515
Faddejew-Insel – Fadengebilde
Fadéjew, Rastislaw Andrejewitsch, russ. General und Militärschriftsteller, geb. 1824, nahm
1850–68 an den Kämpfen im Kaukasus, dazwischen 1853–56 an der Verteidigung von Sewastopol teil. 1877 beteiligte er sich an der
Belagerung Antivaris. Er starb 12. Jan. 1884 (31. Dez. 1883) in Odessa. F. ist am meisten bekannt durch sein Werk «Die russ. Kriegsmacht»
(Mosk. 1868; deutsch Lpz. 1870) sowie die sich daran anschließende «Ansicht über die orient. Frage» (Petersb. 1870; deutsch in F.s
«Neuesten Schriften», Teschen 1871), worin die Vernichtung Österreichs als Vorbedingung einer Lösung der Orientalischen Frage im
russ.-slaw. Sinne hingestellt wird. In Übereinstimmung mit dem Feldmarschall Barjatinskij, dessen Adjutant F. war, schrieb er mehreres gegen
die Reformen des Kriegsministers Miljutin; ferner schrieb er «Sechzig Jahre aus den Kaukasuskriegen» (russisch, Tiflis 1860), «Briefe aus
dem Kaukasus» (russisch, Petersb. 1865) und besonders «Briefe über die gegenwärtige Lage Rußlands» (anonym), die zuerst in Leipzig
(russisch und deutsch 1881), dann in Petersburg (russisch) in mehrern Auflagen erschienen und freimütig die Mängel der damaligen russ.
Zustände darlegen. F.s gesammelte Werke (4 Tle. in 2 Bdn., Petersb. 1890) wurden mit einer Biographie herausgegeben.
Faden (in älterer Form Fadem), ursprünglich so viel, als ein Mann mit
ausgestreckten Armen umfangen kann, ein Längenmaß, das im allgemeinen der für andere Zwecke üblich gewesenen
Klafter (s. d.) oder dem im Bergwesen gebräuchlich gewesenen Lachter (s. d.) entspricht. Früher
war der F. bei den seefahrenden Nationen das Maß zur Bestimmung der Tiefe des Fahrwassers, des Tiefgangs der Schiffe und der Länge
des Tauwerks sowie zur Messung der Entfernungen auf See und an den Küsten (s. Cable). Der englische F.
(Fathom), der verbreitetste von allen und auch als Bergwerksmaß
geltend, mißt 1,8288 m, der seit 1870 nicht mehr erlaubte niederländische F.
(Vadem, Vaam) von 6 alten Amsterdamer Fuß ist =
1,6988, der französische (die Brasse) von 5 alten Pariser Fuß =
1,6242, der spanische (die Braza, der
Estado oder die Toesa) von 2 span.
Varas oder 6 Fuß = 1,6718, der portugiesische
(die Braça) von 2 portug. Varas oder 6 Fuß –2,2, der dänische
(Favn) von 6 Fuß = 1,8831 (dem frühern preußischen F. gleich), der
schwedische (Famn) von 6 Fuß = 1,7814 m. Der russische F. (die
Saschén) hat 7 russ. oder engl. Fuß = 2,1336 m. Der frühere
preußische F. von 6 Fuß war = 1,8831 m. An mehrern deutschen Orten war vor der Einführung des jetzigen
metrischen Systems der F. auch ein Brennholzmaß von 6 Fuß Höhe und Breite; in Dänemark ist er
noch jetzt ein solches und (bei 2 Fuß Scheitlänge) = 72 dän. oder frühern preuß. Kubikfuß = 2,2259 cbm
oder Ster; beim «Waldmaß» aber 6 1/2 Fuß hoch und breit und (bei 2 Fuß Scheitlänge) = 84 1/2 Kubikfuß =
2,6124 cbm oder Ster; auch in Schweden war der F. bis 1883 Brennholzmaß, und er hatte seit 1863 dort 8
Fuß Höhe, 6 Fuß Breite und 3 Fuß Scheitlänge, also 144 Kubikfuß = 3,7689 cbm oder Ster Inhalt, während
vorher die Scheitlänge entweder 3 oder 2 1/2 Fuß war. Als Garnmaß ist der F. die Länge eines
↔ Haspelumfangs, also sehr verschieden; eine Anzahl F. bildet ein Gebinde (s. d.).
