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Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

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Eßlingen (Dorf) - Estampes
Lettner und Sakramentshäuschen von 1486, die
katholische frühgot.St. Paulskirche, 1268 vollendet,
die schöne spätgot. Liebfrauentirche, ein zierlicher
Hallenbau mit schlanken Pfeilern, 1406-1522 von
Ulrich von Ensingen und seinen Söhnen und der
Familie Böblinger, den Erbauern des Ulmer Mün-
sters, ausgeführt und 1862 unter Egles Leitung
restauriert: sie hat treffliche Skulpturen an den drei
Portalen lim Vogenfeld des Südportals das Jüngste
Gericht), schöne Glasgemälde im Chor und neben
der Orgelbühne die Grabsteine von Hans und
Matthäus Vöblinger; der schöne durchbrochene
Turm (75 m), 1520 vollendet, ist auf 267 Stufen
zu ersteigen und gewährt eine prächtige Aussiebt auf
die Stadt, das Neckarthal und die Alb. lVgl.Pfaff,
Geschichte der Frauenkirche in E., Eßling. 1863.)
Noch höher ist die ehemalige kaiserl. Burg Perfried,
mit stattlichem Eckturm. Dem Rathaus, ehemals
Schloß des Grafen Alexander von Württemberg,
gegenüber liegt das alte, 1430 erbaute Rathaus,
einst das "Steinerne Haus" genannt; dahinter das
frühere Gerichtsgebäude für den Neckarkreis, das
Wolfsthor von 1216 mit den steinernen hohenstausi-
schen Löwen und das im altdeutschen Stil 1882 reno-
vierte Haus der Familie W. Bausch. Auf der mit
Anlagen versehenen Maille, einer Insel im Neckar,
die Erzbüste des Historikers Karl Pfaff (gest. 1866).
Die bedeutende Industrie (etwa 80 Fabriken)
erstreckt sich auf die Fabrikation von Gold-, Silber-,
Neusilber-, lackierten und silberplattierten Waren,
Feilen, Meßwerkzeugen, Knöpfen, Leder, Hand-
schuhen, Textil-, Spielwaren, Ol, Farben, Seife,
Essig, Senf, Champagner, ferner auf Lokomotiven-
(2000 Arbeiter) und Maschinenbau, Kammgarn-
spinnerei (1000Arbeiter), Baumwollspinnerei (41000
Spindeln), große Bierbrauereien und Kunstmüblen.
Hervorragend ist anch der Wein-, Obst- und Ge-
müsebau. In der Nähe liegt in ländlicher Abge-
schiedenheit die Irren-und Wasserheilanstalt Ken-
nenburg und das königl. Lustschloß und Gestüt
Weil, ehemals Dominikanerinnenkloster, mit treff-
licher Viehzucht. - E. (ll6t8ilii^3,, I^^Iili^iu im
Mittelalter) wurde um die Mitte des 8. Jahrh, ge-
gründet, gehörte in der ältesten Zeit zum Neckargau
des Herzogtums Schwaben und war schon 1077
ummauert, als Rudolf von Schwaben hier feine
Anhänger versammelte; infolgedessen zerstörte es
Heinrich IV. Unter dem Schutze der Hohenstaufen
gedieh der Ort jedoch wieder fchnell und erhielt 1209
von Kaiser Otto IV. die Rechte einer Freien Stadt
des Reichs: sie wurde 1216 von Kaiser Friedrich II.
befestigt und gehörte zur Niederfchwäbischen Land-
vogtei. Hier wurde 1488 der Schwäbische Bund
errichtet; auch bestand hier bis 1733 eine reichsfreie
Ritterschule, und 1567 und 1571 ward der Pest
wegen die Universität von Tübingen hierher verlegt.
Der Reformation schloß sich E. schon 1531 an. 1796
fand hier ein Treffen zwischen den Franzofen unter
Moreau und den Österreichern statt. Die fortwähren-
den Fehden mit dem Haufe Württemberg, welches
das Reichsschultheißenamt in der Stadt besah, endig-
ten 1802, als Stadt und Gebiet dem Herzogtum
Württemberg zugeteilt wurde. - Vgl. Pfaff, Ge-
schichte der Reichsstadt E. (2. Aufl. mit Ergänzungs-
heft, Eßling. 1852); Ströhmfeld und Schnorr/E.
in Wort und Bild (ebd. 1890).
Gßlingen, Dorf in Österreich, s. Eßling.
