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Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

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Europa (Klima)

Mill. qkm, vor allem vermittelst der Petschora, des Mesen, der Dwina und Onega. Zur Ostsee gehen die Adern der Südostabdachung Skandinaviens, wie Torneå- und Dalelf, die Abflüsse der finn. Seenplatte, ferner Newa, Düna, Niemen, Pregel, Weichsel und Oder, insgesamt Flüsse aus einem Gebiete von 1,663 Mill. qkm. Der Nordsee sind tributär 725000 qkm, hauptsächlich vermittelst der Elbe, Weser, Ems, des Rheins und der Schelde. Themse und Severn, Seine, Loire, Garonne, Duero, Tajo, Guadiana, Guadalquivir u. s. w. entwässern 1,142 Mill. qkm Land zum Kanal und zum Atlantischen Ocean. Die Hauptströme des Mittelmeers sind Ebro, Rhône und Po, sein Anteil an E. beträgt 944000 qkm. Das größte Wassergebiet (2,060 Mill. qkm) gehört zum Schwarzen Meere; hier münden Donau, Dnjestr, Dnjepr und Don.

Durch Kanäle verbunden ist in Rußland das Gebiet des Kaspischen Meers mit dem Eismeer durch Wolga (Kama) und Dwina (Wytschegda), mit der Ostsee vermittelst Wolga und Newa auf mehrfache Weise, desgleichen die Ostsee mit dem Schwarzen Meere vermittelst Dnjepr, Düna, Niemen und Weichsel; in der Mitte E.s verbindet der (Ludwigs-) Donau-Main-Kanal Rhein mit Donau oder Nordsee mit Schwarzem Meere; durch Frankreich führen zahlreiche Kanäle vom Gebiet der Rhône zum Rhein, wie zur Seine, Schelde und Loire, also vom Golf du Lion zur Nordsee, zum Kanal und offenen Ocean, der durch Garonne und Canal du Midi nochmals mit dem Mittelmeer verbunden ist; in Schweden führt der Götakanal, in Holstein der neue Nordostseekanal aus Ostsee zur Nordsee, und auf den brit. Inseln hat ein außerordentlich reiches Kanalnetz im S. und N. Ost- und Westküste in Verbindung gesetzt.

Unter den Seen ist das salzhaltige Kaspische Meer, der größte Rest ehemaliger Meeresbedeckung, zu Asien zu rechnen. Peipus-, Ladoga- und Onegasee, die Seen Schwedens, wie Wener- und Wettersee, die große Seenplatte Finlands, die Seen Großbritanniens und Irlands, wie auch die im N. und S. der Alpen, welch letztere zugleich als Läuterungsbecken der Flüsse dienen, stehen mit der Eiszeit in ursächlichem Zusammenhange. Andere Formen sind die Strandseen der deutschen Ostseeküste und einzelne Seen vulkanischen Ursprungs (Eifel). Selten sind Seen in Südeuropa. Die finn. Seen bedecken 11 Proz. der Fläche des Landes, die schwedischen 8, die norwegischen 3, die schottischen und irischen 1,12 und 1,92 Proz. Die absolut größte Ausdehnung haben die Seen Nordrußlands mit 63435 qkm, während das gesamte Seeareal E.s, einschließlich der Haffe, aber ohne das Asowsche Meer, auf 167968 qkm berechnet ist.

Sümpfe und Moräste sind vielfach durch Menschenarbeit beseitigt oder beschränkt worden; doch sind noch weite Strecken, wie die Tundren Nordrußlands und die Rokitnosümpfe im Pripetgebiet Hemmnisse des Anbaues und des Verkehrs. Den Übergang vom Flüssigen zum Festen, von Meer zu Land, bilden die Marschen der Nordseeküste und die Lagunen des Adriatischen Meers. (Hierzu: Physikalische Übersichtskarte von Europa.)

