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Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

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Europa (Bewässerung)

die Liparischen Inseln und Ätna, sowie zahlreiche erloschene Vulkane um Rom sowie auf Ischia (Monte-Epomeo). Vor dem Alpensystem liegen eine Reihe von fremden Gebirgsgruppen; im N. desselben zwei archäische Tafeln, das franz. Centralplateau mit zahlreichen erloschenen Vulkanen (Puys), die Stöcke der Vogesen und des Schwarzwaldes, durch die Grabenversenkung des Rheinthals getrennt, und die böhm. Scholle. An allen dreien hat sich das Alpensystem bei seiner Emporfaltung gestaut. Sie bilden die Kerne der deutschen Mittelgebirge, welche auf einer Basis von 280000 qkm Mittel- und Süddeutschland durchziehen. Zu ihnen gehören der Deutsche Jura (der Schweizer Jura erstreckt sich von der Rhône zum Schwarzwald), die fränk. und lothr. Platte zu beiden Seiten des Rheins, der Odenwald, Spessart, Hardt, der große Komplex des paläozoischen Rheinischen Schiefergebirges, Harz, Thüringer Wald, Erzgebirge und Sudeten. Weiter liegen vor den Apenninen die alten Massen von Corsica und Sardinien, vor den Dinarischen Alpen die Gebirgsstöcke von Agram, vor dem Balkan der Rhodope-(Despoto-)Dagh, der Rilo-Dagh, Schar-Dagh sowie Olymp. Die Iberische Halbinsel hat gewaltige Platten im W. und Innern, tertiäres Land, zwischen dem alte archäische Gebirgszüge hervortauchen, wie die Sierra Guadarrama u. a. Im NW. nimmt das archäische Land zu im Gebirge von Galicia; den S. nimmt die Sierra Nevada ein mit 3481 m Höhe im Cumbre de Mulhacen; Kreide und Jura erfüllen die Hochflächen im SW. des Ebro. An der Grenze der Halbinsel im N. treten das Asturisch-Cantabrische Gebirge und die Pyrenäen auf, letztere mit archäischem Kernzug im O., im übrigen beide aus paläozoischen und Kreideablagerungen bestehend. Sie erreichen 3404 m Höhe im Pic d’Anethou, tragen aber nur kleine Gletscher.

Ein zusammengehöriges sehr altes archäisches und paläozoisches Gebirge bilden die Bretagne, Wales, Irland, Schottland, während England, wie Mittel-, Ost-, Nordost- und Südwestfrankreich aus Jura, Kreide, Tertiär besteht. Im Ben-Nevis erreicht Schottland 1343, im Snowdon Wales 1094 m. Der Rest ist flacher.

Ein weiteres großes, durchaus archäisches Gebirgssystem ist Skandinavien samt Finland. Im Ymes-Fjeld erreicht es 2604 m, im Sarjektjåkko im N. 2125 m. Nur Südschweden hat Quartär- und Kreideland. Die mit Schneepiks und Gletscherfeldern reich überdeckte Hochfläche (1850 km lang) mit schroff zerklüfteten Wänden, von N. nach S. 650 zu 1650 m Höhe zunehmend, tritt an die wild zersplitterte Westküste, während zu den Ost- und Südostebenen see- und waldbedeckte Plateaus terrassenförmig absteigen.

