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Creizenach (Theod. Adolf) – Crelle
Gemeindeleben aus seiner starren Abgeschlossenheit gegen das nationale Leben zu befreien. Als er 1825 einen Ruf als Prediger und Lehrer an die israel. Realschule in Frankfurt a. M. erhielt, wirkte er im Verein mit gleichgesinnten Kollegen, besonders dem jüd. Historiker Jost, durch Wort und Schrift für seine Ideen und verteidigte sich gegen die Angriffe der Anhänger des altorthodoxen Judentums in umfänglichen Streitschriften. Er starb 5. Aug. 1842. Unter C.s theol. Schriften verdient vor allem Erwähnung der «Schulchan Aruch (d. h. angerichteter Tisch) oder Encyklopäd. Darstellung des Mosaischen Gesetzes, wie es durch die rabbin. Satzungen sich ausgebildet hat, mit Hinweisung auf die Reformen, welche durch die Zeit nützlich und möglich geworden sind» (4 Bde., Frankf. 1833‒40).
Creizenach, Theod. Adolf, Sohn des vorigen, Dichter und Litterarhistoriker, geb. 16. April 1818 zu Mainz, studierte in Gießen, Göttingen und Heidelberg, wurde dann Lehrer am israel. Philanthropin in Frankfurt a. M. Diese Stelle verlor er durch seinen Übertritt zum Protestantismus (1854), worauf er 1859 Lehrer an der höhern Bürgerschule, 1863 Professor der Geschichte am Gymnasium zu Frankfurt wurde. C. starb 5. Dez. 1877. Seine schlichten, elegischen Verse («Dichtungen», Mannh. 1839: «Gedichte», Frankf. 1848; 2. Aufl. 1851) wurzeln im Judentum des Dichters: er möchte sein Volk durch die Freiheit heben und wahrhaft deutsch machen. Als gründlicher Kenner Goethes hat er sich durch seine Ausgabe des «Briefwechsels zwischen Goethe und Marianne von Willemer» (2. Aufl., Stuttg. 1878) bewährt. – Sein Sohn Wilhelm Michael Anton C., Litterarhistoriker, geb. 4. Juni 1851 zu Frankfurt a. M., studierte in Göttingen und Leipzig, wurde 1875 Privatdocent in Leipzig, 1883 außerord., 1886 ord. Professor in Krakau. Er veröffentlichte: «Versuch einer Geschichte des Volksschauspiels von Doktor Faust» (Halle 1878), «Zur Entstehungsgeschichte des neuern deutschen Lustspiels» (ebd. 1879), «Die Bühnengeschichte des Goetheschen Faust» (Frankf. a. M. 1881), «Der älteste Faustprolog» (Krakau 1887), «Die Schauspiele der engl. Komödianten» (Stuttg. 1889), «Geschichte des neuern Dramas» (Bd. 1, Halle 1893).
Crelinger, Auguste, geb. Düring, Schauspielerin, geb. 7. Okt. 1795 zu Berlin, trat 4. Mai 1812 zum erstenmal als Margareta in Ifflands «Hagestolzen» mit Erfolg auf dem Berliner Hoftheater auf. Doch erst unter Graf Brühl (seit 1814), und seitdem sie sich 1817 mit dem Schauspieler Wilh. Stich (geb. 1794) vermählt hatte, bildete sie sich zu einer Schauspielerin ersten Ranges aus. Nachdem sie Paris besucht und die Bekanntschaft Talmas und der Mars gemacht hatte, begann sie glänzende Gastspiele auf allen bedeutendem Theatern Deutschlands und in Petersburg. Nach dem Tode Stichs (1824) heiratete sie den Bankier Otto C. und wirkte bis zu ihrem 50jährigen Jubiläum an der Berliner Hofbühne. Eine herrliche Gestalt, ein schöner Kopf, ein feuriges Auge, ein klangvolles Organ nebst durchgebildeter Sprache unterstützten die Künstlerin, deren vorherrschend rhetorische Anlagen auf Rollen hochtragischen Stils hinwiesen. Sie zog sich 1863 von der Bühne zurück und starb 11. April 1865 zu Berlin.
