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Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

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Ecuador

tär und vulkanischem Material ausgefüllt. Der Westen, das Küstengebiet, wird aus Tertiär und Quartär gebildet, der Osten ist Alluvium der Flüsse, ganz junges Land. Auf den hohen Ketten stehen zahlreiche Vulkane, welche augenscheinlich auf Spalten früherer Ausbrüche emporwachsen, insofern ganz E. mit alten Eruptivgesteinen, Diabas, Diorit, Porphyr förmlich übersät ist. Die hohen noch thätigen oder noch nicht lange erloschenen Vulkane bestehen aus Andesit und Dacit (26 an der Zahl); über die wichtigsten s. Cordilleren (Bd. 4, S. 507 a). Als thätig sind der Sangay, Cotopaxi, Tunguragua zu bezeichnen. Die Sockel der Vulkane reichen nicht in die Schneeregion hinein, sondern nur die Vulkane selbst tragen Schnee. Die höchste Erhebung ist der Chimborazo (6310 m). Einige früher für Vulkane gehaltenen Berge sind keine solchen. Außer den Vulkanen richten auch die Erdbeben, so 1797, 1859, 1868, heftige Verheerungen an. Die Anden zerfallen in einzelne Sierras mit verschiedenen Namen. Das Hochthal ist im N. bei Quito 28‒45 km, im S. bei Loja kaum noch 5 km breit. Man unterscheidet 7 interandine Hauptbecken, die durch hohe Querjoche getrennt sind, nämlich die Becken von Ibarra (2225 m), Quito (2850), Latacunga (2800), Riobamba (2798), Cuenca (2580), Jubones (2000) und Loja (2220 m). Niedrige Parallelketten durchziehen den Westen des Landes. Edelmetalle sind nur in den südl. Provinzen häufig, werden aber kaum ausgebeutet.

Gewässer. In hydrogr. Beziehung gehört E. zum größten Teile dem atlantischen Gebiete an durch die Zuflüsse des Amazonas. Die Wasserscheide ist unregelmäßig und liegt zum Teil auf der östl., zum Teil auf der westl. Kette. In den Amazonas fließen eine Menge, bis zu 1500 km lange und weithin schiffbare Flüsse; so der Chinchipe, Santiago, Morona, Pastaza (mit dem 40 m hohen prachtvollen Wasserfall von Agoyan), der Tigre und der Napo, der größte Fluß des Landes, der 1200 km lang, 800 km für Dampfer schiffbar ist. Unbedeutender, wenn auch zum Teil schiffbar, sind die Küstenflüsse im Westen, der Mira, Esmeraldas (Perucho), ferner der Daule, Guayas und Chimbo. Auch Seen hat E. in Menge, besonders im Osten, aber keinen von größerer Ausdehnung.

