihm als das Schätzenswerteste an seinen Entdeckungen die Verbreitung des Christentums unter den heidn. Völkern erscheinen. Mit den Schätzen der Neuen Welt, meinte er, würde sich auch sein Lieblingsplan, die Eroberung des Heiligen Grabes, verwirklichen lassen. In den 18 Monate vor seinem Tode verfaßten «Profecias» legte er seine kosmographischen und mystisch-theol. Ansichten nieder.
Christoph C. hatte zwei Söhne und zwei Brüder, die alle vier nach der Entdeckung Amerikas, wie er selbst, in Spanien geadelt wurden, sowie eine Schwester. Der ältere Bruder, Don Bartolomeo Colon, ebenfalls Seemann, folgte seinem Bruder Christoph nach Lissabon, wo er sich als Seekartenzeichner Ruf erwarb, ging dann nach England und (etwa 1493) nach Spanien. 1494 wurde er mit drei Schiffen nach Haïti geschickt, erhielt 1497 die Würde eines Adelantado (Vicegouverneurs) von Hispaniola und nahm an der letzten Expedition seines Bruders 1502 teil. Dann ging er 1509 mit seinem Neffen Diego wieder nach Amerika, war 1511 wieder in Spanien, kehrte aber bald wieder nach Hispaniola zurück und starb dort Ende 1514. – Der zweite Bruder, Giacomo Colombo, in Spanien Don Diego Colon genannt, ging wahrscheinlich schon im Sept. 1493 nach der Neuen Welt und kehrte im April 1495 zurück. Dann ging er 1498 wieder hinüber und wurde samt seinen Brüdern 1500 gefesselt nach Europa gebracht. Von nun an blieb er meist in Spanien und starb 21. Febr. 1515 zu Sevilla. – Der jüngere Sohn von Christoph C., Don Fernando Colon, ein uneheliches Kind von Doña Beatriz Henriquez, einer edeln Dame von Cordoba, geb. 15. Aug. 1488, begleitete im Alter von 13 J. den Vater auf dessen vierter Reise. Nachdem er sich mit seinem Bruder Diego 1509 in Haïti auf- ^[folgende Seite]
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