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Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

Schlagworte auf dieser Seite: Erblindung; Erblosung; Erbmarschall; Erbmonarchie; Erbpacht; Erbprinz; Erbprinzenkrone; Erbrechen

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Erblindung - Erbrechen

sämtliche Gewebe und Organe eines Lebewesens mit Ausnahme des Keimplasmas bildet. So knüpft der Zeugungsstoff, wenn auch in kleinsten Teilchen, immer wieder materiell an den Zeugungsstoff der Vorfahren an, das Keimplasma ist kontinuierlich. (S. Darwinismus und Fortpflanzung.)

Alle diese Hypothesen haben ihre Bekämpfer gefunden, - noch ist dies Problem der E. und Vererbung nicht gelöst, wir erkennen leicht deren Erscheinungen, aber unsere Hilfsmittel reichen zur Erkenntnis der Ursachen derselben nicht aus. - Vgl. Lucas, Traité de l'hérédité naturelle (2 Bde., Par. 1847-50); Darwin, Das Variieren der Tiere und Pflanzen im Zustande der Domestikation (übersetzt von J. V. Carus, 2 Bde., Stuttg. 1868; 2. Aufl. 1873); Locher-Wild, Über Familienanlage und E. (Zür. 1874); Ribot, Die E. (deutsch von Hotzen, Lpz. 1876); E. Roth, Histor.-kritische Studien über Vererbung (Berl. 1877); Büchner, Die Macht der Vererbung (Lpz. 1882); Brooks, The Law of Heredity (Baltimore 1883); Weismann, Das Keimplasma. Eine Theorie der Vererbung (Jena 1892); ders., Aufsätze über Vererbung (ebd. 1892); Haacke, Gestaltung und Vererbung (Lpz. 1893).

Über E. oder Heredität im pbysiologischen, besonders pathologischen Sinne s. Erbliche Krankheiten; über E. im juristischen Sinne s. Vererblichkeit.

Erblindung, s. Blindheit.

Erblosung, Art des Retraktes (s. d.).

Erbmarschall, s. Erbämter und Erzmarschall.

Erbmonarchie, s. Erbfolge.