Faden, in der Heraldik ein Balken
(s. d.), Schrägbalken oder Pfahl (s. d.) von nur halber Breite. Die Stelle des Balkens nimmt der
Querfaden, die des Schrägbalkens der Schrägfaden, die des
Pfahles der Pfahlfaden oder Stab ein; an Stelle des Kreuzes tritt
der Kreuzfaden.
Fadenalgen, Algen, deren Zellen in Fäden vereinigt sind; sie gehören verschiedenen Gruppen, zumeist aber den
Chlorophyceen (s. d.) an.
Fadengebilde, die aus biegsamen fadenförmigen Elementen zusammengefügten Kunstprodukte. Der Umfang
des mit diesem Wort bezeichneten Begriffs ist so groß, daß es schwer ist, eine irgendwie erschöpfende Übersicht zu geben; in den für
allerhand Absichten hergestellten Verbindungen biegsamer Fäden spiegelt sich die Beweglichkeit und kombinatorische Kraft des
menschlichen Geistes wie die Geschicklichkeit der menschlichen Hand wieder. Während bei den fadenförmig-biegsamen Körpern, die als
Rohmaterial vorausgesetzt werden, die Länge überwiegt, kann bei den F. sowohl das gleiche Verhältnis vorliegen
(Schnüre, Litzen, Seile,
Taue), als auch ein Zurücktreten nur einer Dimension (Geflechte,
Gewebe, Netze, Spitzen),
als auch eine gleichmäßige Ausdehnung nach allen drei Dimensionen vorliegen (Fadenbällchen,
Troddeln, Quasten). Von den so zu bildenden drei Hauptarten
der F. sind die nach zwei Dimensionen stark ausgedehnten (flächenartigen) von der größten Bedeutung und Mannigfaltigkeit; sie sind dem
Menschen als unmittelbare und mittelbare Schutzhüllen gegen Kälte und Unwetter unentbehrlich geworden und haben durch ihre
künstlerischen Formen eine große ästhetische Bedeutung. Insoweit die Herstellung der F. von Hand unter Anwendung der einfachsten
Werkzeuge (Stricknadel, Häkelnadel, Nähnadel) erfolgt, wird hier auf die reiche Fachlitteratur für weibliche Handarbeiten (z. B. auf das Buch
von Thérèse de Dillmont, «Encyklopädie der weiblichen Handarbeiten», Dornach 1887) zu verweisen sein. Diejenigen industriell wichtigern
F., deren Herstellung auf Maschinen erfolgt, betrachtet man behufs Einteilung in erster Linie so, daß ausschließlich der Zweck des
gleichmäßigen Zusammenhalts der vereinigten fadenförmigen Elemente ins Auge gefaßt wird, daher ein figurenfreies gleichmäßiges
Aussehen der Oberflächen sich ergiebt. Auch wenn man sich hier nur auf die sog. Tegumente, die zur
Umhüllung geeigneten F. beschränkt, ergiebt sich nach der besondern Art der Fadenverbindung schon eine ziemliche Mannigfaltigkeit.
Die dauernde Vereinigung vieler Fäden kann erfolgen
-
a. durch Zusammenkleben,
-
b. durch Verschränken,
-
c. durch Verzwirnen,
-
d. durch Verschlingen,
-
e. durch Verknoten;
dabei können zur Vereinigung gelangen:
-
α. ein Fadenbündel oder eine Fadenreihe,
-
β. eine Fadenfolge,
-
γ. eine Fadenreihe nebst einer Fadenfolge,
-
δ. zwei Fadenreihen mit einer Fadenfolge,
-
ε. eine Fadenreihe mit zwei Fadenfolgen.
Von den hiernach möglichen 25 Arten ungemusterter F. sind jedoch zur Zeit nur 11 von praktischer Bedeutung.
Das Zusammenkleben, die Verwendung einer beim Trocknen erhärtenden Schlichte, liegt vor bei dem sog.
Bastband (s. d.), das Verzwirnen bei
Anmerkung: Fortgesetzt auf Seite 516.