Klima. E. hat von allen Erdteilen das gemäßigste Klima. Es liegt mit Ausnahme des äußersten N. in der gemäßigten Zone und wird auf der ganzen Nordwestseite von den warmen Strömungen des Golfstroms bespült. Auch gestattet die reiche Gliederung im NW. dem mildernden Einfluß des Meers Eingang gegen das Innere (Nordsee, Ostsee); dasselbe findet im S. statt (Mittelmeer). So liegen die Jahresisothermen hier nördlicher als in den andern Kontinenten; die von O° schneidet im N. nur die Halbinseln Kola und Kanin ab, nur die allernördlichsten Gegenden haben also eine mittlere Jahrestemperatur von unter 0°. Andererseits berührt die Jahresisotherme von 20° C. gar nicht.

Man unterscheidet fünf große Klimaprovinzen.

1) Die Mittelmeerprovinz wird durch den Wall der Pyrenäen und des Alpensystems vor den rauhen nördl. Winden geschützt. Gegen O. ist die Temperatur niedriger als im W., weil hier die höhern Gebirge am Nordrand der Provinz fehlen. Die Einheitlichkeit des Klimas ist der Existenz des geschlossenen Mittelmeers zu danken. Die Temperatur des Meerwassers ist im Winter um 3° (Palermo) bis 5° C. (Toulon) höher als die der Luft. Schnee ist selten. Charakteristisch ist das starke Steigen der Wärme im Frühling. Der Mai ist so warm wie der Juni in Mitteldeutschland. Besondere Abteilungen in der Mediterranprovinz bilden das span. Tafelland mit kontinentalerem Klima und starken Wärmeschwankungen trotz Nähe der See, ferner das span. Mittelmeergebiet mit größerer Gleichmäßigkeit; dann das südfranzösisch-ligurische Küstenland, das Pogebiet, wieder mit kontinentalerem Klima und Regen zu allen Jahreszeiten; Süditalien mit hohen Sommertemperaturen und geringer Feuchtigkeit; die dalmatinisch-illyrische Provinz mit großer Wärme, infolge der Lage am Fuße der Gebirge. In allen diesen Gebieten kommen Fallwinde, Mistral in Südfrankreich, Bora in Istrien und Dalmatien vor, dagegen in Süditalien der heiße Sirocco; die Provinzen des griech. Sprachgebietes zeigen größere Unterschiede von Sommer und Winter und Abnahme der Temperatur gegen NO. (Konstantinopel).

2) Die oceanische oder atlantische Provinz, Westeuropa umfassend, hat durchaus oceanisches Klima, durchweg milde Winter und kühle Sommer; sie zerfällt in zwei Teile. Der eine begreift Portugal und Nordspanien, mit geringen Schwankungen und viel Niederschlag. Die andere umfaßt Frankreich, Großbritannien, Westdeutschland, Holland, Belgien sowie die Westküsten Jütlands und Norwegens; er liegt zwischen den Jahresisothermen von 15° und 3° C., und hat nur 10-20° Wärmeschwankung. Starker Regenfall herrscht an den Westküsten Frankreichs und der brit. Inseln.

3) Die Kontinentalprovinz zeigt ein Übergangsklima von der oceanischen zur baltischen und pontischen. Zu ihr gehören Deutschland östlich von der Linie Hamburg-Straßburg, die Schweiz, Österreich diesseit der Leitha und Dänemark. Hier finden sich schon höhere Wintertemperaturen, auch höhere Sommerwärme und stärkere Schwankungen.

4) Die baltische Provinz und 5) die pontische Provinz zeigen echtes Festlandsklima, je mehr gegen O., desto stärker. Die Wasserumgebung E.s verliert hier ihre Wirksamkeit, dagegen wirken die breitern Landmassen im Sommer erwärmend, im Winter erkältend. Daher sind die Schwankungen hier besonders hoch. Niederschläge sind hier geringer (600-400 mm), durch eine Linie Wien-Krakau-Moskau-Kasan wird die südliche pontische Provinz von der nördlichen baltischen geschieden. Im N. herrschen kalte Winter, gemäßigte Sommer, im S. kalte Winter, heiße Sommer. Im S. ist die Bewölkung geringer, die Sonnen-^[folgende Seite]