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Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

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Ernst I. (Herzog von Sachsen-Gotha und Altenburg)
schen Schützenfesten, deren erstes 1861 in Coburg ab-
gehalten wurde, eine nationale Richtung zu geben
versuchte, machte er seinen Namen in ganz Deutsch-
land populär. Andererseits half er durch den Ab-
schluß einer Militärlonvcntion mit Preusien 186:?
die Einheit des deutschen Heerwesens vorbereiten.
Dem Gedanken einer notwendigen Regeneration
Deutschlands huldigend, war er ein cisriger Teil-
nehmer am Frankfurter Fürstcntag 1863. Beim
Ausbruch des schlesw.-Holstein. Konflikts wirkte er
deim Bundestage für die Trennung der Herzog-
tümer von Dänemark und für die Einsetzung des
Prinzen Friedrich von Augustcnburg als Herzog
von Schleswig-Holstein, war auch bei Napoleon III.
persönlich für diesen Plan thätig. Vor dein Aus-
bruch des Deutschen Krieges, im Mai 1866, reiste er
nach Berlin, um den König zur Erhaltung des Frie-
dens zu bestimmen, stellte sich jedoch, als der Krieg
ausbrach, sofort auf die Seite Preußens; seine
Truppen nahmen 27. Juni 1866 an der Schlacht
bei Langensalza teil. Nachdem er bei den Kapi-
tulationsunterhandlungen mit den Hannoveranern
mitgewirkt hatte, machte er im Hauptquartier des
Kronprinzen von Preußen die zweite Hälfte des
böhm. Feldzugs mit. Am Fcldzuge gegen Frankreich
1870^71 nahm E. im großen Hauptquartier teil.
Der Herzog war königlich sächs. und königlich preuß.
General der Kavallerie sowie Cbef des preuß. 7. Kü-
rassicrregiments und des 6. thüring. Infanterie-
regiments Nr. 95. Er starb 22. Aug. 1893 zu
Reinhardsbrunn.
Seine Mußestunden widmete E. den Wissenschaf-
ten, der Naturkunde und der Musik. Bekannt sind
seine Opern "Casilda" (1855), "Santa Chiara"
(1854), "Diana von Solange" (1858). Ins Volt
gedrungen ist unter anderm seine vielgesungene
"Hymne". Als Frucht einer Reise, die E. mit
seiner Gemahlin und zahlreicher Begleitung (dar-
unter Friedrich Gerstäckcr) 1862 nach "Ägypten und
den nördl. Grcnzländern Abessiniens unternahm,
erschien das Prachtwerk "Reise des Herzogs E. von
Sachsen-Coburg-Gotha nach 'Agyvten und den Län-
dern derHabab, Mensa und Bogos" (Lpz. 1864).
Auch veröffentlichte er u. d. T. "Aus meinem Leben
und aus meiner Zeit" (3 Bde., Berl. 1887-89;
Bearbeitung in 1 Bd., ebd. 1892) hochinteressante
Denkwürdigkeiten. - Val. Ohorn, Herzog E. II. von
Sachsen-Coburg-Gotha (Lpz. 1894); Bcyer,DcrVor-
kä'mpfer deutscher Größe, Herzog E. II. (Bcrl. 1894).
Ernst I. oder der Fro m m e, Herzog von
Sachsen - Gotha uno Altenburg, Stifter des
gothaischen Gesamthauses, geb. 25. Dez. 1601 zu
Ältenburg als der neunte von zehn den Vater über-
lebenden Brüdern, deren jüngster der Herzog Bern-
hard (s.d.) von Weimar war, erhielt nach dem Tode
seines Vaters, des Herzogs Johann von Weimar
(1605), von seiner Mutter Dorothea Maria von An-
halt eine von dem Historiler des ^chmalkaldischen
Bundes, Friedrich Hortleder, geleitete, aus religiöser
Grundlage beruhende treffliche Erziehung, die seinen
Charakter für fein ganzes Leben bestimmte. Einer
ernsten Jugend folgten noch härtere Prüfungen, als
E. bei dem Ausbruch des Dreißigjährigen Krieges
mit den Brüdern nach dem Vertrage vom 2. Dez.
