Autorenkollektiv,
F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien,
14. Auflage, 1894-1896
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Dampfmaschine
rotierender Wellen verwendet wurde. Eine der ältern Ausführungsformen dieser Newcomenschen atmosphärischen Maschine zeigt nachstehende Fig. 3. Der durch den Hahn a aus dem eingemauerten Dampfkessel in den Cylinder tretende Dampf läßt den Kolben, dessen Kolbenstange an dem einen Arm eines Balanciers hängt, durch den Zug des am andern Arm hängenden Pumpengestänges aufwärts gehen. Sperrt man den Dampf durch Schließen des Hahnes a ab und läßt aus dem hochliegenden Gefäß c durch Öffnen des Hahnes b kaltes Wasser in den Cylinder treten, so kondensiert sich der Dampf, wodurch ein annähernd luftleerer Raum entsteht, und der äußere Luftdruck bewirkt das Herabdrücken des Kolbens und somit das Heben des schweren Pumpengestänges. Nachdem das Wasser durch das Rohr f abgeflossen ist, beginnt durch Einlaß von Dampf in den Cylinder das Spiel von neuem. Die Steuerung der beiden Hähne mußte zuerst durch einen Arbeiter mit der Hand, dem Gange der Maschine entsprechend, geschehen. Ein zur Ausführung dieser Arbeit angestellter Knabe, H. Potter, verband dann aber die Handgriffe der Hähne durch Schnüre direkt mit den bewegten Teilen der Maschine, sodaß die notwendigen Hahnbewegungen von der D. selbst geschahen. Hierdurch wurde er der Erfinder der selbstthätigen Steuerung. Trotz der im Verhältnis zu den frühern Ausführungen günstigen Wirkungsweise der Newcomenschen Maschinen, der zufolge sie zur Wasserhebung in Bergwerken bis in die neuere Zeit noch Verwendung gefunden haben, waren dieselben wegen ihres beträchtlichen Brennstoffverbrauchs für allgemeine Zwecke nicht anwendbar. Obgleich weitere zur wirklichen Ausführung gekommene Verbesserungen der bisher noch Feuermaschine genannten D. erst in den siebziger Jahren des vorigen Jahrhunderts zu verzeichnen sind, ist eine von Leupold in seinem «Theatrum machinarum hydraulicarum» (Lpz. 1725) beschriebene Idee aus mehrern Gründen bemerkenswert. Die in dem genannten Werke beschriebene und in Fig. 4 skizzierte Maschine arbeitet folgendermaßen. Der in dem Dampfkessel K entwickelte Dampf tritt durch den Kanal b a eines Vierweghahns in den linken Cylinder C₁, dessen Kolben er vermöge seiner Spannung emportreibt, wobei diese Bewegung durch den Balancier B₂ und das Gestänge P₁ weitergeleitet wird. Dreht man hierauf den Hahn um 90 Grad. so entsteht die nebenbei gezeichnete Stellung, bei welcher der linke Cylinder durch a c mit der Luft, der rechte (C₂) jedoch durch b d mit dem Kessel in Verbindung steht, sodaß jetzt der rechte Kolben emporgetrieben wird und seine Bewegung an den Balancier B₁ und das Gestänge P₂ abgiebt, während der linke, sei es durch entsprechend angeordnete Gewichte oder durch ein Schwungrad, zum Niedergang gebracht wird. Während in der Newcomenschen Maschine der Dampf nur erzeugt wird, um dann durch seine Kondensation einen luftverdünnten Raum zu bilden, also eigentlich nur indirekt wirkt, kommt in der Leupoldschen Maschine die beliebig hohe Spannkraft des Dampfes direkt zur Wirkung.
^[Abb. Fig. 3.]
^[Abb. Fig. 4.]
Obgleich daher dieser Maschine, auch wegen der einfachen sinnreichen Hahnsteuerung, ein gewisser Grad von Vollkommenheit zuerkannt werden muß, ist nicht bekannt, daß sie jemals ausgeführt worden sei, und erst der unermüdliche James Watt hat das Verdienst, eine für alle Betriebsverhältnisse brauchbare D. konstruiert zu haben. Seine ganze Schaffenszeit, von 1769 bis 1800, in der er in rascher Folge Erfindung an Erfindung reihte, bezeichnet man in der Geschichte der D. allgemein als Watt-Periode. Dieser Periode gehen 1760 die für die Erkenntnis der Dampflehre wichtigen Forschungen von Joseph Black über die latente Wärme und die specifische Wärme voran. Schon 1765 erfand Watt auf Grund seiner Studien und Versuche über die Wärme den Kondensator mit der sog. Luftpumpe. Er ließ die Kondensation des Dampfes nicht mehr wie in der Newcomenschen Maschine im Cylinder selbst, sondern in einem besondern Raume, dem Kondensator, stattfinden, der im geeigneten Moment mit dem Cylinder in Verbindung gesetzt wurde (s. Kondensator). Auch die übrigen Verbesserungen, welche Watt an den Hauptteilen der D. anbrachte, waren von so bedeutendem Einfluß und brachten die D. auf eine so hohe Stufe der Vollendung, daß dem Namen Watt für alle Zeiten der Ehrenplatz in der Geschichte