Ihre beiden Töchter erster Ehe, Bertha (geb. 4. Okt. 1818 zu Berlin) und Klara Stich (geb. 24. Jan. 1820 zu Berlin), bildeten sich unter ihr zu trefflichen Schauspielerinnen. Beide betraten die Bühne 1834 auf dem Königstädtischen Theater zu Berlin; doch entsagte Bertha, nachdem sie hier und am Hoftheater wie am Stadttheater zu Hamburg engagiert gewesen war, 1844 der Bühne. Sie starb 18. Aug. 1876 zu Hamburg. Klara, die 1848 den Schauspieler Franz Hoppé (geb. 1810, gest. 6. Juli 1849), 1860 den Hofschauspieler Liedtke heiratete, war seit 1835 Mitglied des Hoftheaters und genoß in naiv-sentimentalen Rollen die volle Gunst des Berliner Publikums. Sie starb 1. Okt. 1862 zu Berlin. ^[Spaltenwechsel]
Crell, Nikolaus, kursächs. Kanzler, geb. um 1550 zu Leipzig, wo sein Vater Professor der Rechte war, besuchte die Fürstenschule zu Grimma, studierte zu Leipzig die Rechte und hielt dort jurist. Vorlesungen. 1584 dem Kurprinzen Christian (s. Christian Ⅰ., Kurfürst von Sachsen) als Rat und Führer beigegeben, wurde C. nach dessen Regierungsantritt (1586) Geheimrat und 1589 Kanzler. Die fast unumschränkte Gewalt des Bürgerlichen verstimmte den Adel, die Geistlichkeit verfeindete sich C. durch seine Bemühungen, die streng luth. Richtung, welche seit 1574 und besonders seit der Einführung der Konkordienformel die Herrschaft hatte, wieder zu verdrängen. Den Predigern ward 28. Aug. 1588 geboten, das Gezänke auf der Kanzel zu vermeiden; die Hauptführer des Luthertums wurden entlassen, ein Katechismus in Melanchthonischem Geiste eingeführt, eine Bibel mit calvinisierenden Anmerkungen herausgegeben (die sogenannte C.sche Bibel). C. veranlaßte auch den Kurfürsten, die Hugenotten in Frankreich mit Geldmitteln zu unterstützen. Sobald aber Kurfürst Christian Ⅰ. 1591 gestorben war, brach der Unwille gegen C. los. Friedrich Wilhelm, Herzog von Sachsen-Altenburg, Vormund des minderjährigen Christian Ⅱ., entsetzte ihn sofort seines Amtes und ließ ihn auf den Königstein in Haft bringen. C. ward angeklagt, er habe den Kurfürsten zum Calvinismus verführt, zum franz. Kriege verleitet, dem Kaiser entfremdet und mit dem Lande entzweit. Nach zehnjährigem Prozeß wurde C. vom böhm. Appellationsgericht in Prag, an das zuletzt die Akten geschickt worden waren, zum Tode verurteilt und 9. Okt. 1601 auf dem Jüdenhofe zu Dresden enthauptet. – Vgl. Richard, Der kurfürstliche sächs. Kanzler Nikolaus C. (2 Bde., Dresd. 1859); Calinich, Zwei sächs. Kanzler (Chemn. 1868); Brandes, Der Kanzler C., ein Opfer des Orthodoxismus (Lpz. 1873).
Crelle, Aug. Leop., Mathematiker und Bautechniker, geb. 11. März 1780 zu Eichwerder bei Wriezen, bildete sich, ohne eine Lehranstalt zu besuchen, fast ausschließlich durch Lektüre. Er zeigte besondere Neigung für mathem., später auch für staatswissenschaftliche Studien; äußere Verhältnisse wiesen ihn aber auf das Wegebaufach. Nachdem er bei dem preuß. Staatsbauwesen mehrere untergeordnete Stellungen bekleidet hatte, wurde er später zum Geh. Oberbaurat und Mitglied der Oberbaudirektion ernannt. Die meisten von 1816 bis 1826 im preuß. Staate ausgeführten Kunststraßen wurden unter seiner Mitwirkung, sowie später die Berlin-Potsdamer Eisenbahn nach seinem Entwurfe gebaut. C. ward 1828 zum Mitgliede der Akademie der Wissenschaften erwählt. Nachdem er 1849 seiner geschwächten Gesundheit wegen dem Staatsdienste entsagt hatte, starb er 6. Okt. 1855 zu Berlin. Wichtig für die Geschichte der Mathematik ist C.s Begründung des «Journals für reine und angewandte Mathematik».
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