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Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

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Erwerbs- und Wirtschaftsgenossenschaften

des Gewinns erfolgt durch Zuschreibung, solange nicht der Geschäftsanteil erreicht ist. Auch findet bis zur Wiederergänzung eines durch Verlust verminderten Guthabens eine Auszahlung des Gewinns nicht statt. Durch das Statut kann ferner bestimmt werden, daß der Gewinn für einen 10 Jahre nicht überschreitenden Zeitraum dem Reservefonds zuzuschreiben ist. Doch kann bei Ablauf des Zeitraums die Festsetzung durch Generalversammlungsbeschluß erhöht werden. Zinsen von bestimmter Höhe dürfen für das Geschäftsguthaben nicht geleistet werden. Das Geschäftsguthaben eines Genossen darf, solange er nicht ausgeschieden ist, von der Genossenschaft nicht ausgezahlt oder zum Pfande genommen werden. Eine geschuldete Einzahlung darf nicht erlassen werden, noch findet gegen solche eine Aufrechnung statt. Im Interesse der Gläubiger und der übrigen Genossen kann eine Herabsetzung des Geschäftsanteils oder der auf denselben zu leistenden Einzahlungen und eine Verlängerung der Fristen nur unter Beobachtung der Bestimmungen erfolgen, welche für die Verteilung des Genossenschaftsvermögens im Falle der Auflösung maßgebend sind.

Die Haftung der Genossen kommt namentlich in Frage bei dem Ausscheiden eines Genossen und bei der Auflösung der Genossenschaft, insbesondere im Fall der Konkurseröffnung. Jeder Genosse hat das Recht mittels Aufkündigung seinen Austritt aus der Genossenschaft zu erklären; die Aufkündigung findet aber nur zum Schlusse eines Geschäftsjahrs statt; sie muß mindestens drei Monate zuvor erfolgen, das Statut kann eine längere Frist vorschreiben, doch nicht über zwei Jahre. Die Kündigung kann auch durch einen Gläubiger des Genossen erfolgen, welchem nach fruchtlos versuchter Zwangsvollstreckung in dessen übriges Vermögen das dem Genossen bei der Auseinandersetzung zukommende Guthaben überwiesen ist. Ein Genosse kann von der Genossenschaft ausgeschlossen werden z. B. wegen Verlustes der bürgerlichen Ehrenrechte. Die Aufkündigung und der Ausschluß sind dem Gericht zeitig anzuzeigen und in die Liste der Genossen einzutragen. Die Auseinandersetzung des Ausgeschiedenen mit der Genossenschaft bestimmt sich nach der Vermögenslage und dem Bestande der Mitglieder zur Zeit seines Ausscheidens; sie erfolgt auf Grund der Bilanz. Reicht das Vermögen einschließlich des Reservefonds und aller Geschäftsguthaben zur Deckung der Schulden nicht aus, so hat der Ausgeschiedene von dem Fehlbetrage den ihn treffenden Anteil an die Genossenschaft zu zahlen. Der Anteil wird in Ermangelung einer andern Bestimmung des Statuts nach der Kopfzahl der Mitglieder berechnet. Die Klage des ausgeschiedenen Genossen auf Auszahlung des Guthabens verjährt in zwei Jahren. Wird die Genossenschaft binnen sechs Monaten nach dem Ausscheiden des Genossen aufgelöst, so gilt sein Ausscheiden als nicht erfolgt, der Genosse haftet also weiter, ohne daß er inzwischen an den Beschlüssen der Genossenschaft teilnehmen konnte. Sonst wird ihm das Guthaben nach Ablauf der sechs Monate ausgezahlt, ohne daß er an den Reservefonds und das sonstige Vermögen der Genossenschaft Ansprüche hat. Der Genosse kann im Laufe des Geschäftsjahrs dadurch ausscheiden, daß er sein Geschäftsguthaben einem andern überträgt, wenn dieser an seiner Stelle Genosse wird, oder, sofern derselbe schon Genosse ist, wenn dessen Guthaben zusammen mit dem Guthaben des ausscheidenden Genossen den Geschäftsanteil nicht übersteigt. Wird die Genossenschaft in solchem Falle binnen sechs Monaten nach dem Ausscheiden des Genossen aufgelöst, so hat dieser im Falle der Eröffnung des Konkurses die Nachschüsse soweit zu leisten, als der Erwerber dazu unvermögend ist. Das Statut kann bestimmen, daß die Übertragung des Geschäftsanteils an einen andern ausgeschlossen oder an noch weitere Voraussetzungen geknüpft sein soll. Im Fall des Todes eines Genossen gilt dieser mit dem Schlusse des Geschäftsjahrs, in welchem der Tod erfolgt ist, als ausgeschieden.