Gßlingen, der Schulmeister von, fahrender
Spruchdichter des 13. Jahrh., der den Titel Schul-
meister wohl nur als Spitznamen führte, hat in
seinen polit. Sprüchen mit rücksichtslosem, aber
höchst amüsantem Witz die Habgier und den Geiz
Rudolfs von Habsburg verhöhnt. Ansgabe in von
der Hagens Minnesingern (4Bde.,Lpz.1838),Nr. 96.
Gffonne (spr. essonn), linker Nebenfluß der Seine
in den franz. Depart. Loiret und Seine-et-Oift,
entsteht an der Grenze des Waldes von Orleans im
Depart. Loiret durch Vereinigung des 40 km langen
Oenf (der Pithiviers berührt) und der kürzern Ri-
marde. Die O. stießt über Malesherbes nach N.,
nimmt die Iuine auf, berührt den Industrieort
Essonnes (s. d.) und mündet nach einem Laufe von
60 Km (100 Km bis zu den Quellen des Oenf) bei
Corbeil, in 30 m Höhe, in die Seine. Die E. ist für
die Industrie sehr gut verwendbar.
Gssonnes (spr. essonn), Stadt imArronoissement
und Kanton Corbeil des franz. Depart.Seine-et-Oise,
1^/2 km südwestlich von Corbeil, an der Essonne und
an der Linie Paris-Montargis-Sens via. Corbeil
der Franz. Mittelmeerbahn, in 34m Höhe, hat (1891)
5671, als Gemeinde 7351E., eine Kirche aus dem 12.
und 13. Jahrh., Bernardin de St. Pierres Haus;
Kupfer- und Eisengießerei, Maschinenbau, bedeu-
tende Papierfabriken, Mühlen, Baumwollspinnerei,
Deckenfabrik, Brennereien und Kalköfen.
Gftadäl, noch vorkommendes älteres span.
Längenmaß, das in Castilien 4 Varas oder 12 Fuß
begriff ^ 3,34362 m, im Verkehr aber, namentlich
der andern Provinzen, abweichende Größen hatte,
zwischen 5^ und 15 Fuß schwankte und als Wein-
gartenmaß bisweilen zu 11 Fuß gerechnet wurde.
Estadlo, Stadium, Stadion, älteres Weg-
maß Spaniens und Portugals, war in Spanien ^
der schon 1658 gesetzlich abgeschafften, aber öfters
noch vorkommenden juridischen Wegstunde (I^Zua
^ui-iäica) oder ^/g der juridischen Meile (Nilia^uri-
äica), und wurde zu 125 Schritt (?a8O8) oder
625 Fuß (?i668) gerechnet -- 174,14? m; sonach
stand es dem altgriech. Stadion (--- etwa 187^ m)
sehr nahe. In Portugal, wo der E. bis 1868 gesetz-
lich war, bildete er ^ der Milha oder kleinen Meile
oder 2/24 der Legoa oder großen Meile und war
- 258,207 m.
Estädo, span. Längenmaß, s. Faden.
Estafette (frz.) oder Stafette, reitender Eil-
bote. Eine Beförderung von Estafettensendungen
und Kurierreisenden durch die Post findet in Deutsch-
land nicht mehr statt. Dagegen besteht eine solche
noch in Osterreich-Ungarn und in Rußland.
Gstajo, merik. Flächenmaß, s. Almude.
Gstakade (frz.), eine unter Wasser angebrachte
Verpfählung zum Absperren des Fahrwassers.
Hstanionto (span.), Standeversammlunq,
Cortes.
Gstamm, Kleiderfutterzeug, s. Etamin.
H3t9.ininst (frz., spr. -neh), in Frankreich und
Belgien ein Kaffeehaus, wo geraucht werden darf.
HstailiVs (frz., spr. estängp), Bild als Abdruck
einer Platte, besonders Kupferstich, Stahlstich.
Gstampes (spr. etängp), Stadt, s. Etampes.
Eftampes (Etampes, spr. etängp), Anna von
Pisseleu, Herzogin von, Geliebte Franz' I. von
Frankreich, Tochter Antons von Meudon, geb.
1508,war (als M^d'Heilly) Ehrendame beiderHer-
zogin von Angouleme, der Mutter des Königs, und
trat diesem 1526 bei seiner Rückkehr aus der span.
Gefangenschaft näher. Bald wußte sie ihn durch
Schönheit, Geist und ihren litterarisch und künstlerisch