1618 die gemeinsame Verwaltung des Landes über-
nahm. Seine streng prot. Gesinnung führte ihn in
die Dienste Gustav Adolfs als Oberst eines Regi-
ments (Okt. 1631); er wohnte den Belagerungen
von Königshöfen, Schweinfurt und Würzburg bei,
kämpfte tapfer in der Schlacht am Lech, und focht
nach einer schweren Krankheit, die er sich beim
Durchschwimmen des Lechs geholt hatte, in den
Schlachten bei Nürnberg und Lützen, in welch letz-
tern er nach dem Falle Gustav Adolfs den Sieg
über Pappenheim vollständig machte. Als sein Bru-
der Bernhard 1633 den Oberbefehl über das schwed.
Heer erhielt, übertrug ihm dieser die Verwaltung
seines Herzogtums Frauken, die er mit musterhafter
Sorgfalt führte. Zwar begab E. sich noch einmal
unter feinem Bruder in fchwed. Kriegsdienst und
half Landshut in Bayern erobern; allein nach der
Schlacht bei Nördlingcn 6. Sept. 1634 zog er sich
vom Kriegsschauplatz zurück und trat 1635 dem
Prager Frieden bei. Er vermählte sich 1636 mit
Elisabeth Sophia, der einzigen Tochter des Herzogs
Johann Philipp von Altenburg, und beschästigte sich
von nun an lediglich mit der Reorganisation seines
durch den Krieg zerrütteten Landes^desscn Nc^crvmg
er seit dem Erbtcilungsvertrage vom 13. Febr. 1640
selbständig leitete. Nach dem Tode seines Bruders
Albert von Sachsen-Eisenach 1644 fiel ihm durch
den Teilungsreceß vom 30. März 1645 die Hälfte
des Fürstentums Eisenach zu, dann ein Teil der
Grasschaft Henncbcrg 1660 und durch Friedrich
Wilhelms III., des letzten altcnb. Herzogs, Ableben
1672 kam er in den Besitz der altenb. und coburg.
Länder, von denen er jedoch mittels eines 16. Mai
1672 zu Altenburg abgeschlossenen Vergleichs einen
Teil an Weimar abtrat. Seitdem nannte er sich
Herzog von Sachsen-Gotha und Altenburg. Er
starb 26. März 1675.
E. bewährte als ein eifriger Anhänger von Lu-
thers Lehre eine streng konfessionelle Fürsorge für
alle Kirchen- und Schulangelegenheiten seines Lan-
des, überwachte mit ängstlicher Sorgfalt die Er-
ziehung seiner Kinder und suchte den sittlich-religiö-
sen Zustand seines verwilderten Volks möglichst
zu heben. Sein weiteres Bemühen ging dahin, die
dem Lande durch den Krieg geschlagenen Wunden
durch eine straff geregelte Verwaltung, die von fünf
hohen Kollegien geleitet wurde, und sparsamen, ge-
rechten Staatshaushalt unter beständiger Mitwir-
kung der Landständc und Pflege des Volkswohl-
standes zu heilen. Auch eine Landesdescnsion (Land-
miliz) wurde 1641 eingerichtet. Zugleich war er um
Verbreitung der evang. Lehre auch im Auslande
bemüht, wie fein Briefwechsel mit dem Zaren Alerei
Michailowitsch über die Angelegenheiten der prot.
Gemeinde zu Moskau, des Zaren Gesandtschaft
nach Gotha und die Stiftung einer deutsch-luth.
Gemeinde zu Genf beweifcn. Sein Interesse für
allgemein christl. Angelegenheiten zeigen die An-
wesenheit des Abtes Gregorius aus Abessinien an
seinem Hofe, seine Teilnahme für den Religionszu-
stand in jenem Lande, seine Briefe an den König
von Äthiopien, die Sendung Joh. Mich. Wans-
lebens aus Erfurt nach Abessinien und die Briefe
des Patriarchen von Alexandria an ihn. Von
seinen 18 Kindern überlebten ihn 7 Prinzen und
2 Prinzessinnen.
Vgl. Gelbte, Historisch aktenmäßige Darstellung
des Lebens E.s des Frommen (3 Bde., Gotha
1810); Klaunig und Schneider, E. Herzog zu Sachsen-
Gotha, nach seinem Leben und Wirken (Lpz. 1853);
Neck, E. der Fromme (2 Bde., Weim. 1865);
Bohne, Die Pädagog. Bestrebungen E.s des From-
men (Gotha 1888)'; Kreycnberg, E. der Fromme
(Franks, a. M. 1890). ,