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Dampfkesselexplosionen
Die Feuerung eines D. ist von ebenso großer Wichtigkeit für die Dampferzeugung als der D. selbst. Fast alle Neuerungen in der Anordnung der Feuerungen bezwecken eine möglichst vollkommene und die Umgebung nicht belästigende, also besonders eine rauchfreie Verbrennung. Der durch unvollständige Verbrennung herbeigeführte Verlust betrug 1887/88 allein für die D. Berlins 1¾ Mill. M. (Näheres darüber s. Feuerungsanlagen; vgl. auch Vorwärmer.)
Leistung und Wirkungsgrad. Maßgebend für die Beurteilung der Leistung der Kesselanlage ist das Verhältnis des Brennmaterialgewichts zum Gewichte der bei der Verbrennung erzeugten Dampfmenge oder wieviel Kilogramm Wasser durch Verbrennung von 1 kg Brennstoff verdampft werden. Für das Verhältnis des Dampfgewichts zum Brennstoffgewicht ergeben sich folgende Zahlen:
bei Verbrennung von Steinkohle 5,0‒10,0
" " " Koks 4,5‒8,0
" " " Braunkohle 2,0‒4,5
" " " Torf 1,5‒3,0
" " " Holz 2,5‒3,5
" " " Stroh 1,5‒2,0,
wobei die kleinern Zahlen für geringwertige Heizstoffe oder mangelhaften Betrieb Gültigkeit haben. Hierbei ist zu Grunde gelegt, daß für die Verdampfung von 1 kg Wasser eine Wärmemenge von 600 Kalorien erforderlich sei.
Die Verdampfung pro Quadratmeter Heizfläche und Stunde beträgt für Walzenkessel und Flammrohrkessel:
bei gemäßigtem Betrieb 12‒15 kg Dampf
" gewöhnlichem " 18‒20 " "
" angestrengtem " 25‒30 " "
dabei haben sowohl Galloway- als Pauckschkessel auch bei angestrengtestem Betriebe noch eine vorzügliche Ausnutzung des Brennmaterials ergeben. Dagegen ist für ökonomischen Betrieb zu rechnen: bei Heizröhrenkesseln, kombinierten Kesseln und Wasserröhrenkesseln 13‒16 kg Dampf pro Stunde und Quadratmeter Heizfläche; bei Lokomobilkesseln 10‒12 kg pro Quadratmeter Heizfläche und Stunde.
Auf 1 qm Rostfläche kann man pro Stunde auf Planrosten von guten Steinkohlen ökonomisch günstig 70‒80 kg verbrennen, von Braunkohlen 100 kg, bei einer Schichtdicke von etwa 10 cm.
Der Wirkungsgrad der Kesselanlage, d. h. das Verhältnis der Wärmemenge, welche an das Kesselwasser übergeht, zu der bei der Verbrennung frei werdenden Wärme beträgt bei stationären Kesseln je nach der Güte der Anlage 0,55 bis 0,75.
Dimensionen, Gewichte und Preise. Die einfachen Walzenkessel werden von 3 bis 22 qm Heizfläche ausgeführt in Längen von 2,5 bis etwa 10 m und Durchmessern von 0,6 bis 1,250 m. Die Walzenkessel mit Siederohren findet man bis 80 qm Heizfläche. Ein Walzenkessel mit 2 Siederohren von 80 qm Heizfläche hat gegen 12 m Länge und wiegt, für 6 kg Überdruck bestimmt, gegen 12000 kg, wobei der Preis für 1000 kg 3‒400 M. beträgt. Die Cornwallkessel mit einem Flammrohr sowie die Zweiflammrohrkessel werden bis 100 qm Heizfläche ausgeführt. Die Länge derselben beträgt im Maximum 10‒12 m, der Durchmesser 2,200 m, das Gewicht (für 6 kg Überdruck und 100 qm Heizfläche) 17‒20000 kg. Kombinierte Kessel, erreichen eine Größe von 200 qm Heizfläche, ebenso die Rootschen Kessel, während Wasserröhrenkessel nach Art des Steinmüllerschen Kessels bis zu 250 qm Heizfläche für einen Kessel ausgeführt werden. Ein Steinmüller-Kessel von etwa 250 qm Heizfläche mit 168 Wasserröhren von 95 mm Durchmesser wiegt gegen 32000 kg und kostet gegen 20000 M., inkl. Armatur.
