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Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

Schlagworte auf dieser Seite: Entzündungsreize; Enukleation; Enumerieren; Enunciation; Enuresis

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Entzündungsreize - Enuresis

Lymphe werden bei E., die durch Verwundung herbeigeführt wurden, die getrennten Teile wieder verlötet und durch neugebildetes Gewebe miteinander wieder vereinigt (sog. adhäsive E.) und dadurch in vielen Fällen in kurzer Zeit die Wundheilung vollendet; freilich kann derselbe Vorgang bei der E. innerer Organe die Ursache von Verwachsungen, Verschließungen von Kanälen, Verhärtungen und zahlreichen andern nachteiligen Ausgängen werden, sodaß hier schädlich wirkt, was dort heilsam ist.

Der günstigste Ausgang der E. ist die Zerteilung, wobei sich unter allmählichem Nachlassen aller Symptome nach und nach der vorige Zustand des Organismus wiederherstellt, entweder weil sich die vorhandene Blutstockung zerteilte und der überschüssige Gewebesaft durch die Lymphgefäße wieder abgeführt wurde (discussio) oder weil die ausgeschwitzten Exsudatmassen wieder verflüssigt und aufgesaugt wurden (Lösung der E., resolutio). Bei höhern Graden der E., bei ungünstiger Beschaffenheit des ausgeschwitzten Exsudats (wie bei den kruppösen und diphtheritischen E.), ferner bei fehlerhafter Blutmischung, bei Störungen des entzündlichen Prozesses und vor allem bei Ablagerung des Exsudats in maschige Gewebe (z. B. in den Zellstoff unter der Haut) kommt es leicht zur Vereiterung (suppuratio) und zur Verschwärung (ulceratio), d. h. es tritt eine reichliche Schmelzung des Exsudats zu Eiter (s. d.) ein, die eiterig erweichten Massen werden nach außen ausgestoßen, und es entsteht ein mehr oder minder umfangreicher Substanzverlust, ein Geschwür (s. d.), welches bei seiner Ausheilung eine bleibende Narbe zurückläßt. Bei noch ungünstigern Bedingungen, bei vollständiger Unterbrechung der Ernährung kann die E. auch mit dem Tode der erkrankten Gewebe endigen; die letztern werden brandig und es kommt zur brandigen Abstoßung des ganzen erkrankten Organs. (S. Brand.) Bei schweren und ausgebreiteten E., namentlich innerer lebenswichtiger Organe, kann auch der allgemeine Tod des ganzen Organismus erfolgen. Hinsichtlich ihrer Dauer teilt man die E. in akute, die schnell und meist mit deutlichem Fieber verlaufen und in Zeit von einigen Tagen, höchstens Wochen beendet sind, und in chronische ein, die sich länger hinausziehen, oft ohne anfänglichen bedeutenden Anteil des Gesamtorganismus, die aber schließlich doch durch ihre Dauer und die mit ihnen verbundenen Eiter- und Säfteverluste oft genug verderblich werden. Häufig haben sehr lange andauernde, mit Eiterung und Verschwärung verbundene E. allgemeine Blutarmut, Abmagerung und Amyloidentartung lebenswichtiger Organe zur Folge.

