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Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

Schlagworte auf dieser Seite: Encyklisch; Encyklopädie

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Encyklisch - Encyklopädie

gehören sie zu den päpstl. Bullen und unterscheiden sich von andern nur durch ihre allgemeine Bestimmung für alle Gläubigen (bulla encyclica). Zu den bekanntesten gehört die vom 8. Dez. 1864 datierte und zur Ankündigung eines Jubiläums für 1865 erlassene päpstliche E. (die Bulle Quanta cura), welche dem modernen Staat und der modernen Kultur den Krieg erklärte und den sog. Kulturkampf hervorgerufen hat. Derselben war ein sog. Syllabus (s. d.) beigegeben, eine kurze Zusammenstellung und Verdammung aller möglichen "Irrtümer" der Gegenwart. Ferner ist besonders die E. vom 5. Febr. 1875 an die Erzbischöfe und Bischöfe von Preußen hervorzuheben, in der Pius IX. die neuen kirchenpolit. Gesetze für null und nichtig erklärte und offen zum Ungehorsam wider sie aufforderte. Eine Reihe von ausführlichen E. (über die Staatsverfassung, die sociale Frage u. a.) hat Leo XIII. erlassen.

Encyklisch (grch.), einen Kreis durchlaufend.

Encyklopädie (bei den Engländern auch Cyclopaedia), ein dem Griechischen entnommenes Wort, das seinem Ursprünge nach den Kreis von Kenntnissen, Wissenschaften und Künsten bezeichnet, welche die Alten unter dem Ausdrucke encyclios disciplina (grch. enkyklios paideia, d. i. Bildungskreis) zusammenfassen, und die ein jeder freie Grieche oder Römer sich zu eigen gemacht haben mußte, ehe er zur Vorbereitung auf einen besondern Lebenszweck oder in das werkthätige Leben selbst überging. Die Gegenstände dieses Unterrichts bildeten im Altertum, wie auch während des Mittelalters, vornehmlich Grammatik, Arithmetik, Geometrie und Astronomie, Musik, Dialektik und Rhetorik, mithin die sog. sieben freien Künste. Gegenwärtig versteht man unter E. die Lehre von der Gesamtheit der menschlichen Künste und Wissenschaften in ihrem Zusammenhange oder auch nur von einem enger begrenzten Wissensgebiet und benennt mit dem Titel E. Werke, welche das menschliche Wissen in seiner Gesamtheit oder den gesamten Wissensstoff eines einzelnen Faches darzustellen suchen.

