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Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

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Deprez - Deputation
Sturz (1881) sich wieder der Neubildung und dem
Vorsitz des Kabinetts zu widmen' bei dessen zwei-
maliger Umbildung übernahm D. 1885 auch das
Auswärtige und gesellte sich 1887 Crispi, Zanardelli
undBertole-Vialezu. D. starb 29.Iuli 1887 in Stra-
della. In der ital. Geschichte der letzten Jahre, na-
mentlich seit 1876, nimmt D. eine gewichtige Stellung
ein, insbesondere durch die Zersetzung der alten Par-
teien, die er vor allem durch seinen Transformismus
(s.d.) befördert hat, durch Eisenbahnbau, Abschaffung
der drückenden Mahlsteuer und des Zwangskurses,
Erhöhung der Militärausgaben, Änderung des
Wahlverfahrens. Er war von großer Arbeitsamkeit
und sehr schmiegsamer Denkungsart, folgte den Strö-
mungen, statt sie zu lenken; grundlegenden Neue-
rungen war er abhold. Ein ruhiger, aber sehr ge-
wandter Redner, machte er schon Eindruck durch sein
Äußeres, seine hohe und würdevolle Gestalt. Zu Leb-
zeiten vielfach angefeindet, wurde er nach feinem Tode
sehr gefeiert. Seine parlamentarischen Reden gaben
Zucco und Fatunato heraus (Rom 1891). - Vgl.
Santi, ^.. v. 6 ii 8U0 ministero (Mail. 1886).
Deprez (spr. -preh), Marcel, franz. Ingenieur
und Elektriker, geb. 19. Dez. 1843 zu Chätillon-sur-
Loing,,besuchte das Lyceum St. Louis und trat dann
in die Lcole äes min68 ein. In weitern Kreisen wurde
D. bekannt durch seine Versuche mit elektrisch er Kraft-
übertragung, deren erster, die Übertragung von etwa
1^/2 Pferdestärken von Miesbach nach Müncken auf
57 km mittels gewöhnlichen Telegraphendrahtes
(verzinkter Eisendraht von 4 mm), einen Haupt-
anziehungspunkt der Zweiten internationalen elek-
trotechnischen Ausstellung, München 1882, bildete.
Theoretisch hatte sich D. schon länger mit diesem
Problem beschäftigt. In einem Vortrag in der 80-
ci6t6 ä68 inT6üi6ui-8 civii8 und in einer Reihe von
Aufsätzen in den "Oom^t68 i-6N(1u8" der Akademie
und in dem Fachjournal "1^3. Ruiniere eiectii^ue"
hatte er gezeigt, daß man, um die elektrische Kraft-
übertragung auf große Entfernungen der Industrie
wirklich dienstbar zu machen, zu weit höhern Span-
nungen greifen müsse, als bis dahin angewendet
seien. In München zeigte er die Richtigkeit seiner
Schlüsse durch die praktische Ausführung; und wenn
auch seine mangelhaften Mafchinen nach wenigen
gelungenen Versuchen versagten, da ihre viel zu
schwachen Wicklungen durch irgend einen Zufall
zerstört worden waren, und auch die folgenden
Versuche: Paris, Nordbahnhof, Grenoble-Vizille
(1883) und Creil-La Chapelle (1885), die D. als
Leiter der von ihm gebildeten ^ociete pour I3. trans-
mi88i0ii äe loi-ce eiectri^ue zuletzt mit Unter-
stützung des Hauses Rothschild anstellte, zu keinem
dauernden Erfolg führten, fo ist doch das Verdienst,
erstmalig den praktischen Nachweis der Möglichkeit
der Übertragung auf weite Entfernungen geführt
zu haben, hoch zu veranschlagen. D. wurde vom
Vorstande der Frankfurter Ausstellung (1892) ein-
geladen, an der feierlichen Eröffnung der Frankfurt-
Lauffener Übertragung teilzunehmen. Auch mit der
Theorie der Dynamomafchine hat sich D. mit Er-
folg beschäftigt. Seine darauf bezüglichen Arbeiten,
die sich durch Eleganz der fast völlig graphifchen
Methode auszeichnen, finden sich in einer großen
Zahl von Aufsätzen desselben in der "I^uiniei'6 eleo
triyu6" und sind im Auszuge in fast alle bekannten
Werke über Dynamomaschinen übergegangen. Viel-
fachen Gebrauch macht seine Theorie von der zuerst
von Hopkmson benutzten, von D. Charakteristik (s. d.)
