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Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

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Deposition - Depositowechsel
Deposition (lat^), eigentlich der Akt der Hinter-
legung beweglicher fachen im Hinterlegungsvertrag
(s. Depositum), wird im engern Sinne als technischer
Ausdruck für die Hinterlegung bei einer öffentlichen
Behörde oder Anstalt verwendet. Rechtsgrund und
Zweck der D. sind sehr verschieden; entweder hat der
Schuldner ein Recht zur D., um sich von einer Ver-
pflichtung zu befreien, oder es besteht eine Pflicht
zur D. zum Zweck der Sicherheitsleistung (Kaution).
Das erstere ist der Fall, wenn der Gläubiger mit
Empfang der Leistung im Verzug ist oder wegen
Verfügungsunfähigkeit an ihn nicht mit Sicherheit
geleistet werden kann, oder wenn er oder sein Auf-
enthalt unbekannt ist, insbesondere wenn Wechsel
oder Inhaberpapiere (z. B. Zinscoupons) dem
Schuldner zur Verfallzeit nicht zur Einlösung vor-
gelegt werden. Das Verhältnis des Deponenten
zur Hinterlegungsstelle richtet sich in diesen Fällen
im allgemeinen nach den Grundsätzen des Depo-
situm. Wird die D. dagegen zum Zweck der Sicher-
heitsleistung vorgeschrieben, was sowohl aus pro-
zessualischen wie aus verwaltungsrechtlichen Grün-
den in überaus zahlreichen Fällen geschieht, so hat
die Hinterlegungsstelle (der Fiskus) ein Faustpfand
an den deponierten Wertobjekten, und es ist dann
in der Regel auch angeordnet, daß die Kaution in
barem Gelde oder in inländischen öffentlichen Wert-
papieren hinterlegt werden muß. (S. Kaution.)
Endlich ist die D. von Wertobjekten bisweilen vor-
geschrieben, um die Eigentümer vor Verlust zu
schützen, namentlich zu Gunsten der bevormundeten
Personen; alsdann erfolgt die D. nicht lediglich zum
Zweck der Aufbewahrung, sondern auch zum Zweck
der Verwaltung, und das Rechtsverhältnis bestimmt
sich nach den Regeln von der Geschäftsführung (Tutel,
Quasimandat u. s. w.). - Auch wird in der Gerichts-
sprache mit D. die Aussage z. V. eines Zeugen zum
gerichtlichen Protokoll verstanden.
Die D. als kirchliche Strafe der kath. Kirche
gegen Kleriker entzieht dem Geistlichen die Fähig-
keit, den empfangenen oräo auszuüben, das Amt
und die Pfründe und enthält zugleich die Unfähig-
keit zum fernern Erwerbe von Ämtern und Pfrün-
den. Verhängt wird dieselbe durch den kompeten-
ten Bischof, gegen Bischöfe nur vom Papst. Von
der äspositio wird unterschieden als milderer Grad
die priv^tio d6Q6iioii, als härterer die äkFraäg^io.
Erstere entzieht zwar Amt und Pfründe, nicht da-
gegen die Fähigkeit zum Erwerbe eines andern.
Me Degradation dagegen ist die vom geistlichen
Richter ausgesprochene (v6ldHÜ8) und mit bestimm-
ten Ritualen durch den Bischof vollzogene (acwHii")
Absetzung eines Geistlichen, die diesen nicht nur
seines bisherigen Amtes beraubt und ihm für die Zu-
kunft die Anstellungsfähigkeit entzieht, sondern da-
neben auch den Verlust der geistlichen Standesrechte
herbeiführt. Nach kanonischem Rechte ist die Degra-
dation die Vorbedingung, damit der Staat sich der
Person eines verbrecherischen Geistlichen bemächtigen
könne; das moderne staatliche Recht nimmt jedoch
hierauf keine Rücksicht mehr. (Vgl.Kober, Die D. und
Degradation nach den Grundsätzen des kirchlichen
Rechts historisch-dogmatisch dargestellt, Tüb. 1867.)
