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Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

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Dampfschiffahrt
mitführen mußte. Dafür kann er also aucb 900 t
mehr Ladung einnehmen. Hierdurch sind die Dampf-
schiffsreedereien geradezu gezwungen, um keine Ver-
luste zu erleiden, die Compoundmafchinen der ältern
D. in Dreifach-Expansionsmaschinen umzubauen.
Seit 1884 hat man auch bereits einige Dampfer
mit Vierfach-Erpansionsmaschinen gebaut. Mittels
einer Specialität derselben, der Wo olsschen Tan-
demmaschine, bei welcher die vier Cylinder paar-
weise, je ein Hochdruck- und Niederdruckcylinder, eine
gemeinschaftliche Kolbenstange besitzen, bat man die
Compoundmaschinen auf bequeme Weise umbauen
können. Hand in Hand mit dieser Entwicklung sind
die Verbesserungen an den Maschinenteilen, die Ein-
führung der Dampfmäntel, Überhitzer und ilder-
flächenkondensatoren gegangen sowie die Fortschritte
m der Erzeugung des Dampfes. Zu letztern geHort
namentlich die Einrichtung des künstlichen Zuges
und Unterwindes. Beim künstlichen Zuge wer-
den die Heizgase durch die Feuerzüge der Kessel in
den Schornstein mittels eines daselbst angebrachten
Flügelradgebläses gesaugt; der Unterwind bestebt
darin, daß die Verbrennungsluft mit einem gewissen,
in Gebläsen erzeugten Überdruck durch die Nosten
gepreßt wird, wobei die Heizräume, in welchen der
Überdruck herrscht, möglichst luftdicht abgesperrt
werden müssen. Die Überdruckspannung beträgt nur
25-40 mm Wassersäule. Während anfangs die
Heizer das Arbeiten in abgeschlossenem Raume fürch-
teten, haben sie sich jetzt daran gewöhnt', thatsächlich
ist ihre Gesundheit, namentlich gegen Erkältungen
(Rheumatismus u. s. w.), hierbei besser geschützt als
früher. Die hervorragendsten Leistungen auf dem
Gebiete der Schiffsmaschinen sind die des Ingenieurs
Ziese betreffs der neuern Echichau-Torpedoboote
(f. Torpedoboot). Gleichzeitig ist durch Vervollkomm-
nung der Konstruktion der Schiffsmaschinen in neue-
rer Zeit das Gewicht derselben bedeutend vermin-
dert, die Widerstands arbeit (Reibungsverlust) der
Maschine und Slip (s. d.) der Schraube verkleinert
und die Schifssgeschwindigkeit vermebrt worden,
worüber nachfolgende Vergleichstabelle einen kla-
ren überblick giebt. In der Tabelle bezieben sich die
Angaben in Kolonne 1 auf eine Nattsche Nieder-
druckmasckine von vor 30 Jahren, in Kolonne 2 auf
eine moderne Dreifach-Erpansionsmasckine mit den
neuesten Verbesserungen:
Tabelle der Maschinenleistung.
I 30 Jahren ^tzt
Dampfüberdruck im Kessel in Atmosphä-
ren ...............
Auf 1 <irn Rostfläche erzeugte indizierte
Pfcroetrast............
Mit 1 kS Dampf pro 1 Sekunde erzielte
Pferdckraft............
Kohleuvorbrauch für 1 indizierte Pferdc-
kraft und Stunde in 1 KF.....
Täglicher Kohlenvcrbrauch für 1000 in-
dizierte Pfcrdekraft in t......
Gewicht der Schiffsmaschiue inkl. Kessel-
wasser auf 1 indizierte Pferdekraft
in kF..............
Für Fortbewegung des Schiffs nutzbare
Maschiuenleistuug iu Prozeut . . .
Größte Geschwindigkeit mit Occan-
dampfern in Seemeilen pro Stunde .
' Bei Torpedobooten nnr 25-30 kF.
2 Bei Torpedobootsmaschiucn etwa 60
2 Die fchnellsteu Schichau-Torpedoboote
1,33
12,00
50,00
200,00
180,00
600,00
2,05
0,06
60,00
15,00
250,00
90,00 '
35,00
55,00-
14,00
20,00 3
iroz. -
36 Seemeilen.
Außer der für die Fortbewegung des Schiffs
dienenden Scbiffsmafchine giebt es auf D. eine Zahl
von Dampfmafchinen, Hilfsmafchinen genannt,
deren auf modernen Panzerschiffen bis zu 40 fein
können, welche den verschiedenartigsten Zwecken die-
nen. Die hauptsächlichsten derselben sind: Dampf-
steuerapparate für die Bewegung des Ruders
d.); Umsteuerung sMaschinen zur Be-
dienung der Schiffsmafchine für den Vorwärts-,
Nückwärtsgang und Stillstand; Dampfpumpen
für das Cirkulationswasser des Kondensators und
das Speisen der Kessel; Dampfstrahllenzappa-
rate zum Lenzen (s. d.) des Zellensystems (s. d.) der
Scbiffe; Asckwinden zum Aufheißen der Afche;
Gebläsemaschinen zur Erzeugung des forcierten
Zugs und Unterwindes; Dampfwinden zum Lo-
schen (s. d.) der Ladung; Dampfspills zum Lich-
ten der Ankcr (s. d.); Turm dreh Maschinen auf
Turmschiffen (s. d.). Ferner Maschinen zum Betrieb
der Torpedoluftpumpen (s. Torpedo), der elektrischen
Beleuchtung und Scheinwerfer der Schiffe, der Vor-
richtungen zum Laden der schweren Geschütze und
für das Aus- und Einsetzen der schweren Schisfs-
boote, fowie schließlich Ventilationsmaschinen zum
Ventilieren der Schiffsräume.
Die Tafel: Dampfschiff I zeigt die Einrichtung
des Doppelschrauben-Schnelldampfers "Augusta
Victoria" der Hamburg-Amerikanischen Paketfahrt-
Attiengesellschaft. (Vgl. Schiff.)
Litteratur. Ammann, Der Schiffsmafchinist
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ders., Die Entwicklung der Schiffsmafchine in den
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Die neuern Schnelldampfer derHandels-und Kriegs-
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Kiel 1878): Preble, ^ cIii0N0iuFicHi Iji8t0i'V0t'tti6
oii^in aiiä cl6v6lopin6iit ol 8t69.in navi^tion
(Philad. 1883); Ziese, Über neuere Schiffsmafchinen
(Kiel 1879).
Dampfschiffahrt, derjenige Teil der Schiffahrt
(s. d.), bei welchem die Dampfkraft als Schiffs-
motor verwendet wird. Die ersten praktischen Ver-
suche der D. fallen in das 18. Jahrh. 1783 fuhr
ein Dampfboot des Iouffroy auf der ^aöne zu
Lyon, 1788 jenes von Fitch auf dem Delaware;
1807 richtete Fulton die erste bleibende Flußdampf-
fchiffabrt auf dem Hudson ein. 1811 umfuhr der
engl. Küstendampfer Komet des H. Bell Groß-
britannien. Für die Fahrt auf der hohen See
war es aber von größter Bedeutung, als es 1819