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Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

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Dienstmiete
zahlung der nicht geleisteten Dienste frei. Hat
sich der Dienstleistende für seine Lebenszeit oder für
die Lebenszeit des Mieters verpflichtet, so steht ihm
gleichwohl ein Kündigungsrecht zn. Jedem Teile
steht überdies ein Rü'cktrittsrecht zu aus Gründen,
aus denen nach dem Ermessen des Richters dem
Rücktretenden die Aushaltung des Dienstverhält-
nisses nicht anzusinncn ist, z. V. wegen Beleidigung,
Untreue, Gefährdung der Gesundheit. Die Reicks-
gesctzgebung hat besondere Vorschriften gegeben für
den Heuervertrag der Seeleute ^eemannsordnung
vom 27. Dez. 1872, §§. 24 fg.).
Ein Handlungsgehilfe, welcher durch unverschul-
detes Unglück an Leistuug seines Dienstes zeitweise
verhindert wird, geht nach dein Deutschen Handels-
gesetzbuch Art. 60 dadurch seiner Ansprüche auf Ge-
halt und Unterhalt für die Dauer von 6 Wochen
nicht verlustig. Überhaupt kann das Dienstverhält-
nis, wenn im Vertrage nichts anderes bestimmt ist,
mit Ablauf eines jeden Kalendervierteljahrs nach
vorgängiger sechswöchiger Kündigung aufgehoben
werden (Art. 61).
Die Aufhebung des Dienstverhältnisses kann von
jedem Teile aus wichtigen, der Entscheidung des
Richters nach seinein Ermessen überlassenen Grün-
den auch vor der bestimmten Zeit verlangt werden.
Namentlich kann gegen den Prinzipal die Auf-
hebung ausgesprochen werden, wenn derselbe den
Gehalt oder den gebührenden Unterhalt nicht ge-
währt, oder wegen thätlicher Mißhandlungen oder
schwerer Ehrverletzungen' gegen den Handlungs-
gehilfen wegen Untreue und Mißbranch des Ver-
trauens, wenn derselbe ohne Einwillignng des
Prinzipals für eigene Rechnung oder 'Rechnung
eines Dritten Handelsgeschäfte mackt; wegen Ver-
weigerung oder Nicktleistung von Diensten, unsitt-
lichen Lebenswandels, erheblicher Ehrvcrletzungen,
und wenn der Gehilfe durch anhaltende Krankheit,
Kränklichkeit, längere Freiheitsstrafe odcrAdwesen-
heit an Verrichtung feiner Dienste verhindert wird.
Bei der großen socialen Wichtigkeit des Ar-
beitsvertrags hat das Deutsche Neichsgesetz vom
1. Juni 1891, betreffend Abänderung der Gewerbe-
ordnung im Anschluß an die Gewerbeordnung in
der Fassung von 1883, umfassende Bestimmungen
unter 5 Rubriken getroffen: 1) Allgemeine Verhält-
nisse der gewerblichen Arbeiter (Gesellen, Gehilfen,
Lehrlinge, Betriebsbeamte, Werkmeister, Techniker,
Fabrikarbeiter). 2) Verhältnisse der Gesellen und
Gehilfen. 3) Lehrlingsverhältnisse. 4) Verhält-
nisse der Vetriebsbcamten, Werkmeister, Techniker.
5) Verhältnisse der Fabrikarbeiter.
Zu 1. Die Festsetzung der Verhältnisse zwi-
schen den selbständigen Gewerbetreiden-
den und den gewerblichen Arbeitern ist,
vorbehaltlich der durch Reichsgesetz begründeten
Bcschränknngen, Gegenstand freier Übereinkunft.
Das Gefc^ enthält eingehende Bestimmungen über
'd'ieBeichäfngung an Sonn-und Feiertagen <s. ^onn-
tagsfeier). Gewerbtreibende, welchen die bürger-
lichen Ehrenrechte aberkannt sind, dürfen, solange
ihnen diese Rechte entzogen bleiben, sich mit der
Anleitung von Arbeitern unter 18 Jahren nicht be-
fassen (§. 106). Bereits die Gewerbeordnung von
1883 hatte Arbeitsbücher eingeführt szz. 108-114):
Minderjährige dürfen, soweit rcichsgesetzlich nicht
ein anderes zugelassen ist, als Ardeiter nur beschäf-
tigt werden, wenn sie mit einen: Arbeitsbuch ver-
sehen sind. Der Arbeitgeber hat das Arbeitsbuch
einzufordern, zu verwahren, auf amtliches Verlangen
vorzulegen und nach rechtmäßiger Lösung des Ar-
beitsverhältnisses wieder auszuhändigen (§. 107).