genannten Kurve,dercn Bedeutung auch für die prak-
tische Beurteilung der Dynamomaschine, die heute
Allgemeingut ist, wesentlich mit durch D.' Arbeiten
begründet wurde. Endlich verdankt ihm die Elektro-
technik ein recht brauchbares Meßinstrument: das
Galvanometer Deprez-D'Arsonval. 1883 zum Rit-
ter der Ehrenlegion ernannt und seit 1886 Mitglied
der Akademie, wirkt D. seit 1890 als Professor der
angewandten Elektricitätslehre am <Üoll86i'vatoir6
äs8 art8 6t msti6i-8 in Paris.
Deprezieren (lat.), abbitten, auch ablehnen.
Das Wort D. (Abbitten einer Beleidigung) ist
namentlich noch als studentischer Ausdruck üblich,
wo es oft mit dem mildern Revozieren (dem Zurück-
nehmen einer Beleidigung) in Verbindung gebraucht
wird. I^herabspannen.
Deprimieren (lat.), herabdrücken, niederdrücken,
Deprivatiou (lat.), Beraubung, besonders Ab-
setzung eines Geistlichen von seiner Pfründe, s. De-
position.
vs prokunüts (lat., "Aus der Tiefe"), die An-
fangsworte des 130. Pfalms, eines in der katb.
Kirche oft gesungenen Bußpsalms.
Deprosse, Anton, Komponist, geb. 18. Mai
1838 zu München, war Schüler der königl. Musik-
schule daselbst, wurde 1861 an derselben Lehrer und
lebte seit 1864 abwechselnd in Frankfurt, Coburg,
München, Berlin. Er starb 23. Juni 1878 zu Ber-
lin. D. ist durch ein Oratorium "Die Salbung
Davids" und durch vortreffliche Lieder bekannt.
Deptford (fpr. dettf'rd), südöstl. Vorstadt Lon-
dons (s.d.), am rechten Ufer der Themfe teils in
der Grafschaft Surrey, teils in Kent gelegen, grenzt
an die Commercialdocks, im O< an Greenwich und
bat l1891) als Parlamentsborough 101326, mit
St. Nicholas D. (6847 E.) 108173 E. D. ist der
Fleischmarkt für London, zum Anlanden, Schlach-
ten und zum Verkauf des von auswärts einge-
führten Viehes (^oreiZn-^attiL-Narrst). Außer-
dem befinden sich dort das Proviantamt für die
engl. Marine, zu welchem ausgedehnte Bäckereien,
Branereien, Schlachthäuser, Pökelhäufer u. s. w. ge-
hören, fowie Kugelgießerei und Laboratorien. Seit
1889 ist D. eine Hauptstelle für die elektrische Be-
leuchtung der Hauptstadt geworden, da die ^Isctiic
I^iZQtin^ ^ompan^ hier für mehrere Millionen
Mark eine großartige Centralstation errichtet hat.
vbpur3.ntiH (lat.), f. Vlutreinigende Mittel.
Deputat (vom lat. äLputai-e, "anweisen", "be-
stimmen"), veralteter Ausdruck für Abgaben,nament-
lich für folche, welche in Naturalien bestehen. Der
Iagdbcrechtigte hatte nach älterm Rechte öfters
dem Grundeigentümer ein Wilddeputat, der
Weideberechtigte ein D. von den Erträgen der
Herde zu entrichten; ebenfo wurden Holzdepu-
tate von den Erträgen eines Forstes abgeliefert.
Auch Tiensteinkünfte der Beamten, Lehrer, Geist-
lichen, die in Naturalien bestanden und von den Ge-
meinden oder einzelnen Gütern zu entrichten waren,
hießen D. Endlich bezeichnet man damit auch die
Apanagen, welche der Besitzer des Hausfideikom-
misses oder Etammgutes den nächsten Verwandten
zu zahlen hat.
Deputation (lat.), Entsendung, Abordnung eini-
ger Mitglieder einer größeren Vereinigung, welche
im Auftrage und in Vertretung der letztern handeln
sollen: aucb Bezeichnung für die fo "Deputierten"
selbst, so z. B. die zur Begrüßung eines Monarchen
oder einer auszuzeichnenden Person von einer Ge-