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Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

Schlagworte auf dieser Seite: Curtĭus

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Curtius (Marcus) – Curtius (Georg)

Curtĭus, Marcus, nach der röm. Sage ein edler Jüngling, der sich auf heldenmütige Art freiwillig für das Wohl seines Vaterlandes opferte, als sich auf dem Marktplatze von Rom 362 v. Chr. eine Kluft von unendlicher Tiefe geöffnet hatte. Die Weissager verkündeten, die Kluft werde sich nur dann schließen, wenn das beste Gut, das Rom habe, hineingeworfen werde. Man wollte die Götter befragen, welches Gut dies sei; da trat C. auf. «Nichts Besseres hat Rom als Waffen und Tapferkeit», rief er dem versammelten Volke zu, legte seine Rüstung an, bestieg ein kostbar geschmücktes Roß, weihte sich vor den Augen des Volks feierlich dem Tode und stürzte sich in den Schlund, der sich alsbald schloß und an dessen Stelle sich ein Sumpf (Lacus Curtius) bildete.

Curtĭus Rufus, Quintus, röm. Geschichtschreiber, Verfasser eines Werks «De rebus gestis Alexandrii Magni» in 10 Büchern, von denen die beiden ersten fehlen, andere lückenhaft sind. Über die Zeit des C. herrscht die größte Meinungsverschiedenheit, nach einigen lebte er unter Augustus, nach andern unter Claudius oder Vespasian, andere setzen ihn in das 3. Jahrh. n. Chr. oder gar in die Zeit Konstantins oder des Theodosius. Wahrscheinlich war C. ein röm. Rhetor, der im ersten Jahrhundert der Kaiserzeit, vermutlich unter Claudius, lebte. Gering ist der histor. Wert des Werks. C. lehnt histor. Kritik ausdrücklich ab und richtet sein Bestreben vorzugsweise auf wirkungsvolle glänzende Ausmalung derjenigen Partien, die ihm dazu am geeignetsten erscheinen, sodaß sein Geschichtswerk eher einem Romane gleicht. Während des Mittelalters wurde das Werk des C. viel gelesen, abgeschrieben und bewundert. Im 17. Jahrh. machte unter andern Freinsheim den Versuch, die verlorenen Bücher und Lücken zu ergänzen. Neuere Ausgaben lieferten Mützell (mit Kommentar, 2 Bde., Berl. 1841) und in kritischer Hinsicht Zumpt (Braunschw. 1849), Hedicke (Berl. 1867) und Vogel (Lpz. 1880); Ausgaben mit erklärenden Anmerkungen Mützell (Berl. 1843), Zumpt (2. Aufl., Braunschw. 1864), Vogel (Bd. 1, 3. Aufl., Lpz. 1885; Bd. 2, 2. Aufl., 1880) und Croiset (Par. 1886); Übertragungen Ostertag (2. Aufl., 2 Bde., Frankf. 1799), Siebelis (3. Aufl., 9 Bdchn., Stuttg. 1882 fg.). – Vgl. Bosson, Étude sur Quinte Curce, sa vie et son œuvre (Par. 1887).

Curtĭus, Ernst, Archäolog und Philolog, geb. 2. Sept. 1814 zu Lübeck, studierte in Bonn, Göttingen und Berlin Philologie und ging 1837 mit Brandis nach Athen, wo er mit E. Geibel die «Klassischen Studien» (Bonn 1840) herausgab. 1840 begleitete er seinen Lehrer O. Müller auf dessen Reisen durch Griechenland und habilitierte sich dann 1843 an der Berliner Universität, an welcher er 1844 eine außerord. Professur erhielt. Im Okt. 1844 zum Erzieher des nachmaligen Kaisers Friedrich Ⅲ. berufen, begleitete C. diesen 1849 auf die Universität Bonn. 1850 nach Berlin zurückgekehrt, widmete er sich wieder seinem akademischen Lehramte, bis er 1856 als ord. Professor und Mitdirektor des Philologischen Seminars nach Göttingen ging. C. wurde 1853 Mitglied der Akademie der Wissenschaften zu Berlin, unternahm 1862 mit Bötticher und Strack wieder eine Reise nach Griechenland und wurde 1863 als ord. Professor an die Universität Berlin berufen, wo er zugleich Direktor des Antiquariums und beständiger Sekretär der königl. Akademie der Wissenschaften wurde. Im Frühjahr 1874 ging C. im Auftrage des Deutschen Reichs nach Athen und schloß mit der griech. Regierung einen Vertrag wegen der Ausgrabungen zu Olympia ab, die im Okt. 1875 begannen. ^[Spaltenwechsel]