E. setzt sich in seinem Sockel nach NW. fort. Nur eine 50-200 m tiefe Wasserfläche umgiebt rings die brit. Inseln, und eine geringe Senkung des Meeresspiegels oder Hebung des Bodens würde genügen, um Frankreich, Großbritannien, Irland, die Orkney- und Shetlandsinseln über die Nordsee hinaus mit Dänemark zu verbinden und die Ostsee verschwinden zu lassen. Zahlreiche Thatsachen beweisen, daß diese jetzige Meeresfläche vor Jahrtausenden Festland gewesen ist. Noch in histor. Zeit hat an mehrern tief gelegenen Küsten, zumal an der Nordsee und im NW. des Adriatischen Meers, der Kampf des Festen mit Flüssigem mannigfache Veränderungen hervorgerufen; die Zeugnisse noch fortwirkender vulkanischer Thätigkeit beschränken sich auf den Ätna, die Vulkane der Liparischen Inseln, den Vesuv, die Insel Santorin und Island; die übrigen rein vulkanischen Gebilde in Süditalien, der Auvergne, in Nordungarn, der Mitte Deutschlands und Südschottland gehören mit wenig Ausnahmen einer vorhistor. Epoche an. Auf die Hauptgebirgsgruppen und die wichtigsten Ebenen entfallen folgende Flächenräume:

Skandinav. Gebirge 500000 qkm

Ural 330000 "

Alpen 230000 "

Karpaten 187000 "

Apennin 110000 "

Pyrenäen 55000 "

Das große Flachland mit den Randmeeren aber ohne die skandinav. und brit. Ebenen 6400000 "

Die ungar. Ebene 100000 "

Die rumän. Ebene 83000 "

Die Poebene 55000 "

Der höchste Berg, der Montblanc, erreicht mit 4810 m nur die halbe Höhe des höchsten Berges der Erde.

Eine Höhenberechnung für die einzelnen Länder ergiebt für die Schweiz 1300 m mittlerer Erhebung, für Spanien und Portugal 700, für die Balkanhalbinsel ohne Rumänien 579,5, für Österreich-Ungarn 517,87, für Italien 517, für Skandinavien 430, für Frankreich 400, für Rumänien 282,28, für die brit. Inseln 217, für Deutschland 213,66, für Rußland 167,09, für Belgien 163,36, für Dänemark 35,2, für die Niederlande 9,61 m. Die höchstgelegene Stadt E.s ist Briançon (1321 m). Vereinzelte Wohnstätten, wie das St. Bernhardshospiz (2472 m), das auf dem St. Gotthard (2093 m), liegen noch höher. Die höchstgelegene Hauptstadt ist Madrid in etwa 655 m Höhe; dann folgen München in 528, Genf 408 und Turin in 275 m Höhe.

Bewässerung. Die Gegensätze von Wasserarmut und Wasserüberfluß finden sich in E. nirgends in solcher Großartigkeit vertreten wie in andern Erdteilen: nach allen Richtungen hin öffnen Ströme den Zugang zum Binnenlande und nähern sich mit ihren Quellgebieten zu möglichst vielseitiger Kanalverbindung. Solche Mittelpunkte der Stromentwicklung sind in Rußland die Waldaihöhe, von der Düna, Dnjepr und Wolga nach drei Meeren auseinandergehen, das Gebiet zwischen Karpaten und dem Mährischen Gesenke, wo Weichsel, Oder, Elbe und Donau (March) sich beinahe berühren, und in den Alpen das Bergland zwischen Bernina und St. Gotthard, wo die Systeme von Rhône, Rhein, Donau (Inn) und Po (Tessin) zusammenstoßen. Der größte Strom E.s, was Länge des Laufs und Ausdehnung des Flußgebietes betrifft, ist die Wolga, dann folgt die Donau, die Hauptverkehrsader nach O., dann eine Reihe russ. Ströme, denen das ungeheure Flachland bedeutende Entwicklung gestattet; unter den mittel- und westeurop. Flüssen ist der Rhein der wichtigste; weniger günstig, weil zum Teil nicht schiffbar, sind die Plateauströme der Pyrenäischen Halbinsel. Eine Übersicht der Hauptflüsse des Erdteils, ihre Länge und ihr Stromgebiet giebt die Tabelle bei dem Artikel Flüsse (s. d.).

Die Größe nimmt beinahe stetig von O. nach W. zu ab. Das gewaltigste Stromgebiet, die Wolga, entwässert zum Kaspischen Meer; das Nördliche Eismeer empfängt die Wasser einer Fläche von 1,288