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Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

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Fabrikgold - Fabrikinspektor
Gesetzgebung, während in den Südstaaten in dieser
Richtung noch nichts geschehen ist.
Man hat zwar mehrfach beobachtet, daß die Lei-
stungen der Arbeiter nach Abkürzung der Arbeits-
zeit sich quantitativ nicht verminderten, gleichwohl
ist nicht zu bestreiten, daß die Industrie eines
Landes, das die unbeschränkte Ausnutzung der
billigen Kinderarbeit und des stehenden Kapitals
der Fabriken gestattet, in der internationalen Kon-
kurrenz mit den durch eine strenge Gesetzgebung in
dieser Beziehung beschränkten Fabriken eines an-
dern Landes wenigstens zunächst und unmittelbar
einen Vorsprung besitzt. Daher ist es begreiflich,
dah gerade von seiten der Schweiz der Gedanke
einer internationalen F. angeregt worden ist, durch
welche wenigstens gewisse Grundzüge und Prin-
cipien von den Kulturstaaten vertragsmäßig über-
einstimmend zur Anerkennung gebracht werden
sollen. Durch die Aufnahme dieses Projektes sei-
tens des Deutschen Reichs und die 1890 in Berlin
zusammengetretene Arbeiterschutzkonferenz (s. o.) ist
man der Verwirklichung desselben näher getreten.
Vgl. Lohmann, Die F. der Staaten des europ.
Kontinents (Berl. 1878); Jahresberichte der preuß.
Fabrikinspektoren (ebd. 1874-82); Amtliche Mit-
teilungen aus den Jahresberichten der mit Beauf-
sichtigung der Fabriken betrauten Beamten (ebd.
und Cöthen 1879 fg.); von Bojanowfki, Die engl.
Fabrik-und Werkstättengesctze (Berl. 1876); ders.,
Das engl. Fabrik- und Werkstättengesetz von 1878
(Jena 1881); Anton, Geschichte der preußischen F.
(Lpz. 1891); Tallon und Maurice, i^iäliUion sur
16 travaii ä68 6ntaut3 äau8 168 uiHuut'aetui'68
(Par. 1875); Artikel: Arbeiterschutzgesetzgebung im
"Handwörterbuch der Staatswissenschaften", Bd. 1
(Jena 1890), S. 400-498; ^chönberg, Handbuch
der polit. Ökonomie, Bd. 2 (Tüb. 1891), S. 683 fg.
Fabrikgold, s. Blattgold.
Fabrikhygieine, s. Hygieine.
Fabrikindustrie, s. Fabrik.
Fabrikinspektor, in Preußen Gewerberat,
in Osterreich Gewerbein spettor, Titel für Be-
amte, die ausfchließlich oder neben den örtlichen
Polizeibehörden mit der Überwachung der Ausfüh-
rung gewisser Bestimmungen der Fabrikgesetzgebung
(s. d.) betraut sind. Solche Beamte wurden zuerst
durch das engl. Fabrikgesetz von 1833 eingesetzt, und
-ihre Stellung ist seitdem in England immer wich-
tiger und einflußreicher geworden. -In Preußen
wurden sie durch das Gesetz vom 16. Mai 1853
ins Leben gerufen. In der Deutschen Gewerbe-
ordnung fand die Fabrikinspektion zunächst durch
die Novelle vom 17. Juli 1878 und neuerdings in
dem Gesetz vom 1. Juni 1891 eine Stelle (§. 139d).