Die Kessel der Lokomotiven haben eine Heizfläche von 75 bis 130, für Gebirgsbahnen bis 200 qm.
Statistisches. Nach der amtlichen Statistik waren im Königreich Preußen, abgesehen von den für die Militärverwaltung, die Kriegsmarine und die Lokomotiven bestimmten D., vorhanden:
1879: 1889:
feststehende D. 32411 47151
D. der Lokomobilen 5536 12177
Schiffsdampfkessel 702 1836
Summa 38649 61164.
Im Deutschen Reich wird die Zahl der D. 1892 zu über 100000 anzunehmen sein. Hauptplätze für die Herstellung von D. sind Berlin, Chemnitz, Köln, Hamburg, Dortmund, Aachen, München, Frankenthal, Landsberg a. d. W. Die Einfuhr von D. belief sich 1891 auf 274 t im Werte von 121000 M., die Ausfuhr auf 1873 t im Werte von 899000 M.
Über die gesetzlichen Bestimmungen in Bezug auf die D. s. Dampfkesselgesetze.
Litteratur. H. von Reiche, Anlage und Betrieb der D. (2 Bde., 3. Aufl., Lpz. 1886‒88); J. Denfer, Die D. mit Rücksicht auf ihre industrielle Verwendung (deutsch von D’Ester, Berl. 1879); Schlippe, Der Dampfkessel-Betrieb (2. Aufl., ebd. 1892); Neue Dampfkesselkonstruktionen und Dampfkesselfeuerungen mit Rücksicht auf Rauchverbrennung, hg. vom Verband deutscher Dampfkesselüberwachungsvereine (Dresd. 1890); Thielmann, Lehr- und Handbuch der Dampfkesselanlagen (2. Aufl., 2 Bde., Lpz. 1881 u. 82); Mayer, Die praktische Wartung der D. und Dampfmaschinen (Wien 1892); Haeder, Bau und Betrieb der D. (Duisb. 1893); Simerka, D. und Dampfmaschinen (3. Ausg., Pilsen 1893). S. auch Feuerungsanlagen und Dampfmaschine.
Dampfkesselexplosionen, im Innern der Dampfkessel auftretende gewaltsame Erschütterungen, die eine Zerstörung des betreffenden Kessels zur Folge haben. Die Ursachen der D. sind verschiedener Natur und können nicht immer mit Sicherheit festgestellt werden. Die Vorgänge, welche meist als Ursache angenommen werden, sind folgende:
1) übermäßige Dampfspannung. An und für sich ist diese weniger gefährlich und führt meist nur dann zur Explosion, wenn der Kessel zugleich Erschütterungen von außen oder von innen erfährt.
2) Unfähigkeit abgenutzter Kessel oder einzelner Stellen derselben, dem Dampfdruck zu widerstehen. Die Folge hiervon ist ein Zerreißen der Platten und somit eine Explosion. Erfahrungsgemäß sind namentlich die innern Korrosionen der Kesselwände gefahrbringend, während die äußern durch das Feuer entstandenen Korrosionen nach langjährigen statist. Zusammenstellungen am allerwenigsten als Ursache der D. erkannt wurden.
3) Wassermangel. Durch diesen werden entweder nur einzelne Stellen des Kessels, z. B. an den Zügen, bloßgelegt, oder es kann bei gänzlicher Entleerung die ganze Heizfläche glühend werden. Dann sind zwei Explosionsursachen möglich: a. Durch Berührung des eingepumpten Wassers mit den erhitzten Kesselwänden bildet sich so rasch und so reich- ^[folgende Seite]