Klima, Tier- und Pflanzenwelt. Das Klima ist gemäß der Konfiguration des Landes überaus mannigfaltig. Die Ebenen im Osten der Anden, größtenteils mit Urwäldern, Flüssen, Seen und Sümpfen bedeckt, sind sehr feucht und heiß; am heißesten aber sind die Flußthäler am Westabhang mit einer Mitteltemperatur von 27 bis 29° C. Fast ebenso heiß, feucht und darum von bösartigen Fiebern heimgesucht ist die zum Teil mit dichten Wäldern bedeckte Küstenebene, die zugleich furchtbaren Regengüssen und den heftigsten elektrischen Entladungen ausgesetzt ist. Von diesen Ebenen und den tiefsten Bergschluchten des Hochlandes mit ihrer oft erstickenden Äquatorialhitze erniedrigt sich gegen das Gebirge hin und in diesem selbst die Temperatur allmählich bis zu der des ewigen Schnees, dessen untere Grenze zwischen 0° und 1½° südl. Br. durchschnittlich in der Höhe von 4600 bis 4800 m liegt. Die öden Paramos oder Mesas (Tafelflächen) auf den Cordilleren selbst haben ein rauhes Klima; in ihrer Region setzen Schneestürme und Gewitter selten auch nur einen Tag aus, und an der quälenden Punakrankheit (Soroche), einer Folge des geringen Luftdrucks, leiden selbst die Eingeborenen bereits in Höhen von über 4000 m. Dagegen haben die Hochebenen zwischen den beiden Hauptcordilleras sehr gemäßigtes und im ganzen angenehmes Klima, die von Quito eine mittlere Temperatur von 13,5° C. mit mittlern Extremen von 3,3 und 23,7° C. Bei der außerordentlichen Klarheit des Himmels auf den Hochebenen ist die nächtliche Ausstrahlung oft so stark, daß sich auf stehendem Wasser Eis bildet und die Saaten erfrieren. Überhaupt ist die Hochebene nicht so gesund, wie bei der Gleichmäßigkeit der Temperatur zu erwarten wäre. Erkältungen sind häufig und arten leicht in Krankheiten der Atmungsorgane aus. Vom Dezember bis Mai dauert die Regenzeit an der Küste und auf der Hochfläche; auf dem West- und Ostabhange der Anden regnet es fast täglich. Wegen ihres milden Frühlingsklimas hat sich auf den mittlern Bergebenen die Hauptmasse der Bevölkerung E.s zusammengedrängt. – Die Fauna ist eine sehr reiche, besonders an Vögeln und Insekten. Verschiedene Affenarten kommen in den tiefern Landesteilen vor, daneben Arten von Katzen, Füchsen, Wasch- und Nasenbären, sowie Tapire, während Lamas nur noch gezähmt gehalten werden. Besonders reich ist E. an Kolibris und fast jede der einzelnen Bergspitzen hat ihre besondere Art. Bemerkenswert ist, daß in den hohen Regionen des ewigen Frühlings die Vögel sich in betreff des Brütens an keine bestimmte Jahreszeit binden, wie es im Tiefland der Fall ist. – Auch in der Vegetation unterscheiden sich diese gemäßigten Hochebenen sehr bestimmt von den Tiefebenen zu beiden Seiten des Gebirges. Während diese mit riesigen Urwäldern erfüllt sind, in denen echte Tropenflora herrscht und treffliches Nutz- und Bauholz wächst, sind die Hochebenen baumlos. In der Region der rauhen, stürmischen Paramos zwischen 3500‒4500 m kommen nur noch Gräser und niedrige Gebüsche vor und kann der Boden nur noch zu Viehweiden benutzt werden. Hier herrscht das Pajonal-Gras (Stipa Ichu Kunth.) und der Frailejon (Culcitium-Arten), weißwollige, harzreiche Sträucher der Kompositen. Dagegen an den Abfällen zum Tieflande steigt die tropisch-alpine Vegetation weit hinauf, besonders an der Ostseite. Unter den kostbaren Produkten des Waldes zeichnen sich neben andern Droguen die edeln Arten des Fieberrinden- oder Chinabaums (s. Chinarinde) aus. Die edelsten wachsen auf den Abhängen der Westcordillere in 1000‒1600 m Höhe. Im übrigen ist Flora wie Fauna nicht wesentlich von der von Peru und Columbia verschieden.

Bevölkerung. E. hat (1885) 1004651 E., ohne die wilden Indianer (s. Tafel: Amerikanische Völkertypen, Fig. 5) des Ostens (etwa 80000), d. i. 3 auf 1 qkm. 1893 wird die Bevölkerung auf 1400000 geschätzt. Die Weißen (etwa 100000) sind die Hauptlandeigentümer, Beamten, Großhändler. Die civilisierten Indianer, fast alle vom Stamm der Quitus, bilden die arbeitenden Klassen und liefern auch fast allein die zur Ausfuhr erzeugten Produkte. Sie sprechen eine Mundart der weit verbreiteten Quechuasprache und bildeten vor der Unterwerfung durch die Inkas von Peru ein mächtiges, wohlorganisiertes Reich, dessen Hauptstadt in der centralen Hochebene lag. Verschieden von ihnen sind die wenig zahlreichen, zum Teil unabhängigen Cayapo und Colorado im W. der Cordillera von Quito. Außerdem unterscheidet man noch viele in Gesichtszügen, Sprache, Sitten und Gebräuchen verschiedene Indianerstämme im O. der Anden, die als wilde bezeichnet werden, wie die Jivaro (Xibaro), Zaparo und