Die Hauptwerke C.’ sind: «Peloponnesos» (2 Bde., Gotha 1851‒52), eine Darstellung dieser Halbinsel mit Bezug auf deren Geschichte, Sagen und Kunstdenkmäler, die «Griech. Geschichte» (6. Aufl., 3 Bde., Berl. 1887‒88), worin er die Ergebnisse der gelehrten Forschung in geschmackvoller Darstellung einem größern Publikum zugänglich machte, und «Die Stadtgeschichte von Athen» (ebd. 1891). Sonst sind von seinen Arbeiten noch hervorzuheben: «Anecdota Delphica» (ebd. 1843), «Inscriptiones Atticae duodecim» (ebd. 1843), «Die Akropolis von Athen» (ebd. 1844), «Die Ionier vor der ion. Wanderung» (ebd. 1855), «Zur Geschichte des Wegebaues bei den Griechen» (ebd. 1855), «Über griech. Quell- und Brunneninschriften» (Gött. 1859), «Attische Studien» (Heft 1 u. 2, ebd. 1862‒65), «Sieben Karten zur Topographie von Athen nebst einem erläuternden Text» (Gotha 1868). Das Resultat seiner dritten Reise nach Kleinasien und Griechenland waren die «Beiträge zur Geschichte und Topographie Kleinasiens» (Berl. 1872; mit einem Nachtrag: «Philadelpheia», ebd. 1873) und der Vortrag «Ephesos» (ebd. 1874). 1878 gab er mit Kaupert heraus den «Atlas von Athen» (ebd.), dem die «Karten von Attika» (Heft 1‒7, ebd. 1881‒93) folgten. Ebenfalls 1878 erschien: «Zwei Giebelgruppen aus Tanagra» (ebd.). C. hat noch eine Reihe wissenschaftlicher Arbeiten in den «Abhandlungen der Berliner Akademie der Wissenschaften» und in der von ihm und R. Schöne herausgegebenen «Archäolog. Zeitung» veröffentlicht. Dazu gehören: «Über Wappengebrauch und Wappenstil im griech. Altertum» (Berl. 1874), «Die Plastik der Hellenen an Quellen und Brunnen» (ebd. 1876) u. s. w. Ferner erschienen von ihm «Göttinger Festreden» (ebd. 1864), «Altertum und Gegenwart. Gesammelte Reden und Vorträge» (Bd. 1, 4. Aufl., 1892; Bd. 2, 2. Aufl., 1886; Bd. 3 unter dem besondern Titel «Unter drei Kaisern», 1889). Die Resultate der Ausgrabungen von Olympia sind enthalten in den «Ausgrabungen zu Olympia» (Berl. 1877 fg.). Dazu gehören als Ergänzung: «Olympia und Umgegend. Zwei Karten und ein Plan mit Text, hg. von C. und F. Adler» (ebd. 1882) und außerdem noch «Die Altäre von Olympia» (ebd. 1882). Von C.’ «Gesammelten Abhandlungen» erschien 1893 (Berlin) der 1. Band.

Curtĭus, Georg, Philolog, Bruder des vorigen, geb. 16. April 1820 zu Lübeck, studierte zu Berlin und Bonn Philologie, war dann Lehrer und Erzieher am Blochmannschen Institut in Dresden, habilitierte sich 1845 in Berlin, wurde 1849 außerord., 1851 ord. Professor der Philologie in Prag, 1854 in Kiel. Ostern 1862 wurde er als ord. Professor der klassischen Philologie und Mitdirektor des Philologischen Seminars an die Universität Leipzig berufen. Er starb 12. Aug. 1885 in Hermsdorf bei Warmbrunn. C. strebte die komparativ-linguistischen und die klassisch-philol. Studien möglichst miteinander zu verbinden. Seine schriftstellerischen Arbeiten erstreckten sich daher vorzugsweise auf die griech. und lat. Sprache, die er vom Standpunkt der allgemeinen vergleichenden Grammatik aus behandelte. Dahin gehören «Die Sprachvergleichung in ihrem Verhältnis zur klassischen Philologie» (2. Aufl., Berl.

^[Artikel, die man unter C vermißt, sind unter K aufzusuchen.]