Die Aufsicht der F. erstreckt sich hiernach auf die Aus-
führung der Vorschriften über die Sonntagsruhe der
Arbeiter, sowie die gesetzlich bestimmten Ausnahme-
fälle, die Arbeitsordnungen, die Arbeiterausschüsse,
die Beschäftigung von Kindern, jungen Leuten und
Frauen und auf die Herstellung der nötigen Ein-
richtungen im Interesse der Gesundheit und des
Lebens der Arbeiter. Eine ihrer wesentlichsten Auf-
gaben besteht außerdem vermöge ihres fortwähren-
den Verkehrs mit der gewerblichen Bevölkerung in
der Weiterbildung der socialpolitischen, besonders
der Arbeiterschutzgesetzgebung. Den F. stehen bei
der Ausübung ihrer Aufsicht alle Befugnisse der
Ortspolizeibehörde und namentlich das Recht der
Revision zu jeder Zeit zu. Die amtlick zu ibrer
Kenntnis gelangenden nicht gesetzwidrigen Ge-
schäfts- und Betriebsverhältnisse der Fabriken sind
sie geheimzuhalten verpflichtet. Die Regelung der
Zuständigkeitsverhältnisse zwischen den F. und den
ordentlichen Polizeibehörden bleibt den einzelnen
Vundesstaaten vorbehalten. Die F. haben jährlich
Berichte zu erstatten, und diese Jahresberichte oder
Auszüge daraus sind dem Bundesrate und dem
Reichstage vorzulegen. 1890 waren angestellt in
Preußen 17 (und 10 Assistenten), in Bayern 4, im
Königreich Sachsen 8 (nebst 18 Assistenten), in
Württemberg 2, in den übrigen Staaten 18 (und
3 Assistenten), sodaß die Gesamtzahl der in Deutsch-
land angestellten Aufsichtsbeamten 80 betrug. Nach
der infolge der Arbeiterschutzgesetzgebung von 1891
in Aussicht genommenen Reorganisation soll in
Preußen die bisherige Fabrikinspektion zu einer
Gewerbeinspektion erweitert werden. Bei jeder
Regierung soll nach diesem Reformplan in der Regel
ein Regierungsgewerberat angestellt werden;
jeder Regierungsbezirk wiederum zerfällt in Hn-
spektionsbezirke, und für jeden dieser letztern wnd
ein Gewerbeinspektor ernannt, welchem gleichzeitig
die bisher von den Beamten der Bauverwaltung vor-
genommene Revision der Dampfkessel übertragen
wird. (Letztere Verbindung besteht in Sachsen be-
reits seit 13 Jahren.) Außer diesen giebt es noch
Hilfsarbeiter aus der Zahl der Gewerbeinfpektoren
und Assistenten. Zur Durchführung einer wirksamen
Kontrolle soll das Aufsichtspersonal in Preußen
künftighin aus 163 Beamten bestehen, 26 Regie-
rungsgewerberäten bei den Regierungen, 97 Ge-
werbeinspektoren in den Inspektionsbezirten, von
welchen 17 als Hilfsarbeiter der Regierungsgewerbe-
räte zu fungieren hätten, und 40 Assistenten. Preu-
ßen nachfolgend werden auch die andern deutschen
Staaten über kurz oder lang zu einer Vermehrung
ihres Inspektionspersonals schreiten müssen. Bayern
hat bereits die Zahl seiner Aufsichtsbeamten ver-
doppelt. -In Frankreich datiert die Durchführung
der Fabrikinspektion seit dem Gesetz vom 19. Mai
1874, nach welchem das Land in 15 Inspektions-
bezirke geteilt wird; durch Dekret vom 27. März
1885 wurde ihre Zahl auf 21 erhöht. - Die ganze
Schweiz ist durch Fabrikgesetz vom 23. März 1877
in 3 Inspektionsbezirke geteilt; 3 Inspektoren mit je
2 Assistenten bilden das Aufsichtspersonal. Die
Instruktion vom 18. Juni 1883 regelt die Stellung
dieser Beamten. - In Österreich wird ein F. schon
im Hosdekret vom 6. Nov. 1810 erwähnt. Aber erst
das Gesetz vom 17. Juni 1883, betreffend die Be-
stellung von Gewerbeinspektoren, schuf eine lebens-
fähige Institution. Die ihnen zugewiesenen Auf-
gaben decken sich vielfach mit denen, die ihnen in
andern Ländern obliegen; jedoch ist ihre Thätigkeit
nicht auf Fabriten beschränkt, sondern umfaßt in
der Regel alle Unternehmungen des betreffenden
Bezirks. Ein Ministerialerlaß von: 5. Mai 1886
hat die Zahl der Aufsichtsbezirke auf 15 angesetzt,
in welchen im ganzen 24 Aufsichtsbeamte thätig
sind. Die Instruktion für die Beamten datiert von
demselben Tage. Der Central-Gewerbeinspettor ist
das gewerbetechnische Organ des Handelsministe-
riums in Angelegenheiten des Gewerbeinspektions-
dienstes. Auch Ruhland, Italien, Dänemark, Schwe-
den, Belgien, Holland und Luxemburg besitzen das
Institut der F., Arbeits- oder Industrieinspektoren.
- Vgl. Weyer, Die engl. Fabrikinspettion (Tüb.
1888); Elster, Die Fabrikinspektionsberickte in