Die Auflösung der Genossenschaft kann durch Beschluß der Generalversammlung jederzeit erfolgen; der Beschluß bedarf einer Mehrheit von drei Vierteilen der erschienenen Genossen. Das Statut kann noch andere Erfordernisse aufstellen. Die Auflösung ist zur Eintragung in das Genossenschaftsregister anzumelden. Ist die Zeitdauer der Genossenschaft nach dem Statut beschränkt, so tritt die Auflösung mit Ablauf der Zeit ein. Sinkt die Zahl der Genossen auf weniger als sieben herab, so hat das Gericht auf Antrag des Vorstandes oder von Amts wegen die Auflösung auszusprechen. Dieselbe kann auch von der Verwaltungsbehörde ausgesprochen werden, wenn eine Genossenschaft sich gesetzwidriger Handlungen oder Unterlassungen schuldig macht, durch welche das Gemeinwohl gefährdet wird, oder wenn sie andere als die oben bezeichneten geschäftlichen Zwecke (§. 1 des Gesetzes) verfolgt. Die Liquidation erfolgt durch den Vorstand, wenn dieselbe nicht durch Statut oder durch Beschluß der Generalversammlung andern Personen übertragen wird. Auf Antrag des Aufsichtsrats oder des zehnten Teils der Genossen kann die Ernennung von Liquidatoren durch das Gericht erfolgen. Über die Liquidation enthält das Gesetz Vorschriften, welche der für die Aktiengesellschaft getroffenen nachgebildet sind. Eine Verteilung des Vermögens unter die Genossen darf nicht vor Tilgung oder Deckung der Schulden und nicht vor Ablauf eines Jahrs seit dem Tage vollzogen werden, an welchem die Aufforderung der Gläubiger in den hierzu bestimmten Blättern zum drittenmal erfolgt ist. Liquidatoren, welche dieser Vorschrift zuwiderhandeln und Mitglieder des Aufsichtsrats, welche mit Kenntnis der Zuwiderhandlung nicht eingeschritten sind, haften den Gläubigern solidarisch.

Die Genossenschaft wird ferner aufgelöst durch Eröffnung des Konkurses. Derselbe kann auch nach anderweiter Auflösung eröffnet werden, solange das Genossenschaftsvermögen nicht verteilt ist. Der Konkurs ist zu eröffnen im Falle der Zahlungsunfähigkeit, nach anderweiter Auflösung auch im Fall der Überschuldung. Die Eröffnung erfolgt auf Antrag des Vorstandes, eines Mitgliedes des Vorstandes oder der Gläubiger. Eine Aufhebung des Konkurses durch Zwangsvergleich findet nicht statt. Soweit die Konkursgläubiger wegen ihrer bei der Schlußverteilung berücksichtigten Forderungen aus dem zur Zeit der Konkurseröffnung vorhandenen Vermögen der Genossenschaft nicht befriedigt werden, sind die Genossen verpflichtet, Nachschüsse zur Konkursmasse zu leisten. Das Gesetz hat das Verfahren geordnet, in welchem die Höhe der Nachschüsse so festgestellt wird, daß auf Grund der Berechnung die Zwangsvollstreckung