Bei der Behandlung von Entzündungskrankheiten, der sog. Antiphlogose, ist zunächst dahin zu streben, den Reiz, der die E. veranlaßt, zu entfernen oder wenigstens soviel als möglich abzustumpfen. Fremde Körper und Splitter müssen extrahiert, chemisch reizende Mittel entfernt oder neutralisiert, in die Gewebe, z. B. in Wunden eingedrungene Bakterien desinfiziert, physikalisch wirkende Schädlichkeiten (extreme Hitze und Kälte u. dgl.) möglichst fern gehalten werden. Um die der E. vorausgehende Blutanschoppung zu mindern oder ganz zu zerteilen, können Blutentziehungen, und zwar sowohl allgemeine durch den Aderlaß wie örtliche durch Blutegel, ferner vollkommene Ruhe und zweckmäßige Lagerung des entzündeten Teils, die örtliche Anwendung der Kälte in der Form des kalten Umschlags oder des Eisbeutels sowie innerlich kühlende Mittel sich nützlich erweisen. Oft genug sind diese entzündungswidrigen Mittel (s. auch Antiphlogistisch) allein vollkommen hinreichend, die Macht einer E. zu brechen. Übrigens erfordern alle entzündlichen Krankheiten, besonders wenn sie innere Organe betreffen, eine möglichst reizlose, d. h. nicht zu stark nährende Diät (s. d.), gehörige Regulierung der Stuhlentleerung und die Fernhaltung jedweder psychischen Aufregung. Nach geschehener Ablagerung des Exsudats kommen zerteilende, erweichende, auflösende und Aufsaugung befördernde Mittel in Anwendung. Ist Eiterung eingetreten, so ist der Eiter möglichst frühzeitig zu entfernen, was in den meisten Fällen am besten durch einen Einstich oder Einschnitt mit dem Messer geschieht; auch vor nachweisbarer Eiterung ist bei äußern akuten E. ein Einschnitt gewöhnlich zweckmäßig; er wirkt schmerzmildernd und vermindert die E., sodaß es nicht zu Eiterung kommt. Vorhandenes Fieber ist durch antipyretische Heilmittel (Chinin, Salicylsäure, Antipyrin, kalte Bäder) zu bekämpfen. Bei chronischen E. und Eiterungen ist der Kräftezustand des Kranken sorgfältig zu überwachen und durch roborierende Mittel (Eier, Fleisch, Milch, Schokolade, Wein, malzreiche Biere) soviel als möglich zu unterstützen. Ist es im Verlaufe einer E. zum Brand gekommen, so muß man abwarten, bis sich der abgestorbene Teil spontan vom Körper abstößt; doch sorge man für gehörige Desinfektion der brandigen Gewebe durch Chlorkalklösung, Carbolsäure, Creolin und andere antiseptische Verbandmittel. - Vgl. Virchow, Cellularpathologie (4. Aufl., Berl. 1871); Billroth, Über die Verbreitungswege der entzündlichen Prozesse (Lpz. 1870); Cohnheim, Vorlesungen über allgemeine Pathologie (2 Bde., 2. Aufl., Berl. 1882); Ziegler, Lehrbuch der allgemeinen und speciellen pathol. Anatomie (7. Aufl., 2 Bde., Jena 1892); Birch-Hirschfeld, Lehrbuch der pathol. Anatomie (4. Aufl., 2 Bde., Lpz. 1889); Tillmanns, Lehrbuch der allgemeinen und speciellen Chirurgie (2. Aufl., 2 Bde., ebd. 1891).

Entzündungsreize, s. Entzündung (S. 186 b).

Enukleation (lat.), die Trennung eines Gliedes aus dem Gelenke durch Eröffnung und Durchschneidung der Gelenkbänder, ohne den Knochen zu durchsägen.

Enumerieren (lat), aufzählen, herzählen, berechnen; davon das Substantiv Enumeration.

Enunciation (Enuntiation, lat.), Aussage, Satz, Ausdrucksweise, Bekanntmachung, Erklärung, Aussprache; enunciativ, aussagend, erklärend; Enunciātum, Ausspruch, Rechtsspruch.

Enuresis (grch.), unwillkürliches Harnlassen (Incontinentia urinae), Krankheit, die darin besteht, daß der Harn entweder fortwährend, meist tropfenweise (Harnträufeln) abgesondert wird, wie dies bei verschiedenen organischen Leiden des Harnapparats (Blasenlähmung, Blasenstein u. s. w.) vorkommt, oder nur zu gewissen Zeiten, namentlich des Nachts bei Kindern (sog. nächtliches Bettnässen oder Bettpissen, Enuresis nocturna). Meist handelt es sich in dem letztern Falle um eine eigentümliche Störung der Empfindungsfähigkeit der Blase für den Harnreiz, sodaß der letztere im Schlafe entweder gar nicht zum Bewußtsein gelangt oder nur eine dunkle, den Schlaf nicht unterbrechende Traumvorstellung erregt. Strafen