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Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

Schlagworte auf dieser Seite: Donjon; Don Juan

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Donjon - Don Juan

wesentlichen Schritt vorwärts that D. 1831 mit der Oper «Anna Bolena», mit der er in die Periode seines reifern und weniger leichtfertigen Produzierens eintrat und auch außerhalb Italiens Ruf gewann. In den nächsten Jahren komponierte er unter anderm die Opern «L’Elisire d’amore» (1832), «Il Furioso», «Parisina», «Torquato Tasso», «Lucrezia, Borgia», (alle 1833), «Gemma di Vergi» (1834). Sodann wandte er sich nach Paris, wo sein «Marino Faliero» (1835) neben Bellinis «Puritanern» nicht recht zur Geltung kam. Dagegen hatte «Lucia di Lammermoor» (1835) in Neapel allgemeinen Erfolg und brachte ihm die Stelle eines Kontrapunktprofessors an der königl. Musikschule in Neapel ein. In dieser Zeit entstanden «Belisario» (1836), «Betly» (1836), «Roberto Devereux» (1837), «Maria di Rudenz» (1838), «Gianni di Parigi» (1839). D. trat 1840 wieder in Paris auf und brachte daselbst zwei seiner besten Schöpfungen: «La fille du régiment» und «La Favorite», sowie eine Umarbeitung des schon 1838 in Neapel komponierten, aber nicht aufgeführten «Poliuto» als «Les Martyrs» auf die Bühne. Noch günstiger aufgenommen wurden «Maria Padilla» in Mailand (1841) und (1842) die deutsch angehauchte «Linda di Chamounix» in Wien, für welche Oper er den Titel eines k. k. Hofkapellmeisters erhielt. 1843 wieder in Wien, führte D. «Maria di Rohan» auf, nachdem zu Anfang dieses Jahres in Paris der reizende «Don Pasquale» verdienten Beifall gefunden hatte, während «Dom Sébastien» in Paris (1843) kein Glück machte. Mit «Caterina Cornaro» (Neap. 1844) sollte seine Laufbahn beschlossen sein. Mitten in den Plänen für neue Arbeiten erkrankte D. 1845 an einem Gehirnleiden, von dem ihn der Tod 8. April 1848 zu Bergamo erlöste. –Die Gesamtzahl von D.s Opern wird auf 64 angegeben, ist aber zur Zeit noch nicht genau festgestellt. Jahre hindurch schrieb er durchschnittlich immer vier neue Opern. Nebenbei komponierte er noch verschiedene dramat. Kantaten, größere und kleinere Kirchensachen, viele Arietten, Kanzonetten und Duetten. Sein Talent war eins der reichsten, die die neuere Musikgeschichte aufzuweisen hat, gleicherweise ausgezeichnet durch poet. Kraft wie durch musikalische Erfindung. Es verdarb aber unter dem Mangel einer vollständigen Ausbildung und blieb jedem Einflusse des modischen Geschmacks preisgegeben. So füllte D. seine Werke stillos mit den unglaublichsten Widersprüchen. Eine Zeit lang beliebt und bewundert, stehen sie heute in der Geschichte als Denkmäler des tiefsten Verfalls des Musikdramas, als die Produkte einer seichten Richtung, die die künstlerische Wahrheit der Unterhaltungssucht unterordnete. Am ungetrübtesten erscheint D.s Begabung in seinen komischen Opern, von denen der «Liebestrank» die bedeutendste ist. – Vgl. Alborgbetti und Galli, D., Mayr. Notizie e documenti (Bergamo 1875); Lettere inedite di G. D. (hg. von Marchetti und Parisotti, Rom 1892).

Sein Bruder Giuseppe D., geb. um 1797 zu Bergamo, trat als Musikmeister in ein österr. Regiment und ging dann 1831 nach Konstantinopel, wo er die Militärmusik nach europ. Muster einrichtete. Er starb 10. Febr. 1856 in Konstantinopel.