- Die preuß. Gesetzgebung von 1873 enthielt um-
fassende Vorschriften über die Mitwirkung und Auf-
sicht des Staates in betreff des Absetzungsverfahrens
gegen Kleriker. Diese Vorschriften sind jetzt wieder
aufgehoben, nur ein geordnetes prozessualisches Ver-
fahren und schriftliche Ausfertigung des Urteils mit
Gründen wird gefordert; Mitteilung des Urteils an
den Staat ist nicht mehr vorgeschrieben; nur in dem
Falle, daß die Sentenz vom Staate zur Exekution
gebracht werden soll, bedarf es einer Vollstreckbar-
keitserklärung durch den Oberpräsidenten. Die durch
gerichtliches Urteil des Staates zu bewirkende Ab-
setzung von Geistlichen ist jetzt verwandelt in Ab-
erkennung des Rechts zur weitern Ausübung des
Amtes. Diese letztere Rechtsfolge nebst Verlust
des Amtseinkommens, nicht aber den Verlust des
Amtes selbst, ziehen endlich auch staatliche Straf-
urteile auf Zuchthaus, Aberkennung der bürgerlichen
Ehrenrechte und der Fähigkeit zur Bekleidung öffent-
licher Ltmter nach sich.
In der studentischen Sprache nannte man
D< im Mittelalter und bis gegen die Mitte des
18. Jahrh, die Aufnahme eines Neulings (damals
Veanus oder Bacchant genannt) in die Stu-
dentenschaft. Sie war mit symbolischen Bräuchen
verbunden, die die Ablegung der frühern Unbän-
digkeit und die Herstellung des nötigen Schliffs dar-
stellen sollten; dem Veanus wurde der Geckenhut
oder Bacchantenhut mit zwei Hörnern aufgesetzt
und wieder herabgeschlagen und der "Bacchanten-
zahn" ausgezogen, hierauf folgte eine derbe Be-
arbeitung mit Hobel, Zange, Ohrlöffel, Säge, Boh-
rer u.dgl. Ausgeführt wurde diese Ceremonie durch
einen besonders dazu bestellten Beamten oder ältern
Studenten, den Depositor, unter Vorsitz des De-
kans der Artistenfakultät. Dann wurde der Bean
zum Dekan geführt, der ihm Salz (das Salz der
Weisheit) in den Mund gab und Wein auf den Kopf
goß. Nachdem nun die Gebühren für die D. entrichtet
waren, bekamen die Deponierten ihren Depositions-
schein,auf Grund dessen sieder Rektorimmatrikulierte.
- Depositionsähnliche Gebräuche fanden sich, wie
Gregor von Nazianz berichtet, schon im 4. Jahrh,
in Athen, überhaupt sind derartige Gebräuche bei
der Aufnahme von Neulingen in die Gemeinschaften
Alterer schon sehr alt. Die Foppereien der Hand-
werker, das "Hänseln" der Kaufleute (speciell der
hanseatischen in der Faktorei Bergen, woher der
Name), der Ritterschlag, die Ceremonien der See-
leute beim ersten Passieren der Linie sind alles Arten
von D. Auch die Weihung der Lehrlinge in den
Zünften zu Gesellen hieß D.; es geschah zum Teil
durch besondere Festspiele, die man D epositivns-
spiele nannte. - Auf den deutschen Universitäten
findet sich die D. schon im 15. Jahrh, als obrigkeitlicher
Akt; sie fand im Laufe der nächsten Jahrhunderte stets
warme Verteidiger bei den Gelehrten, Anfang des
18. Jahrh, aber kam sie allmählich ab. Man zeigte
nur noch die Instrumente mit Erklärungen vor, später
und zum Teil heute noch finden sich Spuren davon
im Universitätsdepositor und im Depositionsschein;
in Leipzig z. B. wurde erst durch das Gesetz vom
29. März 1,822 die Erlangung des akademischen Bür-
gerrechts durch bloße D. aufgehoben. - Vgl. Pern-
werth von Värnstein, Beiträge zur Geschichte und Lit-
teratur des deutschen Studententums (Würzb.1882).
Bildliche Darstellungen der D. enthält das Buch Ora-
tioii63 äuae äs Riw DopositioiiiL (Strahb. 1666;
neu gedruckt ebd. 1879); Schochs Komödia vom Stu-
dentenleben (1657; neue Ausg. Münck. 1892).
Depositor, s. Deposition.
Depositorlum (neulat.), Ort zum Ausbewahren,
besonders ein Schrank für Akten und andere wichtige
Papiere, auch soviel wie Archiv (s. Depositenwesen).
Depositowechfel, s. Depotwechsel.