Das Bedürfnis nach einer encyklopäd. Bearbeitung der Wissenschaften trat schon im Altertum hervor. Das erste encyklopäd. Werk soll Speusippus, ein Schüler des Plato, verfaßt haben. Unter den Römern lieferten Varro und Plinius ähnliche Arbeiten, jener in den verlorenen Schriften "Rerum humanarum et divinarum antiquitates" und besonders "Disciplinarum libri IX", dieser in seiner "Naturalis historia". Der eigentliche Begründer der encyklopäd. Bildung des Mittelalters war Martianus Capella (s. d.), der in seiner "Satira" das in den Ursprüngen wohl bis auf Varro zurückzuführende Fachwerk der sieben freien Künste feststellte. Auch die "Origines" des Isidorus (s. d.) Hispalensis sowie die daraus entnommenen 22 Bücher "De universos" des Hrabanus Maurus waren im Mittelalter hochgeschätzt. Sie alle übertraf Vincenz von Beauvais, der die ganze Summe der Kenntnisse des Mittelalters in den drei umfangreichen Werken "Speculum historiale", "Speculum naturale" und "Speculum doctrinale", denen bald nachher ein Ungenannter ein "Speculum morale" in gleicher Form beifügte, mit eifernem Fleiße zusammentrug. Doch fehlte es diesen und ähnlichen Werken, die das spätere Mittelalter u. d. T. von "Summa" oder "Speculum" besonders über einzelne damals bevorzugte Zweige der Wissenschaft, teilweise zum Auswendiglernen für Studenten, erzeugte, durchaus an philos. Geiste. Das Material wurde roh aneinander gereiht, die Gliederung des Ganzen entbehrte eines organischen Princips. Auch Ringelbergs "Cyclopaedia" (Bas. 1541), Paul Scalichs (der sich zuerst des Ausdrucks E. bediente) "Encyclopaeida, seu orbis disciplinarum tum sacrarum tum profananrum" (ebd. 1559), Reischs "Margarita philosophica" (Freiburg 1503), Martinis "Idea methodicae et brevis encyclopaediae, sive adumbratio universitatis" (Herborn 1606) und Alsteds gelehrte "Scientiarum omnium Encyclopaediae" (4 Bde., ebd. 1630), ebenso zahlreiche Werke der Folgezeit waren im wesentlichen bloß Notizensammlungen. Der erste, welcher im Bruche mit scholastischer Tradition unternahm, eine lediglich auf philos. Gesichtspunkten beruhende, mit logischer Konsequenz sich gliedernde Einteilung der Wissenschaften zu gewinnen, war Baco von Verulam; doch der Weg, den er in der "Instauratio magna, id est Novum organum" (Lond. 1620) und in seiner Schrift "De dignitate et augmentis scientiarum" (ebd. 1623) betrat, und der zugleich auf Erkenntnis des Wesens der wissenschaftlichen Forschungsmethoden gerichtet war, wurde lange weder in Deutschland noch anderwärts weiter verfolgt. Die zahlreichen E. des 17. und der ersten Hälfte des 18. Jahrh, waren entweder für den Unterricht der Jugend und der Ungelehrten, wie Wagenseils "Pera librorum juvenilium" (5 Bde., Altdorf 1695) und Chevignys "La science de l'homme de sour, d'épée et de robe" (fortgesetzt und vermehrt von Limiers und Massuet, 18 Bde., Amsterd. 1752), oder zum Nachschlagen für Gelehrte bestimmt. Übersichtliches und außerordentlich Reichhaltiges bot namentlich Morhof im "Polyhistor" (Lüb. 1688; 4. Aufl., 2 Bde., 1747).

Nach dem Vorgange J. M. Gesners ("Primae lineae isagoges in eruditionem universalem", 3. Aufl., Gött. 1786) versuchte endlich J. G. Sulzer in der Schrift "Kurzer Begriff aller Wissenschaften" (Eisenach 1778; umgearbeitet von E. H. Koch, 1793) den innern Zusammenhang aller Zweige des menschlichen Wissens darzulegen. Seine Anordnung fand allgemeinen Beifall und wurde im allgemeinen, z. B. von Adelung in "Kurzer Begriff menschlicher Fertigkeiten und Kenntnisse" (Lpz. 1778), in den "Encyklopädien" von Reimarus (Hamb. 1775), Busch ("E. der mathem. Wissenschaften", ebd. 1795), Klügel (Berl. 1788; 3. Aufl., 6 Bde., 1806-9), Reuß (Tüb. 1783), ja selbst noch von Buhle (Lemgo 1790) und andern beibehalten. Auf Grund der Kantschen Philosophie entwarf dann eine neue E. der Wissenschaften Eschenburg im "Lehrbuch der Wissenschaftskunde" (Berl. 1808), der auch die bisher zugleich mit behandelte Hodegetik (s. d.) als besondere Disciplin ausschied. Sein Buch fand zahlreiche Verehrer, die selbst Krugs Versuche zu einer neuen Einteilung und Darstellung der Wissenschaftslehre ("Versuch einer systematischen E. der Wissenschaften", 2 Tle., Lpz. 1796-97; Fortsetzung, 3 Bde., Züllichau 1804-19) u. a. nicht zu mindern vermochten. Eschenburgs Ideen bearbeiteten Habel, Rüf, Straß für Studierende, während Heffters "Philos. Darstellung eines Systems aller Wissenschaften "(Lpz. 1806), Burdachs "Organismus der menschlichen Wissenschaft und Kunst" (ebd. 1809) und Kraus' "Encyklopäd. Ansichten" (Königsb. 1809) mehr selbständige Arbeiten waren. Den von dem strenger klassifizierenden Kantianer Erb. Schmidt in der "Allgemeinen E. und Methodologie