Die Löhne der Arbeiter sind in Reichswährung zu
berechnen und bar auszuzahlen. Den Arbeitern
dürfen keine Waren kreditiert werden. Doch ist es
gestattet, den Arbeitern Lebensmittel für den Be-
trag der Anschaffungskosten, Wohnnng und Land-
nutzung gegen die ortsüblichen Miet- und Pacht-
preise/Fenerung, Beleuchtung, regelmäßige Be-
köstigung, Arzneien und ärztliche Hilfe, fowie Werk-
zeuge und Stoffe zu den übertragenen Arbeiten für
den Betrag der durchschnittlichen Selbstkosten unter
Anrechnung bei der Lohnzahlung zu verabfolgen;
desondere Bestimmung ist für die Akkordarbeiten
und die Lohnzahlungen in Gast- und Schankwirt-
schaften getroffen s§§. 115,115a); von den Folgen
der Übertretung dieser Vorschriften handeln §8-116
-118. Nach der Civilprozeßordnung sind Gehalt
und Dienstbezüge der im Privatdienst dauernd an-
gestellten Personen nur insoweit der Pfändung
unterworfen, als der Gesamtbetrag die Summe
von 1500 M. für das Jahr übersteigt; sonst
darf nach dem Gesetz vom 21. Juni 1869 die
Vergütung (Lohn, Gehalt, Honorar u. s. w.) für
Arbeiten oder Dienste, welche auf Grund eines Ar-
deits- oder Dienstverhältnisses geleistet werden, so-
fern dieses Verhältnis die Erwerbsthätigkeit des
Vergütungsbercchtigten vollständig oder hauptsäch-
lich in Anspruch nimmt, zum Zweck der Sicher-
stellung oder Befriedigung eines Gläubigers erst
dann mit Beschlag belegt werden, nachdem die Lei-
stung der Arbeiten oder Dienste erfolgt und nach-
dem der Tag, an welchem die Vergütnng zu ent-
richten war, abgelaufen ist, ohne daß der Ver-
gütungsderechtig'te dieselbe gefordert hat. Soweit
nach diesen durch Vertrag nicht auszuschließenden
Bestimmungen die Beschlagnahme unzulässig ist,
ist auch jede Verfügung durch Cession oder ein
anderes Rechtsgeschäft wirkungslos. Auf Grund
folchcr Geschäfte dürfen Zahlungen des Arbeits-
lohns an Tritte nicht erfolgen (Gesetz vom 1. Juni
1891, §. 115 a). Lohneinhaltungen zur Deckung
von Ersatzforderungen dürfen bei den einzelnen
Lohnzahlungen ein Viertel des fälligen Lohns, im
Gesamtbetrage den Durchschnitt eines Wochenlohns
nicht übersteigen l§. 119 a). Das Gesetz enthält Be-
stimmung über Fortbildungsschulen G. 120).
Die Gewerbeunternehmer sind verpflichtet, die
Ardeitsränme, Vetriebsvorrichtungen, Maschinen
und Gerätschaften so einzurichten und zu unterhal-
ten und den Betrieb so zu regeln, daß die Arbeiter
gegen Gefahren für Leben und Gesundheit so weit
geschützt sind, wie es die Natur des Betriebes ge-
stattet. Insbesondere soll für genügendes Licht,
ausreichenden Luftraum, Luftwechsel, Beseitigung
von Staub, Dünsten, Gasen und Abfällen geforgt,
die gefährliche Berührung mit Maschinen oder
Maschinenteilen durch Vorrichtungen verhütet und
es sollen Vorschriften über die Ordnung des Be-
triebes und das Verhalten der Arbeiter getroffen
werden, welche zur Sicherung eines gefährlichen
Betriebes erforderlich sind (8-120a). Diese und die
in §. 120d und 120 c angeordneten Maßnahmen
können polizeilich erzwungen werden (8-120ä), h^s
Beschwerdevcrfahren ist geordnet.
Durch zahlreiche reichsgerichtliche Entscheidungen
war festgestellt, daß der Arbeitgeber, welcher die
bereits in der Gewerbeordnung §.120^ getroffenen