Erbpacht, Erbzinsleihe, eine der Formen des sog. geteilten Eigentums. Sie gewährt ein erbliches und veräußerliches Nutzungsrecht an Grundstücken, namentlich an Bauerngütern, und steht in den meisten Fällen der röm. Emphyteuse (s. d.) sehr nahe. Der Erbpächter (Erbzinsmann, Grundholde, Erbmeier) hat jährlich einen sog. Kanon, d. i. eine Geld- oder Körnerabgabe, außerdem regelmäßig bei jedem Besitzwechsel ein Laudemium oder Mortuarium an den Grundherrn zu entrichten. Bei der Begründung einer neuen E. pflegt der Erbpächter eine gewisse Anzahlung, das Erbbestandgeld (s. Erbbestand) zu leisten. Der Grundherr hat bei Veräußerungen in der Regel das Vorkaufsrecht; Verpfändungen und Teilungen können nur mit seiner Zustimmung vorgenommen werden, und bei Deterioration des Gutes, schlechter Wirtschaft des Erbpächters, längerer Versäumnis der Zinszahlung kann er das Gut zurückziehen. Die in der Gesetzgebung seit einem Jahrhundert vorherrschende individualistisch-liberale Strömung führte in manchen Staaten in Zusammenhang mit der Bauernbefreiung zur Beseitigung der E. und aller andern Arten des geteilten Eigentums. So hob insbesondere das preuß. Gesetz vom 2. März 1850 das Eigentumsrecht des Grundherrn ohne Entschädigung auf, verlieh dem Erbpächter das volle Eigentum, indem die auf dem Grundstück haftenden beständigen Abgaben und Leistungen in ablösbare Reallasten umgewandelt wurden, und bestimmte ferner, daß in Zukunft bei erblicher Überlassung eines Grundstücks nur die Übertragung des vollen Eigentums zulässig sei, daß die Ablösbarkeit der Renten nie für länger als 30 Jahre vertragsmäßig ausgeschlossen werden, auch deren Ablösungsbetrag das Fünfundzwanzigfache der Rente nicht übersteigen dürfe. Ebenso schließt die franz. Gesetzgebung eine eigentliche E. aus, wenn sie auch Pachtverhältnisse von langer Dauer gestattet. In neuerer Zeit ist in Deutschland die Wiedereinführung der E. vielfach empfohlen worden als ein Mittel, um den Bauern- und Kleingrundbesitzerstand namentlich in den Gebieten östlich der Elbe zu mehren und bisher unbebauten Moor- und Heideboden in ertragsfähige Ackerländereien umzugestalten. Man konnte dabei auf die nicht unbefriedigenden Ergebnisse derselben in Mecklenburg-Schwerin (s. Domänen), in den Moorkolonien von Hannover und Oldenburg, in Holland (wo die E. unter dem Namen Beklemmrecht namentlich in der Provinz Groningen von Bedeutung ist) und in andern Ländern verweisen. Die E. bietet für die Zwecke der innern Kolonisation den Vorzug, daß sie den Erwerb eines dauernden Besitzes mit einer verhältnismäßig kleinen, etwa nur den Gebäudewert repräsentierenden Anzahlung, ja sogar ohne eine solche gestattet und dem Grundherrn eine Handhabe bietet, Teilungen und Zersplitterungen der neu errichteten Stellen zu verhindern. Andererseits schließt aber die E. die Gefahr der Auferlegung schädlicher Beschränkungen in der Benutzung der Grundstücke sowie der Entstebung bedenklicher socialer Abhängigkeitsverhältnisse in sich. Aus diesem Grunde haben die preuß. Gesetzgeber die Wiederzulassung der E. abgelehnt und statt derselben zur Förderung der innern Kolonisation das Institut des Rentengutes (s. d.) 1890 neu belebt; dasselbe besitzt alle Vorzüge der E., vermeidet aber im wesentlichen deren Nachteile. - Vgl. Ruprecht, Die E. (Gött. 1882); Paasche, E. und Rentengüter als Mittel zur Schaffung und Erhaltung eines ländlichen Mittel- und Kleinbesitzes (in den "Jahrbüchern für Nationalökonomie und Statistik", Neue Folge, Bd. 14, Jena 1886). Über die Verhandlungen betreffend Wiedereinführung der E. in Preußen vgl. Schriften des Vereins für Socialpolitik, Bd. 32 u. 33 (Lpz. 1886 u. 1887).

Erbprinz, ein Titel, welchen in den deutschen Herzog- und Fürstentümern der älteste, zur Thronfolge berechtigte Sohn des Souveräns führt; auch dem zur unmittelbaren Thronfolge berechtigten ältesten Enkel des vorverstorbenen ältesten Sohnes wird dieser Titel beigelegt. Dagegen pflegen andere Agnaten, wenn sie die nächste Anwartschaft zur Thronfolge nur deshalb haben, weil Descendenten oder nähere Agnaten nicht vorhanden sind, diesen Titel nicht zu führen. Auch der älteste, erbberechtigte Sohn der mediatisierten, ehemals reichsunmittelbaren deutschen Fürstenhäuser wird E. genannt. Die Gemahlin eines E. heißt Erbprinzessin. - In denjenigen Staaten, deren Souverän den Titel Kaiser oder König führt, heißt der E. meist Kronprinz (s. d.); in den Großherzogtümern wird er Erbgroßherzog genannt, während er in den Kurfürstentümern ehemals Kurprinz hieß.

Erbprinzenkrone, s. Kronprinzenkrone.

Erbrechen (Vomitus), die stoßweise Entleerung des flüssigen Mageninhalts nach oben durch den Schlund und die Mundöffnung, während man das Aufsteigen des gasartigen Mageninhalts durch die Speiseröhre als Aufstoßen (s. d.) bezeichnet. Eingeleitet wird das E. in der Regel durch das Gefühl des Ekels (s. d.), Zusammenlaufen von Speichel im Munde, Ausbrechen von Schweiß; das Gesicht wird blaß, ein Gefühl von Schwäche verbreitet sich über den ganzen Körper und der Puls wird klein und beschleunigt. Endlich ziehen sich die Bauch-[folgende Seite]