Donjon (frz., spr. dongschóng), s. Bergfried. – D. heißt auch ein in ältern Festungen hier und da vorkommendes, meist in der Form kasemattierter Türme erbautes Verteidigungswerk, das aus einem besonders hervorragenden Punkt gelegen nach Art der Citadellen das Innere der Festung beherrschen und als letztes Reduit derselben dienen sollte. Zuweilen wird der D. auch als selbständiges detachiertes Werk angewendet.

Don Juan (spr. chuahn), eine der meist behandelten Gestalten der neuern Dichtung. Die ganze Erscheinung zeigt nahe Verwandtschaft mit den mythischen Figuren des Faust, Tannhäuser, Ahasverus, Fliegenden Holländers, Wilden Jägers, die im Trotz gegen die Gottheit untergehen; sie bildet das sensualistische Gegenstück zu dem spiritualistischen Faust. Aber jene sind auf german. Boden erwachsen, die Gestalt des D. J. auf romanischem, und so überwiegt in ihr fast durchaus die sinnliche Lust, das Grauenhafte. Jene sind Schöpfungen der Volkssage, D. J. ist die Erfindung eines bestimmten Dichters. Was man als ursprüngliche, sagenhafte oder geschichtliche Grundlage beizubringen versucht hat, ist nachträglich erfunden. Gabriel Tellez (Tirso de Molina) wurde durch den Kampf gegen die Statue in einer Scene von Lope de Vegas «Dineros son calidad» zu einem seiner bedeutendsten Dramen angeregt, dem «Burlador de Sevilla y conbidado de piedra» (um 1630; deutsch in Dohrns «Span. Dramen», Bd. 1, Berl. 1841), das wahrscheinlich er selbst in «Tan largo me lo fiais» (Neuausg. in «Coleccion de libros raros», Bd. 12, Madr. 1878) nochmals umarbeitete. Dem Helden D. J. lieh er den Namen der Tenorio, einer der bedeutendsten ausgestorbenen Sevillaner Familien. D. J. Tenorio ist wegen seiner Ausschweifungen nach Neapel verbannt, gewinnt dort unter der Maske ihres Verlobten nachts die Herzogin Isabella und flieht noch unerkannt vor der Entdeckung. Der Sturm wirft ihn an die Küste von Tarragona und er verführt die Fischerin Tisbea, welche ihm zu Hilfe gekommen ist, um sie sofort zu verlassen. In Sevilla täuscht er dann seinen Freund, den Marquis de la Mota, und in dessen Mantel jenes Geliebte, Doña Ana. Sie erkennt den Betrug, ruft um Hilfe, D. J. tötet ihren Vater, den Komtur, und entweicht. Während der Verdacht der That zunächst auf dem Marquis haftet, verführt D. J. durch Ehegelübde die Braut eines Landmanns und kehrt heimlich nach Sevilla zurück. Im Kreuzgang der Kirche, wo der Komtur bestattet ist, fordert er im Zorn über die Grabschrift die Bildsäule heraus und ladet sie höhnend zum Essen. Die Statue erscheint und erwidert die Einladung. D. J. folgt ihr und stirbt vom Händedruck des Toten. Das Drama ist ungleichmäßig, enthält aber große Schönheiten; vor allem ist der Charakter D. J.s selbst vortrefflich durchgeführt. In Spanien ist es zunächst anscheinend nicht viel beachtet worden, nur eine Nachahmung Zamoras liegt vor. Sehr bald dagegen drang es nach Italien, wurde dort von Cicognini (gest. um 1650) und Giliberto (1652) bearbeitet. Die ital. Truppe in Paris spielte dort 1657 einen «Convitato di pietra», 1658 schrieben Dorimond in Lyon, 1659 Villiers in Paris (Neuausg. von Knörich, Heilbr. 1881) mit schlecht verstandenem Titel «Le festin de Pierre, ou le fils criminel» wahrscheinlich nach Giliberto. Auf sie folgt Molieres «D. J., ou le festin de pierre» (1665), später von Thom. Corneille in Verse gebracht. Er schließt sich wieder näher an Tirso an, benutzt aber auch Bestandteile der ital. Bearbeitungen, im ganzen wenig glücklich, zumal in der Behandlung der Hauptfigur. Nach ihm hat in Frankreich Rosimon (1669), in England