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Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

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Elektromagnetische Telegraphen - Elektromagnetismus

Grunde gerät nach Ampères Auffassung (1821) ein Magnetstab in Rotation um die eigene Achse unter dem Einflusse eines galvanischen Stroms, der ihn bis zur Indifferenzlinie durchfließt. Der Sinn beider Rotationen läßt sich nach der Schwimmerregel voraussagen. Die Bedingungen, unter denen solche Rotationen eintreten, sind übrigens nicht so einfach, als dies oft dargestellt wird. Diese Drehungen haben auch mit Rücksicht auf die Erhaltung der Energie etwas Widersinniges, da man nicht ohne weiteres sieht, welche Änderung durch die Rotation eigentlich eintritt. Der schwere Stein nähert sich der Erde, das Eisen dem Magnet, hier führt aber die Rotation immer das ursprüngliche Verhältnis herbei. Nur indem man auf die bleibende Änderung in der galvanischen Batterie achtet, wird der Vorgang verständlich. - W. Weber hat bemerkt, daß nach dem Gesetz der Gegenwirkung ein Magnet nicht um einen nach dessen Achse fließenden Strom rotieren kann. In der That sind es Stromteile außerhalb des Magneten, welche die Drehung herbeiführen.

Die Einwirkung von Strom und magnetischem Pol ist eine wechselseitige; es wird daher unter sonst gleichen Umständen wie vorhin auch ein beweglicher weiter um einen unbeweglichen Magnetpol kreisen. Auch die Rotation eines stromführenden Drahts unter dem Einflusse des Erdmagnetismus läßt sich bewirken (Ampère, 1821, und Faraday). Flüssige Stromleiter geraten ebenfalls in derartige elektromagnetische Umkreisungen (Davy, 1823). Noch vor den bisher besprochenen Rotationen entdeckte Davy (1821), daß der nach ihm benannte Kohlenlichtbogen (s. Bogen, elektrischer) um einen Magnetpol rotiere. Diese Umkreisung wurde bald unter die in demselben Jahre, jedoch etwas später, gefundenen E. R. eingereiht. Der leuchtende Kohlenbogen vertritt den beweglichen Schließungsdraht. Auch das elektrische Licht im luftverdünnten Raum eines Glasballons (s. Elektrische Lichterscheinungen) rotiert um den Pol eines Magneten (De la Rive, 1858). Der Sinn der elektromagnetischen Umkreisung geht in der entgegengesetzten über beim Wechsel der Stromrichtung oder des magnetischen Pols. Die E. R. können nach der Ampèreschen Theorie auch als elektrodynamische Rotationen, d. i. als Umdrehungen von beweglichen Strömen um unbewegliche feste Ströme (Magnete), aufgefaßt und nach den Lehren der Elektrodynamik (s. d.) erklärt werden.

Elektromagnetische Telegraphen, s. Elektrische Telegraphen (Bd. 5, S. 1004 a und 1005 a).

Elektromagnetismus. Schon im 18. Jahrh. hatte die Entdeckung, daß die magnetischen Pole von Kompaßnadeln auf Schiffen durch einen vorbeifahrenden Blitz umgekehrt wurden, zu der Vermutung eines Zusammenhangs zwischen der elektrischen Und magnetischen Kraft geführt. Diese Mutmaßung wurde noch besonders verstärkt, nachdem Franklin die elektrische Natur des Blitzes nachgewiesen hatte (1752). Er sowohl wie später van Marum bemühten sich, diesen Zusammenhang durch Versuche darzulegen, bei denen Stahlnadeln durch elektrische Funken magnetisch werden sollten. Indes blieben die Ergebnisse unsicher. Erst 1819 (veröffentlicht 1820) gelang es Örsted, den Zusammenhang zwischen Elektricität und Magnetismus, aber auf einem ganz andern Wege, nämlich durch die Einwirkung des Schließungsdrahts einer galvanischen Kette auf eine nahe, um eine Drehachse leicht bewegliche Magnetnadel, nachzuweisen.

Wenn der Schließungsdraht einer galvanischen Kette parallel mit einer von Süden nach Norden gerichteten, sehr leicht um ihren Schwerpunkt drehbaren Magnetnadel a b (Deklinationsnadel, s. nachstehende Fig. 1) oberhalb derselben hingeleitet wird, so schlägt die Magnetnadel aus, und zwar ist die Richtung dieses Ausschlags je nach der Richtung des elektrischen Stroms verschieden. Wenn der positiv elektrische Strom sich in dem Schließungsdrahte Y X oberhalb der Magnetnadel von Norden nach Süden, d. i. von Y nach X bewegt, so wird der Nordpol a der Magnetnadel a b nach Osten, d. i. nach F', und der Südpol nach Westen abgelenkt. Diese Ablenkung geht aber gerade in die umgekehrte über, also nach F, wenn der positiv elektrische Strom sich in der Richtung von Süden nach Norden, d. i. von X nach Y bewegt. Legt man den Schließungsdraht unterhalb der Nadel parallel mit ihr, so bringt ein von Norden nach Süden gehender Strom gerade den umgekehrten Ausschlag hervor als ein oberhalb der Nadel in derselben Richtung fließender. Ebenso bewirkt auch ein unterhalb der Nadel von Süden nach Norden gehender Strom den umgekehrten Ausschlag als ein gleichgerichteter Strom oberhalb der Nadel.

^[Fig. 1.]

Das Gesetz des Ausschlags der Magnetnadel unter dem Einflüsse eines elektrischen Stroms läßt sich nach Ampère (1820) kurz so ausdrücken: Denkt man sich selbst in den Schließungsdraht einer galvanischen Kette so hineingelegt, daß der positive Strom zu den Füßen ein- und zum Kopfe austritt, und wendet dabei das Gesicht nach der Magnetnadel, so wird jedesmal der Nordpol zur linken und der Südpol zur rechten Hand abgelenkt. Mittels dieser bildlichen Regel (die oft die Ampèresche Schwimmerregel genannt wird) läßt sich jedesmal die Ablenkungsrichtung der Magnetnadel voraus bestimmen. Auf die Ablenkung der Magnetnadel durch den galvanischen Strom gründeten (1821) Schweigger und Poggendorff ihre Multiplikatoren, oder Galvanometer (s. d.), welche das Vorhandensein, die Richtung und Stärke eines galvanischen Stroms anzuzeigen im stande sind. Es glückte Colladon etwas später (1826), Multiplikatoren herzustellen, deren Magnetnadel durch den Strom der Reibungselektrizität zum Ausschlagen gebracht wurde, sodaß die Ablenkung der Magnetnadel durch den elektrischen Strom überhaupt bewiesen ist. Hierbei strebt der elektrische Strom, die Magnetnadel senkrecht zu der durch den Stromleiter und den Nadelmittelpunkt gelegten Ebene zu stellen, was man auf verschiedene Art nachweisen kann, am einfachsten mittels einer Astatischen Nadel (s. d.).

Bestreut man ein glattes horizontales Kartenblatt, das senkrecht von einem Stromleiter durchbohrt wird, mit sehr feinen Eisenspänen, so ordnen sich dieselben beim leisen Klopfen in Kreise, deren Mittelpunkte in der Bohrung liegen. Der Strom erzeugt also ein magnetisches Feld mit ringförmigen