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Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

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Dampfmaschine

dampfermaschinen ausgeführt wird. Nach der Wirkungsweise des Dampfes in der Maschine zerfallen die D. in einfach wirkende und doppelt wirkende. Unter den einfach wirkenden D. sind solche zu verstehen, bei denen der Dampf nur auf einer Seite des Kolbens wirkt, während der Rückgang des Kolbens entweder durch den atmosphärischen Druck oder durch Gegengewichte erfolgt. Bei den doppelt wirkenden D. wirkt der Kesseldampf abwechselnd auf beide Seiten des Kolbens. Ferner unterscheidet man D. mit und ohne Kondensation, erstere werden mit dem Namen Kondensationsmaschinen, letztere mit Auspuffmaschinen bezeichnet. Hat die D. nur einen einzigen Cylinder, so nennt man sie Eincylindermaschine. Sind zwei solche Cylinder gleicher Abmessungen an einer Maschine vorhanden, von denen jeder den Admissionsdampf aus dem Kessel erhält, so hat man eine Zwillingsmaschine, entsprechend bei drei gleichen Cylindern eine Drillingsmaschine oder häufiger Dreicylindermaschine. Eine weitere Klasse von D. bilden diejenigen, bei denen die Expansion des Dampfes stufenweise in mehrern Cylindern nacheinander vor sich geht. Hierzu sind zu rechnen die Woolfschen und die Compoundmaschinen (s. oben, Geschichtliches, S. 737 a). Nach der Art der Steuerung werden noch die Ausdrücke Schiebermaschinen und Ventilmaschinen gebraucht. Die Maschinen mit hoher Umdrehungszahl, etwa von 200 Umdrehungen in der Minute an, werden oft als Schnelllaufende Dampfmaschinen oder kurz Schnellläufer bezeichnet (Verwendung zum Betriebe von Centrifugalpumpen und Dynamos). Der Name Balanciermaschine kommt den D. zu, bei denen die Kolbenstange nicht direkt durch die Pleuelstange mit der Kurbel verbunden ist, sondern erst auf einen Balancier wirkt, von dem aus dann durch die Pleuelstange die Welle umgetrieben wird. Oscillierende Maschinen, bei denen der oder die Cylinder um eine Achse schwingen und die Kolbenstange direkt am Kurbelzapfen angreifen, werden wegen ihrer geringen Länge in Richtung der Cylinderachse meist für Raddampfer konstruiert. Unter Hubmaschinen versteht man solche, bei denen nur hin und her gehende Bewegungen der Getriebe und Steuerungsteile vorkommen, wie bei vielen Wasserhaltungsmaschinen. Wanddampfmaschinen, mit der Grundplatte an der Gebäudemauer, der Raumersparnis wegen, angebracht, gewöhnlich kleinere Maschinen, kommen im Fabrikbetriebe ziemlich oft vor. (Vgl. Wasserhaltungsmaschine, Cornische Maschinen, Fördermaschine und Kleinmotoren.)

Die Steuerungen. Zur Erklärung der Steuerung, d. h. der Einrichtung, die den Dampfeintritt und Dampfaustritt, mit einem Wort die Dampfverteilung selbstthätig regelt, dienen nachstehende Fig. 5 u. 6. In beiden Figuren steht der Kolben K in der Mitte des Cylinders, in Fig. 6 in der Bewegung nach abwärts, in Fig. 5 in der nach aufwärts begriffen. Der Maschinenteil, welcher den Dampf bald über, bald unter den Kolben treten läßt, ist der Schieber (einfacher Muschelschieber) AB, der in Fig. 5 nahezu seine höchste, in Fig. 6 angenähert seine tiefste Stellung einnimmt. Derselbe wird von einem auf der Maschinenwelle sitzenden Excenter bewegt und gleitet über den drei Kanälen f, o, d, von denen f in den untern Raum des Cylinders bei g, d in den obern bei e mündet, während o, der Austrittskanal, mit der freien Luft oder dem Kondensator in Verbindung steht. Über dem Schieber ist der Schieberkasten CE an dem Cylinder befestigt und mit dem Dampfkessel durch das Rohr D in Verbindung gesetzt. Denkt man sich in Fig. 5 den Kolben K, der von unten den Druck des Dampfes erhält, in die Höhe gehend, so wird durch das entsprechend auf der Kurbelwelle aufgesteckte Excenter der Schieber AB gleichzeitig von oben nach unten bewegt, schließt den Kanal f und sperrt somit den Dampfzufluß unter den Kolben ab. Bei der fortgesetzten Drehung der Kurbelwelle bewegt sich der Schieber immer tiefer, während der Kolben bis zum höchsten Punkte geht und umkehrt. Dann erhält der Kolben Dampfdruck von oben, denn der Kanal d wird durch den Schieber mit dem Dampfraum in Verbindung gebracht, während der Kanal f durch den Schieberhohlraum und den Ausströmungskanal o mit der freien Luft oder dem Kondensator kommuniziert, sodaß der im untern Teil des Cylinders enthaltene Dampf entweicht. Hat dann der Kolben die in Fig. 6 gezeichnete Mittelstellung eingenommen, so hat auch der Schieber nahezu seinen tiefsten Punkt erreicht und bewegt sich wieder nach oben, wobei er zuerst die Kanäle f und d schließt, dann, wenn der Kolben nahe am untern toten Punkt steht, f mit dem Dampfraum, d dagegen mit der freien Luft oder dem Kondensator verbindet, sodaß der Kolben aufwärts bewegt wird. Die Verbindung eines der Kanäle d und f mit dem Dampfraum oder der freien Luft oder dem Kondensator muß stets etwas vor dem Augenblick stattfinden, wo der Kolben seine Endstellung eingenommen hat. Dagegen kann die Absperrung des Dampfzutritts durch die Verdeckung der Einströmungskanäle d und f in jeder beliebigen Kolbenstellung erfolgen, worauf der Dampf durch Expansion wirkt. Die Kolbenstange G sowie die Schieberstange F sind durch Stopfbüchsen dampfdicht nach außen geführt.

^[Abb. Fig. 5.]

^[Abb. Fig. 6.]

Da die eben beschriebene einfache Muschelschiebersteuerung, wenn der Schieber durch ein auf der Welle sitzendes Excenter bewegt wird, sich nicht zur Anwendung einer großen Expansion, d. h. zu einer geringen Füllung des Cylinders mit frischem Dampf eignet (der einfache Muschelschieber giebt mindestens 50 Proz. Füllung und mehr), versuchte man teils die Bewegung des Schiebers durch unrunde Scheiben zu bewirken, teils durch Anwendung eines zweiten Schiebers, des Expansionsschiebers, den Dampf früher abzusperren, als dies durch den einfachen Schieber mit Excenterbewegung möglich ist, welch letztere Einrichtung den Vorteil bot, daß man so die aus praktischen Gründen unübertreffliche Bewegung der Schieber durch Excenter beibehalten konnte.